„Glokalisierung“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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'''Glokalisierung''' ist ein [[Neologismus]] und ein [[Kofferwort]], gebildet aus den Begriffen [[Globalisierung]] und [[Ortsbestimmung|Lokalisierung]], wobei diese beiden Begriffe als Spektrum der Größenordnungen, also nicht als Gegensätze, sondern als verbundene Ebenen zu verstehen sind.

== Historie des Begriffs ==

Ein analoger Begriff zu ''Glokalisierung'' wurde schon in den 1980ern für japanische Geschäftsformen verwendet (''dochakuka'', etwa: das Fremde mit dem eigenen verschmelzen).<ref>Drew Martin, Arch G. Woodside: ''Dochakuka.'' In: ''Journal of Global Marketing,.'' 21(2008)1, S. 19–32, DOI[[doi: 10.1300/J042v21n01_03.]]</ref> Im englischen Sprachraum wurde der Begriff ''glocalization'' zuerst angeblich vondurch demden Soziologen [[Roland Robertson]] 1992 verwendetpopularisiert.<ref>B. Kumaravadivelu: ''Cultural Globalization and Language Education.'' Yale University Press, 2008, S. 45.</ref> Auch wurde der Begriff „glocal“ einem kleineren Kreis im Bereich der Umweltpolitik im Jahre 1989/1990 bekannt. Der damalige Leiter des Nationalen Global Change Sekretariats des Bundesministeriums für Forschung und Technologie, Manfred Lange, hatte die Dimension der Veränderungen auf der Maßstabsebene von lokal-regional-global, oder micro-meso-macro scale, als „glocal“ bezeichnet. Anlass war die Suche nach einem Begriff für die Tiefendimension des "Zauberwürfels„Zauberwürfels der Ökologie"Ökologie“ / Rubik's(Rubik’s Cube of Ecology) als Exponat der Ausstellung „Welt im Wandel – Herausforderungen an Wissenschaft und Politik“.<ref>{{Internetquelle | url=http://benking.de/Global-Change/system-earth-posters.html | titel=Welt im Wandel – Herausforderungen an Wissenschaft und Politik | zugriffabruf=2019-01-01}}</ref> Später wurde der Begriff ''Glocalization'' vielfältig eingeführt und neuerfundenneu erfunden – sehr oft in scheinbarer Unkenntnis vorhergehender und paralleler Einführungen, so im englischen Sprachraum durch [[Zygmunt Bauman]]. Im deutschen Sprachraum finden sich mehrere „Väter“Urheber des Begriffs.

Das Paradigma der Glokalisierung wird als gelegentlich als Glokalismus (''Glocalism'') beschriebenbezeichnet.<ref name=":0">{{Internetquelle |autor=Piero Bassetti |url=http://www.glocalisti.org/blog/the-glocalist-manifesto/ |titel=The Glocalist Manifesto |werk=Glocalisti. Cittadini del globale, cittadini del locale |hrsg=Globus et Locus |datum=2008-02-28 |abruf=2020-04-19}}</ref> Ein sich inhaltlich überschneidender Begriff ist der ''Kosmolokalismus''.<ref>{{Literatur |spracheAutor=Vasilis Kostakis, Vasilis Niaros, Chris Giotitsas |Titel=Beyond global versus local: illuminating a cosmolocal framework for convivial technology development |Sammelwerk=Sustainability Science |Datum=2023-06-30 |ISSN=1862-4065 |DOI=10.1007/s11625-023-01378-1 |Online=https://link.springer.com/10.1007/s11625-023-01378-1 |Abruf=2023-07-06}}</ref>

== Verwendung des Begriffs ==

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„Glokalisierung“ bezeichnet die Verbindung und das Nebeneinander des vieldimensionalen Prozesses der [[Globalisierung]] und seiner lokalen bzw. regionalen Auswirkungen, Auslöser und Zusammenhänge. JeglichesHäufig ist das Geschehen an einem bestimmten Punkt in der Welt ist von lokal-regionaler und gleichzeitig von global-überregionaler Bedeutung. Der Prozess der Globalisierung wird im eigenen Leben und Alltag fassbar. Somit ist Glokalisierung die lokale Auswirkungs- und Erscheinungsebene, aber auch lokale Triebfeder der weltumspannenden Globalisierung. Aufgrund globaler und gleichzeitig lokaler Vernetzungen entstehen Netzwerke, die zum einen für die Bildung transnationaler Produktions- und Vermarktungsstrukturen verantwortlich sind und zum anderen für die Veränderung der jeweiligen Kulturen.

