„Freisinnige Volkspartei“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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[[Datei:Eugen Richter.jpg|miniaturmini|[[Eugen Richter]], bis zu seinem Tod der unumstrittene Parteiführer]]

Die '''Freisinnige Volkspartei''' ('''FVp''') war eine [[Liberalismus|liberale]] [[Politische Partei|Partei]] während des [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreichs]], die 1893 aus einer Aufspaltung der [[Deutsche Freisinnige Partei|Deutschen Freisinnigen Partei]] hervorgegangen war und 1910 in der [[Fortschrittliche Volkspartei|Fortschrittlichen Volkspartei]] aufgegangen ist. Sie knüpfte an die Tradition der [[Deutsche Fortschrittspartei|Deutschen Fortschrittspartei]] an.

Die von [[Eugen Richter]] dominierte Partei war regierungskritisch und damit [[Linksliberalismus|linksliberal]], gleichzeitig aber [[Wirtschaftsliberalismus|wirtschaftsliberal]].

== Entstehung ==

Die von Beginn an vorhandenen Spannungen innerhalb der Deutschen Freisinnigen Partei zwischen dem linken Flügel[[Parteiflügel]] der ehemaligen [[Deutsche Fortschrittspartei|Fortschrittler]] und dem rechten Flügel der früheren [[Liberale Vereinigung|Sezessionisten]] traten am 6. Mai 1893 an die Oberfläche, als im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]] [[Georg von Siemens]] und fünf weitere Mitglieder der deutsch-freisinnigen [[Fraktion (Politik)|Fraktion]] im Gegensatz zur Fraktionsmehrheit für eine [[Leo von Caprivi#Streit um die Militärvorlage|Heeresvorlage]] des [[Reichskanzler (Deutsches Kaiserreich)|Reichskanzlers]] [[Leo von Caprivi]] stimmten. Unmittelbar nach dem Abstimmungseklat forderte der Fraktionsführer [[Eugen Richter]], die sechs Abweichler aus der Fraktion auszuschließen. Der Antrag stieß zwar auf heftigen Widerspruch, er wurde jedoch letztlich mit 27:22-Stimmen angenommen. Allerdings waren die Fronten inzwischen so stark verhärtet, dass wenige Tage später weitere ehemalige Sezessionisten wie [[Ludwig Bamberger]], [[Theodor Barth (Politiker)|Theodor Barth]], [[Heinrich Rickert (Politiker)|Heinrich Rickert]] oder [[Karl Schrader (JuristPolitiker, 1834)|Karl Schrader]] sowie eine Gruppe alter Fortschrittler um [[Albert Hänel]] ihren Parteiaustritt erklärten und sich mit den Abtrünnigen zur [[Freisinnige Vereinigung|Freisinnigen Vereinigung]] formierten. Der verbliebene linke Parteiflügel um Richter konstituierte sich indes als ''Freisinnige Volkspartei''. Sie bildete fortan die größere der beiden freisinnigen Parteien, ihr schlossen sich die meisten [[Ortsverein]]e an.

== Struktur ==

Ihre maßgebliche Persönlichkeit war [[Eugen Richter]], der 1893 bis 1906 ihr Parteivorsitzender war. Offiziell existierte zwar [[innerparteiliche Demokratie]], aber in der Praxis war Richters Meinung sowohl inhaltlich als auch in Personalfragen maßgebend. Die Parteitage und der Parteivorstand (Parteiausschuss genannt) hatten kaum eigenen Einfluss.

Im Jahr 1895/96 gehörten der Partei 379 örtliche Organisationen an. Schwerpunkte waren [[Königreich Sachsen|Sachsen]], [[Preußen]] (insbesondere in [[Berlin]], [[Schlesien]] und [[Ostpreußen]]) und die nord- und mitteldeutschen Klein- und Stadtstaaten. Die Partei konnte zwar ihre aus der Vorgängerorganisation übernommene Anhängerschaft weitgehend behaupten. Es gelang ihr aber kaum, darüber hinaus neue Schichten der Gesellschaft zu erreichen. Wähler und Mitglieder kamen vorwiegend aus kleinbürgerlichen[[kleinbürger]]lichen und [[Mittelstand|mittelständischen]] Kreisen aus Kaufmannschaft und Gewerbe. Hinzu kamen einige liberale Großbauern und [[Gutsbesitzer]] sowie Mitglieder des Bildungsbürgertums[[Bildungsbürgertum]]s.

