„Mohammed Amin al-Husseini“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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Im August 1937 erschien in [[Kairo]] das Pamphlet ''Islam und Judentum'', laut Vorwort verfasst von einem „angesehenen Araber“, wahrscheinlich al-Husseini. Es behauptete eine ewige, kollektive Feindschaft des globalen Judentums gegen den Islam und den Propheten [[Mohammed]], die auch nach einem Sieg über Palästinas Juden fortbestehen werde. Als Belege für den angeblich erzbösen Charakter aller Juden führte es Episoden des Koran und des Lebens Mohammeds in [[Medina]] an und folgerte, Mohammeds Krieg gegen die Juden müsse aktuell fortgesetzt werden.<ref name="MK63-66">Matthias Küntzel: ''Nazis und der Nahe Osten'', Leipzig 2019, S. 63–66</ref> Ebenfalls 1937 rief der Mufti die Muslime auf, nicht zu ruhen, bis ihre Gebiete frei von Juden seien. Diese nannte er „Mikroben“ und „Abschaum aller Länder“.<ref>Wolfgang G. Schwanitz: ''al-Husaini, Muhammad Amin.'' In: [[Wolfgang Benz]] (Hrsg.): ''[[Handbuch des Antisemitismus]] Band 2: Personen.'' Berlin 2009, [https://books.google.de/books?id=Q9DXouKcmZAC&pg=PA9 S. 9f.]</ref>

Die konstruierte direkte Linie von zeitbedingten Konflikten Mohammeds mit Juden zum aktuellen Kampf gegen die Juden Palästinas formulierte einen Kerngedanken des islamistischen Antisemitismus, den [[Sayyid Qutb]] in seiner Schrift „Unser Kampf mit den Juden“ 1950 aufgriff. Damit lud der Mufti den Palästinakonflikt erneut religiös auf, um den Teilungsvorschlag der Peel-Kommission zu torpedieren.<ref name="MK63-66" /> Sein Pamphlet zitierte auch jenes [[Hadith]] vom [[al-Gharqad]]-Baum vollständig,dass das Endedie kommende [[Auferstehung]] der ZeitenMuslime von einem vorherigen Massaker an allen Juden abhängig macht. Dieses Hadith wertete der [[Politikwissenschaftler]] und ehemaliger Leiter des Militärgeheimdienstes [[AmanAntisemitismusforschung|Antisemitismusforscher]], [[Yehoshafat Harkabi]], als religiösen Aufruf zu einer „[[Eschatologie|eschatologischen]] [[Endlösung der Judenfrage|Endlösung]]“. Islamische Schriften hatten es zuvor kaum erwähnt; al-Husseinis Pamphlet machte es bekannt. Dem folgte 1988 die [[Hamas-Charta]].<ref>Matthias Küntzel: ''Nazis und der Nahe Osten'', Leipzig 2019, S. 73f.</ref>

Auf der vom Mufti organisierten Konferenz im syrischen Bludan (8. bis 10. September 1937) erhielt jeder Teilnehmer das gleichartige Pamphlet ''Die Juden und der Islam'', das die Juden ebenso als ewige Feinde Mohammeds und der Muslime und als Diener [[Satan]]s verteufelte.<ref>Matthias Küntzel: ''Nazis und der Nahe Osten'', Leipzig 2019, S. 67 f.</ref> Im Ergebnis stimmten rund 500 Delegierte arabischer Staaten und Palästinas gegen den Teilungsplan der Peel-Kommission. Am 26. September 1937 ermordeten arabische Nationalisten Lewis Andrews, den britischen Distriktsbeauftragten für [[Galiläa]]. Daraufhin lösten die Briten das AHC auf und setzten al-Husseini vom SMC-Vorsitz ab, wagten aber nicht, ihn festzunehmen. Am 13. Oktober 1937 gelang ihm die Flucht in den [[Libanon]]. Dies stärkte sein Ansehen unter den Arabern in Palästina. Als deren fortan unangefochtener Anführer verstärkte er mit dem neu gegründeten „Zentralkomitee des Dschihad“ in Damaskus den Arabischen Aufstand.<ref>Zvi Elpeleg: ''The Grand Mufti'', London 1993, [https://books.google.de/books?id=z5wrBgAAQBAJ&pg=PA41 S. 46–50]</ref> Damit begann dessen zweite, opferreiche Phase.<ref>Michael J. Cohen: ''Palestine and the Great Powers, 1945-1948.'' Princeton University Press, Princeton 2016, ISBN 0-691-63877-2, [https://books.google.de/books?id=TKv_AwAAQBAJ&pg=PT20 S. 20]</ref>

