„Geschichte der Zahnmedizin“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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* Étienne Bourdet (1722–1789), Recherches et observations sur toutes les parties de l’art du dentiste, 1757

* Antonio Campani (1738–1806), Odontologia ossia trattato sopra i denti opera, 1786

* Félix Pérez Arroyo, (1755–1809), Tratado de las operaciones en la dentadura, 1799

* Louis Laforgue, (?–1816), L’Art du dentiste ou Manuel des opérations, qui se pratiquent sur les dents, Paris 1802

* Jean-Baptiste Gariot (1761–1835), Traité des maladies de la bouche, 1805

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[[Datei:Beautiful teeth.png|mini|100px|links|Zahnveränderungen; 1–3: Afrika;<br /> 4–6: Malaysia]]

Das Fachgebiet der [[Ethno-Zahnmedizin]] beschäftigt sich mit den verschiedenen Prozeduren der Zahnveränderungen. Die ersten zahntechnischen Arbeiten wurden Mitte des ersten Jahrtausends vor der Zeitenwende von Etruskern und Phöniziern (heute Libanon) angefertigt. Die Etrusker (heute Norditalien) konnten Goldkügelchen von 0,1&nbsp;mm Durchmesser herstellen und ohne Lötstellen miteinander verbinden. Ihre Metallurgen besaßen folgende Rezeptur: „Wenn man den Saft von drei Gemüsearten und Holzkohlenstaub mit Goldpartikeln mischt, bilden sich wie von Geisterhand winzige Goldperlen.“ Die Abbildung rechts zeigt menschliche oder tierische Ersatzzähne, die mit einem Metallstift an einem Band aus Gold fixiert und an den übrigen Zähnen befestigt wurden. Sie wussten, dass Gold durch den Speichel nicht angegriffen wurde. Frauen und Männer waren gleichgestellt. Auch Sklaven durften vornehme Kleidung und Goldschmuck tragen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.jokers.at/kultur/kultur-archiv/faszination-gold/die-geschichte-des-goldes/1-jahrtausend-vor-christus.html |text=Geschichte des Goldes |wayback=20150518103607}}, Jokers. Abgerufen am 1. Dezember 2014.</ref> Die Zahnheilkunde lag in den Händen von Ärzten.

Künstliche Deformierungen wurden seit Jahrtausenden vorgenommen – immer in einem rituellen bzw. kulturellen Kontext. In Abhängigkeit von den jeweiligen Völkern unterscheidet man verschiedene Deformationstypen: Es gibt die Spitz-, Lücken-, Flächen- oder Zackenfeilungen der Zähne, Horizontalfeilungen bis hin zum kompletten Absägen der Zahnkrone. Hinzu kommen Furchen-, Zellen- und Relieffeilungen, das Verdrängen von Frontzähnen aus ihrer natürlichen Position, die Schaffung und Vergrößerung von [[Diastema mediale|Diastemata]] bzw. Lücken, das Herausbrechen oder -hebeln einzelner oder mehrerer Zähne mittels Speerspitze oder Steinschlag, die Elongation (scheinbare Verlängerung) mittlerer Frontzähne, der Zahnschmuck und die künstliche Färbung der Zähne.<ref>Roland Garve: ''[https://www.zwp-online.info/archiv/pub/sim/cd/2008/cd0308/cd308_052_060_garve.pdf Ethno-Zahnmedizin] (PDF; 529&nbsp;kB) '', in: Cosmetic dentistry, 3/2008, S. 52–60. Abgerufen am 14. November 2014.</ref>

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Die frühe Geschichte der [[Gnathologie]] beginnt mit den Erkenntnissen von [[Andreas Vesalius|A. Vesalius]] (1514–1564) und geht über [[Francis H. Balkwill]] (1866), [[William Gibson Arlington Bonwill]] (1885), [[Ferdinand von Spee]] (1890), N. G. Bennett (1908), [[George H. Wilson]] (1917), R. L. Hanau (1926), [[Alfred Gysi]] (1929), [[George S. Monson]] (1932), [[Konrad Thielemann]] (1938), und später mit [[Ulf Posselt]] (1952), A. E. Aull (1965), [[Albert Gerber]] (1978), [[Alexander Motsch]] (1978), [[Charles H. Gibbs]] (1982) bis zu C. Riise (1983).<ref name="Anne">Anne End, [ftp://www.image-instruments.de/Rolf/Promotion_End_Anne.pdf Statische und dynamische Okklusionstheorien.] Dissertation, S. 7. Abgerufen am 15. Dezember 2016.</ref>

Später übernahmen [[Arne G. Lauritzen]], [[Peter K. Thomas]], [[Charles E. Stuart (Zahnmediziner)|Charles E. Stuart]] und [[Harry Lundeen]] (1987) die Weiterentwicklung mit zunehmendem Einsatz von [[Gesichtsbogen|Gesichtsbögen]] sowie bei zahnlosen Patienten die Verwendung von [[Stützstiftregistierung|Stützstiftregistraten]].<ref>H. Stemmann, {{Webarchiv |url=http://www.ag-dentale-technologie.de/ADT%20Kurzreferate%202015.pdf |text=Zukunft braucht Herkunft – vom umgebogenen Türscharnier bis zum virtuellen Artikulator |wayback=20151117024417}} (PDF) 44. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Dentale Technologie, Juni 2015, S. 6–13. Abgerufen am 6. September 2015.</ref> In Deutschland übernahmen als erste [[Axel Bauer (Zahnmediziner)|Axel Bauer]] und [[Alexander Gutowski]] diese Konzepte,<ref>Alexander Gutowski, Axel Bauer: ''Gnathologie: Einführung in Theorie und Praxis'', Quintessenz-Verlag, 3. Auflage 1984., ISBN 3-87652-158-0. Abgerufen am 6. September 2015.</ref> in der Schweiz [[George Graber]], [[Dekan (Hochschule)|Dekan]] der medizinischen Fakultät der [[Universität Basel]]. Bis heute gibt es keine Lehre weder der statischen noch der dynamischen Okklusion, welche auf wissenschaftlicher Grundlage und Beobachtung der menschlichen Physiologie ein Konzept entwickelt hat, das nicht artifiziell erdacht ist, sondern die Natur nachahmt und sich somit störungsfrei in das stomatognathe System eingliedern lässt.<ref name="Anne" />

