Lutz Heilmann


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ehemaliger deutscher Politiker, MdB, hauptamtlicher Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit

Lutz Eberhard Heilmann (* 7. September 1966 in Zittau) ist ein deutscher Politiker der Linken. Heilmann ist der erste ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, der in den Deutschen Bundestag gewählt wurde.[1]

Leben und Beruf

Von 1973 bis 1983 besuchte Heilmann die allgemeinbildende Oberschule Oberseifersdorf/Wittgendorf und wechselte 1983 auf die EOS Zittau, an der er 1985 das Abitur ablegte.[2] Ab Oktober des selben Jahres leistete Heilmann einen freiwillig verlängerten Wehrdienst beim Ministerium für Staatssicherheit ab. Anschließend wurde er hauptamtlicher Mitarbeiter des MfS, Abteilung Personenschutz.[3] Mit der Auflösung des Ministeriums schied Heilmann im Januar 1990 aus dem Dienst aus. Er sagte später, er hätte bereits im Oktober 1989 ein Entlassungsgesuch eingereicht.[4]

Das 1991 an der Technischen Hochschule Zittau begonnene Studium der Betriebswirtschaftslehre brach Heilmann ab und wechselte das Studienfach. Ab 1992 studierte er an der FU Berlin und ab 1997 an der Kieler Christian-Albrechts-Universität Rechtswissenschaften. Er beendete sein Studium 2004 nach der Ersten juristischen Prüfung als Diplom-Jurist. Das 2005 am Amtsgericht Lübeck begonnene Rechtsreferendariat unterbrach er, nachdem er über die Landesliste in den Bundestag gewählt worden war.

Seit etwa 2006 lebt Heilmann offen schwul. Er war 2008 Mitbegründer der Landesarbeitsgemeinschaft queer, einer Gruppe für Schwule, Lesben und transidentische Personen innerhalb der Linken in Schleswig-Holstein und engagierte sich auf Christopher-Street-Day-Veranstaltungen in verschiedenen Städten.[5]

Am 13. November 2008 erreichte Lutz Heilmann durch eine Einstweilige Verfügung des Landgerichts Lübeck, dass die automatische Weiterleitung von wikipedia.de auf die weiterhin erreichbare Internet-Adresse de.wikipedia.org aufgrund von dort zeitweise aufgestellten Tatsachenbehauptungen abgeschaltet werden musste.[6] Heilmann begründete diesen Schritt damit, dass Wikimedia Deutschland ihm keine Gegendarstellung gegen diese Behauptungen ermöglicht habe. Nachdem die seiner Auffassung nach seine Persönlichkeitsrechte verletzenden Darstellungen weitgehend entfernt worden waren, erklärte Heilmann die juristische Auseinandersetzung für beendet[7][8][9] und sagte, er hätte „zu kurz gedacht und die Folgen nicht überschaut“[10]. Diese Aktion brachte ihm von seinen Parteikollegen heftige Kritik ein.[11]

Politisches Wirken

Heilmann wurde 1986 Mitglied der SED. Dort wurde er 1991 Kreisgeschäftsstellenleiter des Kreisverbandes Zittau (Sachsen) der zwischenzeitlich (1989) in PDS umbenannten Partei.[2] Nachdem er 1992 die Partei verlassen hatte, wurde er 2000 erneut PDS-Mitglied.[2] Von 2000 bis 2002 gehörte er dem Vorstand des PDS-Kreisverbandes Nordwestmecklenburg an.[2] 2004 baute Heilmann in Mecklenburg-Vorpommern eine Solid-Gruppe auf.[12]

Seit 2005 ist Lutz Heilmann Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist als einziger Kandidat der Linken, in der die PDS 2007 nach einer Fusion mit der WASG aufging, über die Landesliste Schleswig-Holstein in den Bundestag gewählt worden.

Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit

Heilmann verlängerte seinen Wehrdienst freiwillig von 18 Monaten auf drei Jahre. Die Zeit leistete er beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ab. Anschließend wurde er hauptamtlicher Mitarbeiter der Hauptabteilung Personenschutz.[13] Im Zuge der Auflösung des MfS schied Heilmann im Januar 1990 aus dem Dienst aus. Im Oktober 2005 enthüllte Der Spiegel die von Heilmann bislang verschwiegene Stasi-Vergangenheit.[1][4] Heilmann gibt bis heute öffentlich an, von 1985 bis 1990 einen „verlängerten Wehrdienst (Personenschutz MfS)“ geleistet zu haben.[2] Hubertus Knabe, Direktor der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen hält das für eine Verharmlosung; die Mitarbeiter der Hauptabteilung Personenschutz, seien nicht nur „einfache Türsteher“ gewesen, sie hätten eine „hochprofessionelle, bewaffnete Bewachung“ der zentralen Staatsorgane gebildet und für Opfer des DDR-Regimes sei es „eine unerträgliche Vorstellung, dass ein Mann mit dieser Vergangenheit im Parlament sitzt“.[14]

Vor der Wahl hatte Heilmann den Mitgliedern des Landesverbandes seine Tätigkeit beim MfS verschwiegen. Dies stellte einen Verstoß gegen innerparteiliche Richtlinien dar. Auf dem Landesparteitag am 4. Dezember 2005 stimmten die Mitglieder des Landesverbandes Schleswig-Holstein über einen Misstrauensantrag gegen Heilmann ab. Das Ergebnis war 47 Stimmen für Heilmann zu 42 gegen ihn.[14] Heilmann ist seitdem innerhalb der Linken in Schleswig-Holstein umstritten.[15][16][17]

Einzelnachweise

  1. a b Linkspartei-Mann arbeitete für die Stasi. In: Spiegel Online. 8. Oktober 2005, abgerufen am 17. November 2008.
  2. a b c d e Biographie MdB Lutz Heilmann. In: Deutscher Bundestag, Abgeordnete 16. Wahlperiode. Abgerufen am 20. November 2008.
  3. Biographie von Lutz Heilmann. In: Webauftritt der Bundestagsfraktion der Linken. Abgerufen am 21. November 2008.
  4. a b Spiegel: Lübecker Bundestagsabgeordneter war bei der Stasi. In: HL-live. 8. Oktober 2005, abgerufen am 18. November 2008.
  5. LAG Queer SH beim CSD in Kiel. In: Klar - Informationsblatt des MdB Lutz Heilmann, Ausgabe 9. 5. August 2008, abgerufen am 18. November 2008.
  6. Politiker will nicht mehr auf Wikipedia-Sperrung bestehen. In: Tagesschau.de. 16. November 2008, abgerufen am 21. November 2008.
  7. Keine weiteren juristischen Schritte gegen Wikipedia. In: Pressemitteilung Die Linke. 16. November 2008, abgerufen am 17. November 2008.
  8. Wikipedia wieder ohne Einschränkung. In: Lutz Heilmann, eigener Webauftritt. 18. November 2008, abgerufen am 21. November 2008.
  9. Wikipedia-Sperrung: Lutz Heilmann und der „Streisand-Effekt“. In: Focus. 17. November 2008, abgerufen am 18. November 2008.
  10. Felix Rettberg: Schuld und Sühne. In: Die Tageszeitung. 17. November 2008, abgerufen am 20. November 2008.
  11. Wikipedia-Attacke - Heilmanns Eigentor mit Folgen. In: Welt online. 17. November 2008, abgerufen am 21. November 2008.
  12. ['solid] startet durch. In: Klar - Informationsblatt des MdB Lutz Heilmann, Ausgabe 5. 17. Juni 2007, abgerufen am 18. November 2008.
  13. Sven Felix Kellerhoff: Wikipedia, die Stasi und der Linken-Politiker. 16. November 2008, abgerufen am 18. November 2008.
  14. a b Björn Hengst und Gunther Latsch: Ein Stasi-Mann spaltet die Linkspartei. In: Spiegel Online. 4. Dezember 2005, abgerufen am 15. November 2008.
  15. Tiefer Riss geht durch den Landesverband. In: www.LN-online.de. 20. September 2008, abgerufen am 15. November 2008.
  16. Esther Greisslinger: Linken-Politiker legt Wikipedia lahm. In: taz.de. 17. November 2008, abgerufen am 19. November 2008.
  17. Esther Greisslinger: Linke zanken vor Vorstandswahl. In: Die Tageszeitung. 20. September 2008, abgerufen am 20. November 2008.
Personendaten
NAME Heilmann, Lutz
ALTERNATIVNAMEN Heilmann, Lutz Eberhard
KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker (Die Linke)
GEBURTSDATUM 7. September 1966
GEBURTSORT Zittau