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Ab 1937 hatte der Mufti das NS-Regime gedrängt, einen arabischsprachigen Radiosender einzurichten. Ab April 1939 strahlte der Sender Zeesen mehrsprachige [[Rundfunkpropaganda im Zweiten Weltkrieg|Rundfunkpropaganda]] für die „Orient-Zone“ aus. Er kontrollierte drei arabischsprachige Nazi-Sender in Berlin, [[Athen]] und [[Bari]] sowie drei arabischsprachige Geheimsender in Ägypten, Griechenland und Italien. Ihre Programme erstellten Stäbe im [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda|Reichspropagandaministerium]], Auswärtigen Amt und OKW gemeinsam. Sie propagierten nach genauen Vorgaben täglich einen radikalen, mit dem Islam kombinierten Rasse-Antisemitismus für die Muslime weltweit, um die Judenvernichtung im gesamten arabisch-muslimischen Raum vorzubereiten. Seit der Ankunft des Mufti in Berlin wurde diese Propaganda verschärft.<ref>Matthias Küntzel: ''Nazis und der Nahe Osten'', Leipzig 2019, S. 78–88</ref>

Dieser erhielt dafür monatlich 75.000,<ref>Klaus Michael Mallmann, Martin Cüppers: ''Halbmond und Hakenkreuz.'' Darmstadt 2011, S. 108</ref> ab 1943 bis zum Kriegsende laut Zeugenaussagen monatlich 90.000 [[Reichsmark]] vom deutschen Staat.<ref>Robert M. W. Kempner: ''Das Dritte Reich im Kreuzverhör. Aus den unveröffentlichten Vernehmungsprotokollen des Anklägers in den [[Nürnberger Prozesse|Nürnberger Prozessen]]n. Mit einer Einführung von [[Horst Möller]].'' Herbig, München 2005, ISBN 3-7766-2441-8, S. 305f.</ref> Das RSHA und Auswärtige Amt gaben ihm Hans-Joachim Weise und [[Werner Otto von Hentig]] als Personenschützer und Reisebegleiter.<ref>Bettina Stangneth: ''Eichmann vor Jerusalem: Das unbehelligte Leben eines Massenmörders.'' Rowohlt, Reinbek 2014, ISBN 3-499-62269-6, [https://books.google.de/books?id=y7ylDwAAQBAJ&pg=PT65 S. 65]</ref> Auf Befehl Hitlers bekam er ein [[Arisierung|„arisiertes“]] Haus in Berlin als „Residenz“ und einen großen Mitarbeiterstab. Ab Mai 1943 erhielt er wie erbeten eine „größere Judenwohnung“ für sein Büro und residierte fortan in der Goethestraße 27 in [[Berlin-Zehlendorf]].<ref>Tilman Tarach: ''Der ewige Sündenbock.'' Berlin 2016, S. 43</ref> Mehrfach nutzte er die [[Wilmersdorfer Moschee]] für seine Propagandareden.<ref>[[Dietmar Pieper]], Rainer Traub (Hrsg.): ''Der Islam: 1400 Jahre Glaube, Krieg und Kultur.'' 2. Auflage, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2011, ISBN 3-421-04520-8, [https://books.google.de/books?id=f5ADVjt98fIC&pg=PT139 S. 139]</ref> Im Sommer 1944 wurde sein Büro zum Schutz vor Bombenangriffen nach [[Oybin]] verlegt, wo er bis Februar 1945 als persönlicher Gast Hitlers ein stattliches Haus bewohnte.<ref>Jochen Töpfer, Max Friedrich Bergmann: ''Jerusalem – Berlin – Sarajevo.'' Wiesbaden 2019, S. 119</ref>

22 öffentliche Vorträge al-Husseinis in Deutschland sind erhalten, darunter 14 Radioreden. Dabei wahrte die deutsche Kriegspropaganda die Deutungshoheit und gab ihm nur wenige der rund 6000 Stunden Sendezeit in arabischer Sprache. Wegen Bombenangriffen konnte er seine Radiopropaganda wohl nur bis Juli 1943 voll betreiben. Ab November 1943 sind nur noch drei seiner Radioreden dokumentiert.<ref>Jochen Töpfer, Max Friedrich Bergmann: ''Jerusalem – Berlin – Sarajevo.'' Wiesbaden 2019, [https://books.google.de/books?id=qMCKDwAAQBAJ&pg=PA131 S. 131f.]</ref> Doch nutzte er auch die deutschen Auslandssender für Aufrufe an Muslime, Juden zu ermorden. Ferner betrieb er die Bildung von arabischen Legionen und Brigaden, die für NS-Deutschland kämpften. 1942 plante er eine „Deutsch-Arabische Lehrabteilung“, um dort eine Kampfeinheit für die Wehrmacht auszubilden.<ref>David Patterson: ''A Genealogy of Evil.'' Cambridge 2010, [https://books.google.de/books?id=lMLmK-fmf8kC&pg=PA116 S. 116]</ref> Sein [[Spionage]]-Dienst umfasste den ganzen Mittleren Osten und lieferte Informationen aus frontnahen Städten wie [[Mersin]], [[İskenderun|Alexandretta]], [[Adana]], [[Şanlıurfa]] und [[Diyarbakır]] über die Türkei an sein Büro in [[Genf]].<ref>Shelomo Alfassa (Hrsg.): ''Reference Guide to the Nazis and Arabs During the Holocaust.'' New York 2006, [https://books.google.de/books?id=T2g2XA53UOEC&pg=PA19 S. 19]</ref>