=== Abformmaterialien ===

Nachdem [[Edwin Thomas Truman]] das [[Guttapercha]] entwickelt hatte ([[#Wurzelkanalbehandlung|s.&nbsp;u.]]), fügte 1856 der Londoner Zahnarzt [[Charles Stent|Charles T. Stent]] (1807–1885) insbesondere [[Stearin]] hinzu, das die [[Plastizität (Physik)|Plastizität]] des Materials sowie seine Stabilität verbesserte, [[Talk (Mineral)|Talkum]] als inerten Füllstoff, um dem Material mehr Masse zu geben, ferner Harz und roten Farbstoff und es entstand das nach ihm benannte thermoplastische Material für die [[Abformung (Medizin)|Abformung]] der Kiefer und Zähne.<ref>{{Literatur |Autor=[[Christian Bruhn (Mediziner, 1868)|Christian Bruhn]], F. Gutowski, A. Gysi, F. Hauptmeyer, Stephan Loewe, Karl Kukulies, Paul Wustrow |Titel=Zahnärztliche Prothetik |Verlag=Springer |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-99582-8 |Seiten=116 |Online={{Google Buch |BuchID=oznMBgAAQBAJ |Seite=116}}}}</ref> [[Stent (Abformmaterial)|Stent]] löste das bis dahin gebräuchliche Bienenwachs und Gips als Abdruckmaterial ab.<ref>J. B. Mulliken, R. M. Goldwyn: ''Impressions of Charles Stent.'' In: ''Plastic and reconstructive surgery.'' Band 62, Nummer 2, August 1978, {{ISSN|0032-1052}}, S.&nbsp;173–176, PMID 353841.</ref> Nach dem Tod von Charles Stent übergaben seine Söhne den Vertrieb des Materials an ein Dentalunternehmen namens ''Claudius Ash and Sons''. Nachdem die beiden Söhne Stents um 1900 verstorben waren, kauften die Ash-Brüder alle Rechte und behielten den Namen Stent bei.<ref>Malvin E. Ring, [https://www.fauchard.org/publications/34-the-story-of-dr-charles-stent The Story of Dr. Charles Stent], Pierre Fauchard Academy. Abgerufen am 26. Mai 2016.</ref> Für den Gipsabdruck wurde ein spezieller, leicht brechender Abdruckgips verwendet, der nach dem Abbinden stückweise aus dem Mund herausgebrochen werden konnte. Die Bruchstücke wurde anschließend zusammen geklebt und mit einem Hartgips ausgegossen, um das endgültige Modell herzustellen. Auch die [[Stent]]s, die als medizinisches Implantat, beispielsweise in der [[Stentangioplastie]] an den [[Koronargefäß|Herzkranzgefäßen]] verwendet werden, haben ihn als Namensgeber.<ref>S. Sterioff: ''Etymology of the word „stent“.'' In: ''Mayo Clinic proceedings.'' Band 72, Nummer 4. April 1997, {{ISSN|0025-6196}}, S.&nbsp;377–379, PMID 9121189.</ref>

Der britische [[Chemiker]] und [[Pharmazeut]] [[Edward Curtis Stanford]] gilt als Entdecker des Alginats, der 1880 [[Alginsäure]] aus [[Braunalgen]] extrahierte.<ref>{{Literatur |Autor=Rainer Habekost |Titel=Abformen mit Alginat: Perfekte Abbilder mit Alginat |Verlag=epubli |Datum=2012 |ISBN=978-3-8442-1539-7 |Seiten=20– |Online={{Google Buch |BuchID=hSwFj7IfZWsC |SeitenID=PT20}}}}</ref> 1940 wurden die Salze der Alginsäure, die allgemein als Alginate bezeichnet werden, als Abformmaterial in die Zahnheilkunde eingeführt. Alginate sind irreversible [[Hydrokolloide]], weil sie durch eine nicht reversible chemische Reaktion abbinden, bei der [[Natrium|Na-]]Alginat zu [[Calcium|Ca-]]Alginat umgewandelt wird. Mit den reversiblen Hydrokolloiden erfolgte 1925 die Einführung der ersten elastischen Abformmassen. Anfang der 1950er Jahre wurden die [[elastomere]]n Abformmaterialien eingeführt, zunächst die elastomeren [[Polysulfide]] (Thiokole) und die kondensationsvernetzenden [[Silikone]], 1965 gefolgt von den [[Ether#Polyether|Polyethern]] (Impregum, [[3M#3M in Deutschland|3M ESPE]]) und 1975 von den additionsvernetzenden Silikonen (Vinyl-Polysiloxan).<ref>{{Literatur |Hrsg=Heinrich F. Kappert, Karl Eichner |Titel=Zahnärztliche Werkstoffe und ihre Verarbeitung. 1: Grundlagen und Verarbeitung |Verlag=Georg Thieme (Heidelberg 1996), Stuttgart / New York |Datum=2005 |ISBN=3-13-127148-5 |Seiten=274 ff. |Online={{Google Buch |BuchID=jqjlJK693QEC |Seite=274}}}}</ref><ref>[http://solutions.3mdeutschland.de/wps/portal/3M/de_DE/3M_ESPE/Dental-Manufacturers/Dental-Education-Knowledge-Base/Dental-Impression/Die-Abformung-In-Der-Zahnmedizin/ Die Abformung in der Zahnmedizin], 3M. Abgerufen am 2. März 2016.</ref>