Eine Zusammenarbeit gab es mit der [[Deutsche Volkspartei (Deutsches Kaiserreich)|Deutschen Volkspartei]], mit dieser hat die Freisinnige Volkspartei erstmals 1893 einen gemeinsamen Wahlaufruf veröffentlicht. Die Parteien kamen dabei auf 24 Mandate. (1898 waren es 29, 1903 21 und 1907 28).

== Programmatik ==

[[Datei:Rudolf Braesicke Wahlwerbung 1898.jpg|mini|„Hoch der Freisinn – Nieder mit der Reaktion“. Postkarte mit dem Reichstagsabgeordneten [[Rudolf Braesicke]] (1898)]]

Im Jahr 1894 gab sich die Freisinnige Volkspartei ein [[Parteiprogramm]]. Darin forderte sie unter anderem die Einführung des recht demokratischen ReichstagswahlrechtesReichstags[[wahlrecht]]es auch in den Einzelstaaten. Sie strebte die [[Parlamentarismus|Parlamentarisierung]] des Reiches an. Außerdem forderte sie [[Abgeordnetenentschädigung|Diäten]] für Abgeordnete und eine gerechtere Einteilung der Wahlkreise[[Wahlkreis]]e. Nicht zuletzt wurde eine jährliche Verabschiedung des Heeresetats angestrebt. Höhere Heeresausgaben wurden konsequent abgelehnt. Ähnlich kritisch stand die Partei zunächst der [[Kolonialpolitik]] und dem [[Flottenbauprogramm|Flottenbau]] gegenüber. In wirtschaftspolitischer Hinsicht sollten Eingriffe des Staates begrenzt werden. Dagegen wollte die Partei Gewerkschaften gesetzlich anerkennen und forderte die Förderung von Selbsthilfeeinrichtungen sowie eine Abschaffung der Privilegien des Großgrundbesitzes.

In [[Wirtschaftspolitik|wirtschaftspolitischer]] Hinsicht sollten Eingriffe des Staates begrenzt werden. Dagegen wollte die Partei [[Gewerkschaft]]en gesetzlich anerkennen und forderte die Förderung von Selbsthilfeeinrichtungen sowie eine Abschaffung der Privilegien des [[Großgrundbesitzer|Großgrundbesitzes]]. Richter stand für eine liberale Politik des [[Freihandel]]s (siehe [[Manchesterliberalismus]]).

Eine Umsetzung dieses Programms war ohne Zusammenarbeit mit anderen Kräften wie der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] oder dem linken Flügel des [[Zentrumspartei|Zentrums]] nicht möglich. Einen solchen Kurs lehnte Richter indes ab. Dem stand auch der doktrinäre [[Manchesterliberalismus]] Richters entgegen. Auch andere Positionen haben eine mögliche Zusammenarbeit zusätzlich erschwert.

Eine Umsetzung dieses Programms war ohne Zusammenarbeit mit anderen Kräften wie der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] oder dem linken Flügel des [[Zentrumspartei|Zentrums]] nicht möglich. Einen solchen Kurs lehnte Richter indes ab. Dem stand auch der doktrinäre [[Manchesterliberalismus]] Richters entgegen. Auch andere Positionen haben eine mögliche Zusammenarbeit zusätzlich erschwert.

== Nach der Ära Richter ==

Nachfolger Richters wurde 1906 [[Hermann Müller-Sagan]]. Aber dieser blieb recht schwach. Stattdessen war [[Otto Fischbeck (Politiker)|Otto Fischbeck]] der starke Mann, der schließlich auch Vorsitzender wurde. Die Parteigremien hatten nach Richters Tod mehr Einfluss. Es kam inhaltlich zu einer Wende. Die Partei stimmte der Flottenvorlage der Regierung und auch der Kolonialpolitik zu. Sie wurde zudem Teil des [[Bülow-Block]]s.

Der Zentralausschuss hielt an Richters Kurs in der Frage politischer Zusammenarbeit mit anderen Parteien unbeirrt fest. Dagegen verlangte zunächst eine Minderheit eine Vereinigung mit der [[Freisinnige Vereinigung|Freisinnigen Vereinigung]]. Dem schlossen sich schließlich auch die Mehrheit der Reichstagsfraktion und immer mehr Lokalvereine an.

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Eine erste Zusammenarbeit kam bei der [[Reichstagswahl 1907|Reichstagswahl von 1907]] zustande. Am 6. März 1910 verbanden sich die linksliberalen Parteien Freisinnige Volkspartei, Freisinnige Vereinigung und [[Deutsche Volkspartei (Deutsches Kaiserreich)|Deutsche Volkspartei]] (DtVP) in [[Berlin]] zur [[Fortschrittliche Volkspartei|Fortschrittlichen Volkspartei]].