Glokalisierung lässt sich unter verschiedenen Aspekten beobachten. Sie besitzt unter anderem eine kulturelle, ökonomische, politische und soziologische Dimension.

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Als kritischer Beobachter der Glokalisierung gilt der Schweizer Philosoph [[Stefan Zenklusen]]. Bereits 2007 übte er in einem Text scharfe Kritik an der Generalthese der [[cultural studies]] und anderer Wissenschaftszweige, die [[Globalisierung]] führe kulturell zu mehr Pluralismus, Diversität und Hybridität.<ref>Stefan Zenklusen: ''Abschied von der These der pluralsten aller Welten.'' wvb, Berlin 2007.</ref>

Im Prozess der Glokalisierung macht Zenklusen das Verschwinden überregionaler, nationaler und internationaler Vermittlungsinstanzen aus. Die Großstädte kapselten sich ab und würden (ähnlich wie in der frühen italienischen Neuzeit) zu [[Stadtstaat]]en, deren Verständnishorizont an den Stadtgrenzen ende. Die dort dominierende Mentalität abstrahiere vom umliegenden, überregionalen Territorium und richte sich nur noch an [[Metropole]]n anderer Länder aus. Parallel hierzu fördere die Glokalisierung auf dem Land die [[Regionalisierung]], die aber des überregionalen und internationalen Verständnisses verlustig gehe. Sowohl der städtische als auch der ländlich-regionale Lokalismus würden kulturell und sprachlich mit dem [[Globalismus]] verschmelzen, der aber nicht international, sondern vorwiegend [[angelsächsisch]] sei. Generell unterminiere die Glokalisierung die Öffnung zum Nachbarn und fördere in regressiver Weise Stammesidentitäten.<ref>St.Stefan Zenklusen: ''Triumph des Hyperprovinzialismus.'' In: Stefan Zenklusen: ''Im Archipel Coolag. Soziognostische Denk-Zettel aus der neualten Zivilisation.'' wvb, Berlin 2006; sowie: ''GlokalismusRegressive alsAspekte globaledes und anthropologische RegressionGlokalismus.'' auf www.stefanzenklusentheoriekritik.ch; ''RegressiveKritik Aspekteder Glokalisierung – Über den Triumph des GlokalismusMonokulturalismus.'' aufKönigshausen www.theoriekritik.ch& Neumann, Würzburg 2021, ISBN 978-3-8260-7323-6</ref>

Der [[Italien|italienische]] [[Politiker]] und [[Unternehmer]] [[Piero Bassetti]] gab 2008 mit anderen zudem das ''Glokalistische Manifest'' heraus, das als Kerngedanken Ansichten zu [[Räumliche Mobilität|Mobilität]] und [[Migration]], dem [[Globales Dorf|Globalen Dorf]] und [[Soziale Netzwerkanalyse|sozialen Netzwerken]] enthält.<ref name=":0" /> Das [[FabLab#FabCity-Netzwerk|FabCity-Netzwerk]] mit dem Ziel lokaler, aber digital vernetzter [[Produktion]] beruft sich auf den Glokalismus.<ref>{{Internetquelle |autor=fablab |url=https://distributeddesign.eu/fabcitystore/ |titel=FabCityStore |werk=Distributed Design Platform |datum=2018-07-16 |sprache=en-US |abruf=2024-06-25}}</ref>