=== Kronen ===

Im Mai 1869 beschrieb [[William N. Morrison]] die nach ihm benannte [[Zahnkrone#Ring-Deckel-Krone|Ring-Deckel-Krone]] (''Morrison crown'') im ''Missouri Dental Journal''.<ref>James Harrison Prothero: [https://www.ebooksread.com/authors-eng/james-harrison-prothero/prosthetic-dentistry-tor/page-84-prosthetic-dentistry-tor.shtml Prosthetic dentistry online]. Abgerufen am 5. April 2015.</ref> Diese Metallbandkronen, auch Bandhülsenkronen genannt, fanden breite Anwendung vor der Etablierung der Gusstechnologie.<ref>K. W. Alt, Historische Entwicklung des Kronen- und Brückenersatzes. In: Strub JR, Türp JC, Witkowski S, Hürzeler MB, Kern M: Curriculum Prothetik Band II. 2. Auflage. Quintessenz, Berlin / Chicago / London (usw.) 1999, ISBN 978-3-86867-027-1, S. 661–663.</ref> Hierzu wurde ein Band aus Gold dem zugeschliffenen Zahn ringförmig angepasst und verlötet. Die Kaufläche („Deckel“) wurde separat gegossen und anschließend mit dem Band verlötet. 1876 entwickelte [[Cassius M. Richmond]] aus [[San Francisco]] die nach ihm benannte Ringstiftkrone (''Richmond crown''), die auch eine Porzellanschale als Verblendung aufweisen konnte.<ref>{{Literatur |Autor=Christian Bruhn, F. Gutowski, A. Gysi, F. Hauptmeyer, Stephan Loewe, Karl Kukulies, Paul Wustrow |Titel=Zahnärztliche Prothetik |Verlag=Springer |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-99582-8 |Seiten=624 |Online={{Google Buch |BuchID=oznMBgAAQBAJ |Seite=624}}}}</ref> 1907 erfand William H. Taggert eine Gussmaschine und eine [[Einbettmasse]], die ein direkt modelliertes Gussobjekt in Metall mittels [[Wachsausschmelzverfahren]] (''Lost-wax casting'') und Gussverfahren mit [[Verlorene Form|verlorener Form]] überführen konnte. Die Gussobjekte besaßen eine bis dahin nicht gekannte Passgenauigkeit.<ref>Wolfgang Strübig, Geschichte der Zahnheilkunde. Eine Einführung für Studenten und Zahnärzte. Deutscher Ärzte Verlag, Köln, 1989, S. 96–114., ISBN 3-7691-1099-4.</ref> Die so hergestellten Gusskronen fanden jedoch erst in den 1950er Jahren breite Anwendung.

==== Verblendungen ====

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Der französische Chirurg [[Guy de Chauliac]] schrieb 1386 die ''[[Chirurgia magna]]'', in der er sich (auch) der [[Pathologie]] und [[Therapie]] der Zähne widmete. Darin wird unter anderem die Anwendung von [[Opium]] und [[Alraune (Kulturgeschichte)|Mandragora]] bei schmerzhaften Erkrankungen beschrieben, aber auch vor den [[Nebenwirkung]]en gewarnt.<ref name="Chauliac1997">{{Literatur |Autor=Guy De Chauliac |Titel=Guigonis de Caulhiaco (Guy de Chauliac) Inventarium sive Chirurgia magna: Text |Verlag=BRILL |Datum=1997 |ISBN=90-04-10706-1 |Online={{Google Buch |BuchID=Z4aQ0i5VhlUC}}}}</ref>

[[Anästhetikum|Narkosemittel]] fanden erst sehr viel später breitere Anwendung. Zunächst wurde das [[Distickstoffmonoxid|Lachgas]] (N<sub>2</sub>O) 1772 von [[Joseph Priestley]] synthetisiert. Die besondere medizinische Wirkung entdeckte der Chemiker [[Humphry Davy]] 1799 bei Selbstversuchen. [[Horace Wells]] (1815–1848), einer der führenden Zahnärzte in [[Hartford (Connecticut)]], entdeckte das Lachgas als taugliches Narkosemittel für die zahnärztliche Praxis. Wells hatte dessen schmerzstillende (Neben-)Wirkung bei einer Lachgasvorführung beobachtet, die [[Gardner Quincy Colton]] (1814–1898), ein Chemiker mit abgebrochenem Medizinstudium, am 10. Dezember 1844 in dem Ort veranstaltet hatte. Während der Vorführung der humoristischen Effekte des Lachgases zog sich einer der Teilnehmer der Lachgasshow eine tiefe blutende Beinwunde zu, aber empfand dabei keine Schmerzen durch die Verletzung.<ref>{{Literatur |Autor=Horace Wells |Titel=A History of the Discovery of the Application of Nitrous Oxide Gas, Ether and Other Vapors to Surgical Operations |Verlag=J. Gaylord Wells |Datum=1847 |Online={{Google Buch |BuchID=exNtlBi8T4EC}}}}</ref> Horace Wells, der mit dem „Vater der Parodontologie“ [[John Mankey Riggs]] ([[#Parodontologie|s.&nbsp;u.]]) eine Praxisgemeinschaft betrieb, war es, der sich daraufhin im Selbstversuch am darauffolgenden Tag, dem 11. Dezember 1844, einen oberen [[Weisheitszahn]] schmerzfrei durch Riggs extrahieren ließ, während Colton das Lachgas mit seiner Apparatur verabreichte.<ref>{{Literatur |Autor=Tom Sherlock |Titel=Colorado’s Healthcare Heritage |Verlag=iUniverse |Datum=2013 |ISBN=978-1-4759-8026-4 |Seiten=38 |Online={{Google Buch |BuchID=T46bBnZIX6sC |Seite=38}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Thomas E. Keys |Titel=Die Geschichte der chirurgischen Anaesthesie |Verlag=Springer |Ort=Berlin/ Heidelberg |Datum=2013 |ISBN=978-3-662-11494-0 |Seiten=43–44 |Online={{Google Buch |BuchID=nsWpBgAAQBAJ |Seite=43}}}}</ref> Geschätzte eine Million Zähne habe nachfolgend Colton (und seine Assistenten) unter Lachgas [[Extraktion (Zahnmedizin)|extrahiert]].<ref>[http://query.nytimes.com/mem/archive-free/pdf?res=9803EFDA1139E433A25751C1A96E9C94699ED7CF Gardner Q. Colton dead] (PDF) New York Times, 12. August 1898. Abgerufen am 15. April 2015.</ref> Im Jahre 1868 entwickelten George Barth und J. Coxeter ein Verfahren zur Verflüssigung von Lachgas, so dass es in Gasflaschen in den Handel gelangen konnte. Der bereits erwähnte William Gibson Arlington Bonwill (s. o.) propagierte ein Verfahren zur [[Anästhesie]] bei kleineren chirurgischen Eingriffen, während der Geburt und bei zahnärztlichen Eingriffen durch eine forcierte Atmung des Patienten ([[Hyperventilation]]). Hierzu müsse der Patient 80–100 Atemzüge pro Minute durchführen. Es wurde 1875 unter dem Titel „The air an anaestetic“ (engl.: ''Die Luft ein Anästhetikum'') am ''Franklin Institute'' vorgestellt. Bonwill behauptete auf Grund seiner 20-jährigen Berufserfahrung damit auf Lachgas verzichten zu können.<ref>''Before the Lamaze Method.'' In: ''Anesthesiology.'' 124, 2016, S.&nbsp;258, [[doi:10.1097/01.anes.0000476059.02255.c8]].</ref><ref>[https://journals.lww.com/surveyanesthesiology/Citation/1964/08000/RAPID_BREATHING_AS_A_PAIN_OBTUNDER_IN_MINOR.54.aspx ''Rapid breathing as a pain obtunder in minor surgery, obstetrics. The general practice of medicine and of denistry.''] In: ''Survey of anesthesiology.'' Band 8, Nummer 4, August 1964, S. 348.</ref>

