„Kosten der Unterkunft“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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Ein [[Mietspiegel]], sowohl ein einfacher als auch ein qualifizierter, kann unter bestimmten Umständen die Basis bilden. Allerdings darf der Mietspiegel nicht auf bestimmte Bauklassen beschränkt sein. Außerdem ist eine schlichte Berechnung des [[Arithmetischer Mittelwert|arithmetischen Mittelwerts]] aus den Daten des Mietspiegels keine zulässige Methode, um die angemessene Miete zu bestimmen. Selbiges gilt, wenn der Mietspiegel Wohnungen ohne Zentralheizung oder ohne Dusche enthält, denn diese sind auch für einen ALG-II-Empfänger unzumutbar. Weder dürfen diese auf solche Wohnungen verwiesen werden noch dürfen sie in die Berechnung der zumutbaren Miete einfließen.<ref>Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Oktober 2010, Az. B 14 AS 2/10 R.</ref>

Existiert kein [[schlüssiges Konzept]], wird hilfsweise zur Bestimmung der angemessenen Kosten die [[Wohngeld]]tabelle, zuzüglich eines Aufschlags von zehn Prozent, herangezogen. Zeitweise war strittig, ob dies auch nach der Wohngeldnovelle 2009 und den damit verbundenen Erhöhungen der Tabellenwerte galt, hier entschied jedoch inzwischen das Bundessozialgericht, dass auch auf die neuen Werte ein Aufschlag hinzuzufügen ist.<ref>Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az. B 4 AS 87/12 R.</ref> Dies entbindet den Grundsicherungsträger jedoch nicht von der [[Amtsermittlungspflicht]] und damit der Pflicht zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts. Kritisiert wird, dass die Ämter häufig auf fragwürdige Unternehmen zurückgreifen.<ref>{{Internetquelle |autor=Ulrich Wockelmann |url=https://www.lokalkompass.de/essen-sued/c-politik/analyse-und-konzepte-tricksereien-und-irrefuehrungen-schaden-tausenden-von-leistungsberechtigten_a927885 |titel=Analyse & Konzepte – Tricksereien und Irreführungen schaden Tausenden von Leistungsberechtigten |werk= [https://www.lokalkompass.de/ www.lokalkompass.de] |hrsg=WVW Westdeutsche Verlags- und Werbegesellschaft mbH |datum=2018-06-30 |abruf=2019-06-20}}</ref> Der Grundsicherungsträger muss darlegen, wieso ein schlüssiges Konzept nicht erstellt werden kann, etwa aufgrund fehlender Daten für die Vergangenheit, weswegen keine Berechnung möglich ist.<ref>Bundessozialgericht, Urteil vom 22. März 2012, Az. B 4 AS 16/11 R.</ref> Ebenso hat der Grundsicherungsträger bei einem Gerichtsprozess im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach {{§|103|sgg|juris}} [[Sozialgerichtsgesetz|SGG]] die notwendigen Datenerhebungen nachzuholen, wobei er dazu auch anderweitige hinreichend konkrete Datenquellen wie Nachforschungen bei örtlichen Wohnungsbaugesellschaften oder Daten der Wohngeldbehörde nutzen kann.<ref>Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Juli 2009, Az. B 14 AS 33/08 R.</ref> Das Gericht kann die Kosten für eigene Ermittlungen nach {{§|192|sgg|juris}} Abs. 4 SGG dem Grundsicherungsträger auferlegen.

Zu berücksichtigen ist weiter, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am konkreten Wohnort der Leistungsberechtigte tatsächlich auch die Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können.<ref>Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Februar 2008, Az. B 14/7b AS 70/06 R, Rn. 17.</ref> Die Beweispflicht hierfür liegt zunächst beim Leistungsbezieher. Dieser muss nachweisen, dass er sich intensiv und mit allen ihm zumutbar erreichbaren Hilfen und Hilfsmitteln bemüht hat, eine angemessene Wohnung auf dem Wohnungsmarkt zu finden. Als zumutbar gelten das Setzen auf die Warteliste von Wohnungsbaugesellschaften und die Bewerbung auf angemessene Wohnungen, sofern verfügbar.<ref>Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 13. Dezember 2006, Az. L 5 B 1010/06 AS ER, Rn. 12.</ref> Eine reine Vorlage von Zeitungsannoncen reicht nicht aus.<ref>Hessisches Landessozialgericht, 28. März 2006, Az. L 7 AS 122/05 ER, Rn. 37.</ref> Sind diese Voraussetzungen erfüllt, muss der Grundsicherungsträger auch unangemessen hohe Kosten übernehmen, sofern er kein konkretes angemessenes Wohnungsangebot dem Leistungsbezieher vorlegen kann.<ref>Bundessozialgericht, Urteil vom 19. März 2008, Az. B 11b AS 41/06 R, Rn. 23.</ref> Basiert das schlüssige Konzept auf einem qualifizierten Mietspiegel und ist dessen Durchschnittswert angewandt worden oder macht der Mietspiegel Aussagen über die Häufigkeit von Wohnungen mit angemessenem Quadratmeterpreis, ist in der Regel davon auszugehen, dass es auch tatsächlich angemessene Wohnungen in ausreichendem Maße gibt.<ref>Bundessozialgericht, Urteil vom 13. April 2011, Az. B 14 AS 106/10 R, Rn. 30.</ref>