== Glokalisierung als gesellschaftliche Normalität moderner Menschen ==

Dieser von ihrBarbara Seibert, Geographin und Leiterin des Elbinstituts Hamburg, definierten Vorgabe folgend, beschreibt Barbara Seibert den Begriff als Konzept für eine pragmatische Verbindung des Globalen mit dem Lokalen im Kontext der Verfasstheit moderner Gesellschaften. Ausgangspunkt ist die „Unumkehrbarkeit vielsprachiger, vielkultureller und vielschichtiger Gesellschaften mit allen damit verbundenen Chancen und Gefahren.“<ref>{{Literatur |Autor=Barbara Seibert |Titel=Glokalisierung. Ein Begriff reflektiert gesellschaftliche Realitäten. Einstieg und Debattenbeiträge|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage= |Verlag=LIT Verlag |Ort=Münster |Datum=2016|Seiten=11 |ISBN=978-3-643-13587-2 |Seiten=11}}</ref>

Glokalisierung beschreibt hier konkret „Handlungsprozesse in Städten und Gemeinden, bei denen multinational sozialisierte Gesellschaften ihre Gestaltungsaufgaben im Wechselspiel zwischen globalen und lokalen Kenntnissen, Religionen, Kulturen, Moden in gemeinsamer Verantwortung wahrnehmen.“<ref>{{Literatur |Autor=Barbara Seibert |Titel=Glokalisierung. Ein Begriff reflektiert gesellschaftliche Realitäten. Einstieg und Debattenbeiträge|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage= |Verlag=LIT Verlag |Ort=Münster |Datum=2016|Seiten=63 |ISBN=978-3-643-13587-2 |Seiten=63}}</ref> In diesem Verständnis wird der Begriff zum Gegenentwurf für jede Art von reaktionärem Gedankengut. So verweist die Geographin und Leiterin des Elbinstituts Hamburg Barbara Seibert auf das Prinzip einer „symmetrischen Integration“, das im glokalen Sinne auf die Bereitschaft zur wechselseitigen Anerkennung der Gleichwertigkeit von Werten und Normen auf verfassungsrechtlicher Grundlage des jeweiligen politischen Raumes abzielt.<ref>{{Literatur |Autor=Barbara Seibert |Titel=Glokalisierung. Ein Begriff reflektiert gesellschaftliche Realitäten. Einstieg und Debattenbeiträge|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage= |Verlag=LIT Verlag |Ort=Münster |Datum=2016|Seiten=64 |ISBN=978-3-643-13587-2 |Seiten=64}}</ref>

== Literatur ==

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* Heiner Benking, Ulrich B. Kampffmeyer: ''Access and Assimilation: Pivotal environmental information challengesLinking, archiving, and exploiting multi-lingual and multi-scale environmental information repositories.'' In: ''GeoJournal.'' Volume 26, Nr. 3, März 1992, S. 323–334. [[doi:10.1007/BF02629811]]

* Roland Robertson: ''Glokalisierung: Homogenität und Heterogenität in Raum und Zeit.'' In: [[Ulrich Beck]] (Hrsg.): ''Perspektiven der Weltgesellschaft.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-518-40916-6, S. 192–220.

* Carsten Ochs: ''Digitale Glokalisierung. Das Paradox von weltweiter Sozialität und lokaler Kultur.'' Campus, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-593-39950-8.

=== Monographien ===

* [[Ulrich Beck]]: ''Was ist Globalisierung?'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-518-40944-1.

* [[Barbara Seibert]]: ''Glokalisierung. Ein Begriff reflektiert gesellschaftliche Realitäten. Einstieg und Debattenbeiträge.'' 2. Auflage. LIT Verlag, Münster 20162017, ISBN 978-3-643-13807-1.

* [[Leo McCann]]: A Very Short, Fairly Interesting and Reasonably Cheap Book about Globalization, Thousand Oaks, CA 2018, ISBN 978-1-4739-1911-2

* [[Stefan Zenklusen]]: ''Kritik der Glokalisierung – Über den Triumph des Monokulturalismus.'' Königshausen & Neumann, Würzburg 2021, ISBN 978-3-8260-7323-6.

=== Journals ===

* ''Glocalism. Journal of culture, politics and innovation''. Mailand: Globus et Locus. {{ISSN |2283-7949}} ([[Open-Access-Zeitschrift|Open Access]]).

== Einzelnachweise ==