[[Diethylether|Äther]]- und [[Chloroform]]narkosen folgten dem Lachgas. Der US-amerikanische Zahnarzt [[William Thomas Green Morton]] konnte mit einer Äthernarkose am 16. Oktober 1846 einen Patienten schmerzfrei von seinem Leiden befreien. Bereits am 30. März 1842 hatte [[Crawford W. Long|Crawford Williamson Long]] einem Patienten einen Tumor am Nacken schmerzfrei entfernt, wobei er ein mit Äther getränktes Handtuch verwendete. Er unterließ aber eine Publikation und brachte sich so um die Anerkennung seines Prioritätsanspruchs. So gilt seitdem W. T. G. Morton als Begründer der Äthernarkose. Wenn die Stümpfe und Wurzeln defekter Zähne entfernt werden mussten, verlangten die Patienten eine schmerzfreie Behandlung. [[Charles Thomas Jackson]], bei dem Morton famuliert hatte, machte ihn auf die berauschende Wirkung von [[Diethylether|Schwefeläther]] aufmerksam, die bereits [[Michael Faraday]] 1818 in einer Abhandlung beschrieben hatte.<ref>[https://www.general-anaesthesia.com/michael-faraday.html Bergman NA. Michael Faraday and his contribution to anesthesia. Anesthesiology 1992; 77(4):812–816]</ref> Am 30. September 1846 kam der Cellist [[Eben Frost]] mit so starken Zahnschmerzen in Mortons Praxis, dass er mit einer Erprobung des Äthers bei der [[Extraktion (Zahnmedizin)|Extraktion]] seines vereiterten Backenzahns einverstanden war.<ref>''Illustrierte Geschichte der Medizin'' (1992), Band 6, S. 3281, u. Karger-Decker (1984), S. 149., ISBN 3-86070-204-1.</ref> Als der Patient aus seiner Betäubung erwachte, bestätigte er Morton, dass er keinerlei Schmerz beim Zahnziehen empfunden habe. Morton versuchte zu verschleiern, welchen Wirkstoff er verwendet hatte, um von einer Patentierung zu profitieren. Bei einer Operation am 7. November 1846 wurde er vom Auditorium gezwungen, sein Geheimnis zu lüften. Morton wurde durch die Kosten um einen Patentstreit ruiniert. Die sukzessive Anerkennung des von Morton entwickelten Verfahrens erfolgte nach der erfolgreichen Oberschenkelamputation bei einer zwanzigjährigen Patientin durch [[Henry Jacob Bigelow]] am 7. November 1846.<ref>Heinz Schott: ''Die Chronik der Medizin.'' Bechtermünz, Augsburg 1997., ISBN 978-3-86047-135-7. S. 276.</ref> 1884 erfolgte die erste orale Lokalanästhesie durch Einsatz von Kokain durch [[William S. Hallsted]] und [[Richard J. Hall]].<ref name="Bienengräber">{{Literatur |Autor=Volker Bienengräber |Titel=Die Zahnmedizin zum Zeitpunkt der Gründung des Central-Vereins deutscher Zahnärzte – ein historischer Rückblick |Sammelwerk=Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift |Nummer=Heft 66 (1) |Verlag=Deutscher Ärzte-Verlag |Datum=2011 |Seiten=57–58 |Online=[https://www.dgzmk.de/fileadmin/user_upload/editors/PDFs/AK_GZ/DZZ_01_2011_Bienengraeber.pdf dgzmk.de] |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2017-09-19}}</ref>

Dadurch, dass es zur japanischen Tradition gehörte, Behandlungsverfahren geheim zu halten, wurde erst 1963 erkannt, dass bereits am 13. Oktober 1804 der japanische Arzt [[Hanaoka Seishū]] erstmals eine [[Narkose|Vollnarkose]] mit seinem Narkosemittel [[Hanaoka Seishū#Tsūsensan|Tsūsensan]] bei einer Brustkrebsoperation erfolgreich durchgeführt hat.<ref>Akira Hori: [https://www.aerzteblatt.de/archiv/101386/Die-erste-Vollnarkose-1804-in-Japan ''Die erste Vollnarkose: 1804 in Japan''.] In: ''Dtsch Arztebl'', 1991, 88(47), S. A-4151; abgerufen am 14. August 2016.</ref>