== BedeutendeBekannte Mitglieder ==

{{Mehrspaltige Liste|anzahl=3|

* Otto Fischbeck

* [[Otto Fischbeck (Politiker)|Otto Fischbeck]]

* [[Carl Ludwig Funck]]

* [[Carl Ludwig Funck (Politiker, 1852)|Carl Ludwig Funck]]

* [[Hugo Hermes]]

* [[Julius Kopsch (Politiker)|Julius Kopsch]]

* [[Paul Langerhans (Politiker)|Paul Langerhans]]

* [[Maria Lischnewska]]

* [[Ernst Müller-Meiningen]]

* [[Hermann Müller-Sagan]]

* [[Ludolf Parisius]]

* [[Eugen Richter]]

* [[Reinhart Schmidt (ElberfeldPolitiker)|Reinhart Schmidt-Elberfeld]]

* [[Fritz Schneider (DFPPolitiker, 1838)|Fritz Schneider]]

* [[Paul Sommer (Politiker)|Paul Sommer]]

* [[Gustav Stresemann]]<ref>{{Literatur |Autor=J.R.C. Wright |Titel=Book Reviews: Gustav Stresemann: Der kaisertreue Demokrat Eine Biographie. By Kurt Koszyk. |Sammelwerk=German History |Band=9 |Nummer=1 |Datum=1991-02-01 |ISSN=0266-3554 |Seiten=103 f. |DOI=10.1177/026635549100900121}}</ref>

* [[Otto Wiemer]]

}}

== Literatur ==

* [[Ludwig Elm]]: ''Freisinnige Volkspartei (FVp). 1893–1910.'' In: [[Dieter Fricke (Historiker)|Dieter Fricke]] u. a. (Hrsg.): ''Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789–1945).'' Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1984, {{DNB|850162971}}, S. 694–707.

* [[Rainer Koch (Historiker)|Rainer Koch]]: ''Freisinnige Volkspartei (FVP).'' In: Frank Wende (Hrsg.): ''Lexikon zur Geschichte der Parteien in Europa.'' Kröner, Stuttgart 1981, ISBN 3-520-81001-8, S. 106–108.

* [[Walter Tormin]]: ''Geschichte der deutschen Parteien seit 1848.'' Kohlhammer, Stuttgart 1966, {{DNB|458434698}}, S. 111–113.

* [[Wolfgang Schmierer]]: ''Freisinnige Volkspartei.'' In: [[Gerhard Taddey]] (Hrsg.): ''[[Lexikon der deutschen Geschichte|Lexikon der deutschen Geschichte]]. EreignissePersonen, InstitutionenEreignisse, PersonenInstitutionen. Von dender AnfängenZeitwende bis zurzum KapitulationAusgang 1945]]des 2. Weltkrieges.'' 2., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 1983, ISBN 3-520-80002-0, S. 385.

== Weblinks ==

{{Wikisource|Der Linksliberalismus|''Der Linksliberalismus.'' In: ''Handbuch der Politik'' (1914)}}

* Johannes Leicht: ''[httphttps://www.dhm.de/lemo/htmlkapitel/kaiserreich/innenpolitik/freisinnigevp/index.html Freisinnige Volkspartei 1893–1910].'' In: ''[[Lebendiges virtuelles Museum Online [[LeMO]] des Deutschen Historischen Museums.''

* [https://dfg-viewer.de/show/?set%5Bimage%5D=11&set%5Bzoom%5D=default&set%5Bdebug%5D=0&set%5Bdouble%5D=0&set%5Bmets%5D=http%3A%2F%2Fcontent.staatsbibliothek-berlin.de%2Fzefys%2FSNP27112366-19020927-1-0-0-0.xml Bericht über den V. Parteitag der Freisinnigen Volkspartei, 1902]. In: [[Vossische Zeitung]], 27. September 1902.

* [https://dfg-viewer.de/show/?set%5Bimage%5D=16&set%5Bzoom%5D=default&set%5Bdebug%5D=0&set%5Bdouble%5D=0&set%5Bmets%5D=http%3A%2F%2Fcontent.staatsbibliothek-berlin.de%2Fzefys%2FSNP27112366-19020928-0-0-0-0.xml Geschäftsbericht der Freisinnigen Volkspartei für die Jahre 1900 bis 1902]. In: [[Vossische Zeitung]], 28. September 1902.

== Einzelnachweise ==

<references />

{{Normdaten|TYP=k|GND=121838-4|VIAF=37145858108223022770}}

[[Kategorie:Partei (Deutsches Kaiserreich)]]

[[Kategorie:Historische liberale Partei]]

[[Kategorie:Gegründet 1893]]

[[Kategorie:Aufgelöst 1910]]