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[[Datei:Rostock Gedenktafel Moral.jpg|mini|Gedenktafel für Hans Moral im Foyer des Hauptgebäudes der Universität Rostock]]

Die ersten [[Cocastrauch|Cocasträucher]] kamen 1750 aus [[Südamerika]] nach [[Europa]]. Im Winter 1859/60 isolierte [[Albert Niemann (Chemiker)|Albert Niemann]] im Laboratorium von [[Friedrich Wöhler]] in [[Göttingen]] die aktiven Komponenten des Cocastrauches. Er gab dem [[Alkaloide|Alkaloid]] den Namen ''[[Kokain|Cocain]]''.<ref>Albert Niemann: Über eine neue organische Base in den Cocablättern, in: Arch. Pharm 1860; 153:129-155, S. 291–308. [[doi:10.1002/ardp.18601530202]]</ref> 1879 entdeckte [[Vassili von Anrep]] (1852–1927) an der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]] die schmerzstillende Wirkung des Cocains.<ref>S. M. Yentis, K. V. Vlassakov: ''Vassily von Anrep, forgotten pioneer of regional anesthesia.'' In: ''Anesthesiology.'' Band 90, Nummer 3, März 1999, S.&nbsp;890–895, PMID 10078692.</ref><ref>[[Dietrich Henschler]]: ''Zur Entwicklung von Pharmakologie und Toxikologie.'' In: ''Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift.'' Hrsg. von Peter Baumgart, Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1982, S. 1031–1046; hier: S. 1033</ref> Um 1884 kam es als lokales [[Anästhetikum]] in Deutschland in den klinischen Gebrauch, nachdem der [[Augenheilkunde|Augenarzt]] [[Carl Koller]] (1857–1944) erkannt hatte, dass Cocain bei Verkostung die Zunge betäubt und er es daraufhin zur Betäubung bei Eingriffen am Auge einsetzte.<ref>G. Kluxen: [https://www.aerzteblatt.de/archiv/101251/Sigmund-Freud-Ueber-Coca-Versaeumte-Entdeckung ''Sigmund Freud: Über Coca – Versäumte Entdeckung.''] In: ''Deutsches Ärzteblatt.'' Band 88, Nummer 45, 1991, S.&nbsp;A-3870. Abgerufen am 26. September 2014.</ref> Ihm folgte 1885 der Chirurg [[William Stewart Halsted]] (1852–1922), der erstmals Cocain in der Zahnmedizin benutzte. Nach ersten Tierversuchen wendete er das Verfahren zur [[Lokalanästhesie (Zahnmedizin)|Lokalanästhesie]] des [[Nervus mandibularis]] als [[Lokalanästhesie (Zahnmedizin)#Leitungsanästhesie am Foramen mandibulae|Leitungsanästhesie]] an. Neben der Oberflächen- und Leitungsanästhesie entwickelte sich daraus die [[Lokalanästhesie (Zahnmedizin)#Infiltrationsanästhesien|Infiltrationsanästhesie]]. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde auch [[Chlorethan]] als Lokalanästhetikum in der Zahnheilkunde benutzt.<ref>H. Orth, I. Kis: ''Schmerzbekämpfung und Narkose.'' In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): ''Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung.'' Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 14.</ref> 1905 verlängerte der Leipziger Chirurg [[Heinrich Braun (Mediziner, 1862)|Heinrich Braun]] die Wirkdauer und -tiefe des von [[Alfred Einhorn]] entwickelten ''Procains'', welcher dem Wirkstoff den Namen [[Procain|Novocain]] zuordnete, durch die Beigabe von [[Adrenalin]]. Die Reindarstellung Adrenalins war bereits 1901 dem [[japan]]ischen [[Pharmakologie|Pharmakologen]] [[Takamine Jōkichi|Jokochi Takamine]] gelungen, der in [[New York City|New York]] ein eigenes Laboratorium eingerichtet hatte.<ref>Jokichi Takamine: ''Adrenalin the active principle of the suprarenal glands and its mode of preparation.'' In: ''The American Journal of Pharmacy'' 73, 1901, S.&nbsp;523–535.</ref> Von ihm stammt die Wortschöpfung „Adrenalin“ ({{laS|ad}} ‚an‘ und {{lang|la|''ren''}} ‚Niere‘),<ref>N. Ph. Tendeloo, [https://books.google.com/books?id=9Z-fBgAAQBAJ&pg=PA654 Allgemeine Pathologie], 9. März 2013, Springer-Verlag, S. 654, ISBN 978-3-642-92320-3. Abgerufen am 15. September 2015.</ref> das er patentieren und von der Firma Parke, Davis & Co. vermarkten ließ, die heute in [[Pfizer]] Inc. aufgegangen ist. Dem aus Heilbronn stammenden Chemiker [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]] war es 1905 im Auftrag von [[Hoechst]] gelungen, das [[Hormon]] künstlich herzustellen. Damit waren die Grundlagen für eine moderne zahnärztliche Therapie gelegt. Im selben Jahr entwickelte August Braun die Idee der Stammanästhesie des [[Nervus trigeminus]]. Zeitgleich sind als Wegbereiter der Lokalanästhesie in der Zahnheilkunde [[Hans Moral]] (1885–1933) gemeinsam mit [[Guido Fischer (Zahnmediziner)|Guido Fischer]] (1877–1959) anzusehen, die sich neben der klinischen Anwendung mit den [[Anatomie|anatomischen]] und [[Physiologie|physiologischen]] Grundlagen beschäftigten.<ref>{{NDB|18|79|80|Moral, Hans|Christoph Benz|119519402}}</ref> Der Zahnarzt und Anatom [[Harry Sicher]] beschrieb 1920 in seinem Lehrbuch „Anatomie und Technik der Leitungsanästhesie im Bereiche der Mundhöhle“ die exakte Vorgehensweise bei der Durchführung der verschiedenen Lokalanästhesien im Mundbereich.<ref>{{Literatur |Autor=Harry Sicher |Titel=Anatomie und Technik der Leitungsanästhesie im Bereiche der Mundhöhle: Ein Lehrbuch für den Praktischen Zahnarzt |Verlag=Springer-Verlag |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-92263-3 |Online={{Google Buch |BuchID=PJ-fBgAAQBAJ}}}}</ref>

[[Lidocain]] war das erste [[Aminogruppe|Amino]]-[[Amide|Amid]]-Lokalanästhetikum, das durch die schwedischen Chemiker [[Nils Löfgren]] (1913–1967) und [[Bengt Lundqvist]] (1922–1953) im Jahre 1943 synthetisiert wurde.<ref name="von Sinatra/Jahr/Watkins-Pitc">{{Literatur |Autor=von Sinatra/Jahr/Watkins-Pitc |Titel=The Essence of Analgesia and Analgesics – Sinatra/Jahr/Watkins-Pitc |Datum= |ISBN=1-139-49198-9 |Seiten=280 |Online={{Google Buch |BuchID=ZwPIjKg0XukC |Seite=280}}}}</ref> Sie verkauften die Patentrechte des Lidocains an den schwedischen Pharmakonzern [[AstraZeneca|Astra AB]]. 1957 schritt die Entwicklung der Lokalanästhetika mit Synthetisierung des [[Mepivacain]]s, 1958 des [[Prilocain]]s, 1960 des [[Bupivacain]]s voran.<ref>{{Literatur |Autor=H. C. Niesel, H. Wulf, H. K. Van Aken |Titel=Lokalanästhesie, Regionalanästhesie, Regionale Schmerztherapie |Auflage=3. |Verlag=Georg Thieme |Datum=2010 |ISBN=978-3-13-795403-3 |Seiten=5 |Online={{Google Buch |BuchID=WmWN_jFmDbwC |Seite=5}}}}</ref> 1974 synthetisierten [[Roman Muschaweck]] und [[Robert Rippel]] das [[Articain]] (Ultracain).<ref>R. Muschaweck, R. Rippel: ''A new local anesthetic (carticaine) from the thiopene-series (author’s transl).'' In: ''Praktische Anästhesie, Wiederbelebung und Intensivtherapie.'' Band 9, Nummer 3, Juni 1974, S.&nbsp;135–146, PMID 4459901.</ref> Articain ist das in Kontinentaleuropa am häufigsten verwendete Lokalanästhetikum.<ref name="Niesel2010">{{Literatur |Autor=Hans Christoph Niesel |Titel=Lokalanästhesie, Regionalanästhesie, regionale Schmerztherapie: 117 Tabellen |Verlag=Georg Thieme Verlag |Datum=2010 |ISBN=978-3-13-795403-3 |Seiten=598 |Online={{Google Buch |BuchID=lJOBpNk-8TsC |Seite=598}}}}</ref> Alle Substanzbezeichnungen leiten sich vom Wortstamm des Cocains ab.

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Auf die Tätigkeit von [[Louis I. Grossman]] in [[Philadelphia]] und seinen Nachfolgern am nach ihm benannten Lehrstuhl, [[Leif Tronstad]] und [[Syngcuk Kim]], ist der Weltruhm von Philadelphia und sein großer Einfluss auf die Entwicklung der [[Endodontie]] über nahezu zwei Jahrhunderte zurückzuführen, obwohl erste Versuche bereits – wie geschildert – auf Fauchard, Hunter und Pfaff zurückgehen.<ref name="Baumann">Michael A. Baumann, [https://www.dget.de/downloads/dgendo_chronik.doc Endodontie: State of the Art]. Endodontie: Rückblick und Ausblick, S. 11. Abgerufen am 16. März 2015.</ref> Die erste Monographie zur Endodontie verfasste [[Eduard Albrecht]] 1858; ihr folgte die Einführung von [[Arsen]] als Devitalisationsmittel durch [[John R. Spooner]] (1836).<ref name="Bienengräber" /> Als Erfinder der Exstirpationsnadel (1840) und der damit verbundenen [[Wurzelkanalbehandlung#Indikationen|Vitalexstirpation]] gilt [[Edward Maynard]] (1813–1891), der sie aus Uhrenfedern feilte. Maynard war unter anderem Zahnarzt des russischen Zaren [[Nikolaus I. (Russland)|Nikolaus&nbsp;I.]], des Königs von Preußen [[Friedrich Wilhelm&nbsp;IV.]] und des schwedischen Königs [[Oskar I. (Schweden)|Oskar&nbsp;I.]]<ref>Edward Maynard: ''Dental summary'', Volume 28, (1908), Ransom & Randolph, Toledo OH, S. 269. {{archive.org |dentalsummary2819unse/dentalsummary2819unse |Blatt=n284}}</ref> Der Schweizer [[Alfred Gysi]] erfand 1889 die ''Triopaste'' ([[Paraformaldehyd]], [[Kresole#Herstellung|Trikresol]] und [[Creolinum anglicum]]) und schlug vor, den [[Zahnwurzel|Wurzelkanal]] mit [[Wasserstoffperoxid]] (H<sub>2</sub>O<sub>2</sub>) das auf [[Louis Jacques Thénar d]] (1818) zurückgeht, zu reinigen. [[Natriumhypochlorit]] (NaOCl) wird 1915 von [[Henry Drysdale Dakin]] erfolgreich im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] zunächst als Wunddesinfiziens benutzt und fand als ''Dakinsche Lösung'' in die Endodontie Einzug. Grossman und [[Benjamin W. Meiman]] demonstrieren Mitte der 1940er Jahre die Fähigkeit von NaOCl zur Gewebeauflösung im Wurzelkanal und begründeten damit die Ära der Wurzelkanalspülung. 1922 wechselte Otto Walkhoff an die Universität Würzburg. Er befasste sich mit der Feinstruktur und der [[Pathologie]] der Zähne, einschließlich der [[Wurzelkanalbehandlung]]. Die nach ihm benannte Walkhoff-Paste, eine [[Iodoform|Jodoform]]-Paste, welche zusätzlich noch mit [[Chlorphenole|Chlorphenol]]-[[Campher|Kampfer]]-[[Menthol]] (ChKM) versetzt ist, wird als therapeutische, temporäre Wurzelkanalfüllung bis heute verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=Ashraf F. Fouad |Titel=Endodontic Microbiology |Verlag=John Wiley & Sons |Datum=2009 |ISBN=978-0-8138-0728-7 |Seiten=249 ff. |Online={{Google Buch |BuchID=R5SfiVrS2J0C |Seite=249}}}}</ref> Dem Zahnarzt Harry B. Johnston aus [[Atlanta]] (Georgia) wird die Begriffsfindung „Endodontie“ ({{grcS|ἔνδον|endon|de=innen}}, {{grcS|ὀδών|odon|de=Zahn}}) zugeschrieben, der 1928 eine eigene Praxis ''Limited to endodontics'' eröffnete. Im selben Jahr entwickelte der Franzose [[Henri Lentulo]] eine Vielzahl von Behandlungstechniken, die bis heute von Zahnärzten in der ganzen Welt angewandt werden. Hierzu gehört sein später nach ihm benannter spiralförmiger Wurzelfüller zur maschinellen [[Wurzelkanalbehandlung|Füllung von Wurzelkanälen]] und eine Wurzelkanalfüllpaste.<ref>H. Lentulo: Présentation d’un instrument pour l’obturation des canaux dentaires. L’odontologie, 1928, 66, n°2, p.87-95.</ref><ref>E. M. Amadeo: ''Remembering an international master of dentistry and pioneer in endodontics: Henry Lentulo 1889–1981.'' In: ''Revista de la Asociación Odontológica Argentina.'' Band 71, Nummer 5, September 1983, S.&nbsp;150–152, {{ISSN|0004-4881}}. PMID 6374777.</ref>

[[André Schröder (Zahnmediziner)|André Schröder]] stellte im Jahre 1954 den ersten Vertreter der Wurzelfüllpasten auf [[Eugenol|Zinkoxid-Eugenol]]-Basis als AH26 [[Epoxidharz]]-[[Sealer (Zahnmedizin)|Sealer]] vor.<ref>A. Schröder, ''[The impermeability of root canal filling material and first demonstrations of new root filling materials].'' In: ''Schweizerische Monatsschrift für Zahnheilkunde = Revue mensuelle suisse d’odonto-stomatologie / SSO.'' Band 64, Nummer 9, September 1954, {{ISSN|0036-7702}}, S.&nbsp;921–931, PMID 13225678.</ref> 1959 wurde durch die beiden Schweizer [[Angelo G. Sargenti]] (1917–1999) und [[Samuel L. Richter]] mit ''N2'' ein Medikament und Sealer eingeführt, das [[Formaldehyd]] und weitere fragwürdige Bestandteile enthält, auf welches manche Zahnärzte schworen, andere hingegen kritisierten, dass es massive Irritationen der Pulpa bis hin zur Entstehung periapikaler Läsionen verursacht hat.<ref>Angelo G. Sargenti and Samuel L. Richter, [https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=mdp.39015007429833;view=1up;seq=5 Rationalized root canal treatment], AGSA Scientific Publications, 1959.</ref> Es folgte die ''Ledermixpaste'' durch André Schröder im Jahre 1962, einer Kombination eines Antibiotikums ([[Tetracyclin]]) und eines Cortisonderivates ([[Triamcinolon]]). Die Unzufriedenheit mit den Wurzelkanalfüllmaterialien zeigt sich an der Vielfalt zahlreicher Pasten, zu denen neben den genannten [[Polydimethylsiloxan]], [[Calciumhydroxid]]-Sealer, [[Glasionomerzement|Glasionomer]]-Sealer oder [[guttapercha]]basierte Sealer oder Füllmaterialien auf [[Ketone|Polyketon]]-Basis (Diaket), auf [[Methacrylsäure|Methacrylat]]-Basis und [[Salicylsäure|Salicylat]]-Basis zählen.<ref>E. Schäfer: {{Webarchiv |url=http://www.sso.ch/doc/doc_download.cfm?uuid=88270EC6D9D9424C4D504AF0953CC40D |text=''Wurzelkanalfüllmaterialien'' |wayback=20150402174343}}, Schweiz Monatsschr Zahnmed, Vol 110: 8/2000, S. 849–861. Abgerufen am 22. März 2015.</ref>

[[Datei:Endodontic instruments.jpg|mini|links|150px|Wurzelkanalinstrumente aus Stahl und Nickel-Titan]]

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In den 1960er Jahren wurde das [[Zahnimplantat#Blattimplantate|Blattimplantat]] von [[Leonard I. Linkow]] konzipiert (''Linkow-Blade''),<ref>David L. Hoexter, [https://www.dental-tribune.com/articles/news/usa/3754_a_tribute_to_dr_leonard_i_linkow_a_guiding_light.html A tribute to Dr Leonard I. Linkow: A guiding light], Dental Tribune, 22. Dezember 2010. Abgerufen am 23. September 2014.</ref> ebenso das stabilisierte Klingenimplantat 1975 von [[Benedict Heinrich]].<ref>{{Literatur |Autor=Bruno E. Gysi, Peter Schärer |Titel=Schwerpunkte in der oralen Implantologie und Rekonstruktion |Verlag=Quintessenz |Datum=1983 |ISBN=3-87652-288-9 |Seiten=143 |Online={{Google Buch |BuchID=_g5qAAAAMAAJ}}}}</ref> Die Entwicklung der Implantologie wurde mit der Entdeckung der Biokompatibilität der [[Titan (Element)|Titanoberfläche]] durch den schwedischen [[Orthopädie|Orthopäden]] [[Per-Ingvar Brånemark]] (1929–2014) im Jahre 1967 fortgesetzt, der den Begriff der [[Osseointegration]] (funktioneller und struktureller Verbund zwischen dem Knochengewebe und der Implantatoberfläche) prägte und seine Ergebnisse 1982 der wissenschaftlichen Öffentlichkeit präsentierte.<ref>H. J. Hartmann, [http://www.hartmann-tutzing.de/media/pdf/Zmed-GeschichtederImplantologie-Hartmann.pdf Vom Extensionsimplantat zur Hightech-Schraube] (PDF) zm, 99, Nr. 22 A, 16. November 2009. Abgerufen am 23. September 2014.</ref> 1974 führte [[Werner Lutz Koch]] (1929–2005) das IMZ-Implantat als gefenstertes Zylinderimplantat mit intramobilem Kunststoffelement ein, das als Stoßdämpfer wirken sollte,<ref>K. Müller: Die Quintessenz der oralen Implantologie,

Berlin: Quintessenz-Verlag, 1980, Kap. 8 S. 105–107, ISBN 3-87652-807-0.</ref> welches von [[Axel Kirsch]] weiterentwickelt wurde. Es neigte ebenso wie die vollkeramischen Systeme aus [[Aluminiumoxid#Mechanische Eigenschaften|Aluminiumoxidkeramik]] wie das 1976 entwickelte Tübinger Sofortimplantat nach [[Willi Schulte]] (1929–2008) und [[Günther Heimke]], trotz sehr gutem Einheilverhaltens, häufig zu Implantatfrakturen. 1977 entwickelte [[Philippe Daniel Ledermann]] (1944–2024) das einteilige, selbstschneidende Titan-Plasma-Spray beschichtete TPS-Schraubenimplantat das 1988 zur neuen [[Ledermannschraube]] (NLS) aus Titan weiter entwickelt wurde. Es wurde zur sofortprothetischen Versorgung des zahnlosen Unterkiefers mit vier interforaminär (zwischen den beiden [[Foramen mentale|Foramina mentalia]]) inserierten, mittels Steg verblockten Implantaten verwendet.<ref>Annette Rabel: [http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000003371/2_Literaturuebersicht3.pdf?hosts= Geschichte der dentalen Implantologie] (PDF) Dissertation, Untersuchung zur Primärstabilität zweier dentaler Implantatsysteme mittels Resonanz-Frequenz-Analyse in vivo, 2007, S. 9. Abgerufen am 23. März 2015.</ref> Mit den [[Zahnimplantat#Titan|Titanimplantaten]] begann die weltweite Verbreitung der Zahnimplantate. Knochenregenerationsverfahren [[Guided Bone Regeneration]] (GBR) lassen Implantatversorgungen bei erhöhtem Knochenabbau zu.

[[Datei:Zahnschema OK 1.jpg|mini|Zahnmodell mit FDI-Zahnschema Oberkiefer]]

=== Zahnschema ===

Historisch sind die [[Zahnschema]]ta nach [[Adolph Zsigmondy|Zsigmondy]] (1816–1880) und [[Victor Haderup|Haderup]] (1845–1913) von Bedeutung. [[IBM]] ließ sich 1928 ein 80-Spalten-[[Lochkarte#80 Spalten|Lochkarten]]-Format mit rechteckigen Löchern patentieren, das bis in die 1970er Jahre hinein als ''IBM-Card'' weite Verbreitung fand.<ref>[http://www-03.ibm.com/ibm/history/history/year_1928.html IBM: ''„IBM card,“''] IBM Archiv in englischEnglisch. Abgerufen am 14. Juni 2015.</ref> Die [[Freie Universität Berlin]] benutzte ein Zahnschema seit 1960, das auf diesem Lochkartenformat aufsetzte und vom Berliner Hochschullehrer [[Joachim Viohl]] entwickelt worden war. Durch die Limitierung auf 80 Spalten, gleich 80 Zeichen, wurde das Zahnschema auf nur zwei Ziffern komprimiert. Damit war der Einstieg in die [[Datenverarbeitung]] geschaffen. 1970 verabschiedete die [[FDI World Dental Federation|Fédération Dentaire Internationale]] (FDI) auf ihrer Jahrestagung in Bukarest das von Viohl empfohlene Zahnschema als international gültiges Zahnschema.<ref>[https://www.zaek-berlin.de/kammer/mbz-online.html?no_cache=1&cid=1035&did=1833&sechash=e6a552c9 Erfinder des Zahnschemas, Joachim Viohl zum 80. Geburtstag] Mitteilungsblatt Berliner Zahnärzte (MBZ) 06/2013, S. 38.</ref><ref>Józef Kulas: Modelowanie koron zębów. Długołęka k. Wrocławia: 1983, s. 6–10., ISBN 83-200-0551-5.</ref> Es wird seitdem auch von der [[Weltgesundheitsorganisation]] mit der Bezeichnung WHO-Zahnschema verwendet. Es ist auch als ISO 3950 Notation bekannt.<ref>[https://www.iso.org/iso/catalogue_detail.htm?csnumber=41835 ISO-Norm 3950:2009]</ref> Andere Quellen nennen ''Theilman'' als Urheber, der es im Jahre 1932 entwickelt haben soll. Im amerikanischen Zahnschema (''Universal Numbering System''), das 1883 vom Briten [[George Cunningham (Zahnmediziner)|George Cunningham]] (1852–1919) entwickelt wurde,<ref>G. Cunningham, ''On a system of dental notation, being a code of symbols from the use of dentists in recording surgery work'', J. Br. Dent. Assoc. 4:456., 1883.</ref> werden die Zähne beginnend beim oberen rechten Weisheitszahn und endend beim unteren rechten Weisheitszahn im Uhrzeigersinn von 1&nbsp;bis&nbsp;32 durchnummeriert. Es wird unverändert bevorzugt in den USA verwendet. Im Vereinigten Königreich wird das Zahnschema nach [[Corydon Palmer|Palmer]] (1820–1917) verwendet.

=== Laser ===