„Jassir Arafat“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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{{Hauptartikel|Jordanischer Bürgerkrieg}}

Ende der 1960er Jahre wuchsen die Spannungen zwischen der PLO und der jordanischen Regierung; palästinensische Milizen ''(Fedayin)'' hatten faktisch einen Staat im Staate Jordanien etabliert und kontrollierten strategische Positionen wie die Öl-Raffinerien bei [[Zarqa]]. Jordanien betrachtete diese Umstände als eine wachsende Bedrohung seiner Souveränität und seiner Sicherheit und versuchte, die palästinensischen Milizen zu entwaffnen. Im Juni 1970 brachen nach einem fehlgeschlagenen palästinensischen Attentat auf den jordanischen König offene Kämpfe aus, die mit der Flucht der PLO aus [[Jordanien]] in den [[Libanon]] endeten. Wurde die Schlacht von Karame als erster historischer Sieg der PLO angesehen, so erlitt sie unter Arafats Führung 1970 mit dem [[Schwarzer September (Aufstand)|Schwarzen September]] eine schwere Niederlage. Dieser musste zunächst nach [[Kairo]], dann in den Libanon fliehen.

==== Rede vor der UN-Vollversammlung 1974 ====

[[Datei:Arafat in Lebanon.jpg|mini|hochkant=0.8|links|Jassir Arafat 1977 in einem palästinensischen Flüchtlingslager im Südlibanon]]

Im Oktober 1974 erkannte die Vollversammlung der Vereinten Nationen die PLO als Befreiungsbewegung an. Daraufhin lud sie Arafat als Vertreter ein, um an den Debatten teilzunehmen. Erstmals sah die Tagesordnung keine Thematisierung des arabisch-israelischen Konflikts oder der Flüchtlingsproblematik vor, sondern der „Palästinafrage“. Am 13. Novembern eröffnete Arafat die Debatte in der Vollversammlung. Seine Rede entstand allerdings nicht alleine: Arafat hatte sie mit seinen Beratern aufgesetzt und [[Mahmud Darwisch|Mahmoud Darwisch]] zum Korrekturlesen gebeten. Darwisch machte verschiedene Anmerkungen, die Arafat akzeptierte. Arafat war jedoch mit dem Schlussteil unzufrieden. Die Korrektur führte zum berühmten Satz: „Ich bin mit einem Olivenzweig in der einen und dem Gewehr des Revolutionärs in der anderen Hand hierher gekommen. Lasst nicht zu, dass der grüne Zweig aus meiner Hand fällt!“. Die Rede wurde dann von 43 Mitgliedern des PLO-Zentralrates kontrolliert. Arafats Rede war eine Gradwanderung: Diese musste einerseits konsensfähig sein, aber auch den „radikalsten Empfindungen Raum bieten", so Amnon Kalpeliuk. Deshalb wurden die Resolutionen des Nationalrates aus dem Juni 1974 über die Einrichtung einer nationalen Autorität in den befreiten Gebieten nicht erwähnt. Dennoch sprach Arafat von einem „demokratischen multikonfessionellen Staat“ auf dem gesamten „Boden Palästinas“. Auf die Juden kam er auch zu sprechen: In einem demokratischen Staat würden ihnen die gleichen Rechte zugesprochen, die sie vom „Zionismus,der Ursache allen Übels“ befreien würde. Den Vorwurf des Terrorismus an die PLO wies er zurück und bezeichnete die Teilung Palästinas als einen „Komplott.“ Die Reaktionen auf die Rede waren unterschiedlich: Während Israel die Rede boykottierte, verwiesen alle Journalisten auf die historische Bedeutung der Rede. Mahmoud Darwisch nannte sie einen „unvergesslichen Augenblick“. Mit dieser Rede vollendete Arafat den Weg der Legitimierung der PLO, auf den er sie führte. Dazu verhalf ihm die Rede zur internationalen Anerkennung. Der Biograf Amnon Kapeliuk nannte sie einen der bemerkenswertesten Reden in der Karriere Arafats. Am 22. November 1974 erkannte die Vollversammlung der UN in der Resolution 3236 das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung, Souveränität und nationale Unabhängigkeit an. Sie gewährte der PLO den Status eines ständigen Beobachters bei der UNO und ihren Institutionen. Diese erlaubte ihnen mit den Mitgliedsstaaten gleichberechtigt an den Debatten teilzunehmen.<ref>Amnon Kapeliuk: ''Yassir Arafat: Die Biographie.'' Palmyra, Heidelberg 2005, S. 157–160.</ref>[[Datei:Arafat in Lebanon.jpg|mini|hochkant=0.8|links|Jassir Arafat 1977 in einem palästinensischen Flüchtlingslager im Südlibanon]]

==== Rede vor der UN-Vollversammlung ====

{{Belege}}

Aufsehen erregte der historische Auftritt Arafats vor der [[UN-Vollversammlung]] am 13.&nbsp;November 1974, bei dem er in Uniform, mit der [[Kufiya]] und umgeschnalltem Pistolenholster eine Rede hielt, die von arabischen und kommunistischen Staaten mit Begeisterung aufgenommen wurde.

In der Rede reklamierte Arafat den alleinigen Machtanspruch über Palästina für die PLO. Er sprach davon, eine Welt ohne Kolonialismus, Imperialismus, Neokolonialismus und ohne „Rassismus in all seinen Ausformungen, einschließlich des [[Zionismus]]“ schaffen zu wollen. Arafat vermied es, von ''Israel'' zu sprechen, um dem Staat jegliche Legitimität abzusprechen, und verwendete stattdessen den Begriff ''zionistische Entität''. Den Zionismus stellte er in dieser Rede als eine ''imperialistische, kolonialistische und rassistische Ideologie'' dar, die –&nbsp;''dezidiert reaktionär und diskriminierend''&nbsp;– mit dem [[Geschichte des Antisemitismus seit 1945|Antisemitismus]] gleichzusetzen sei. Ferner wiederholte er ein altes antisemitisches Stereotyp, wonach der Zionismus wolle, dass die Juden ihren Heimatländern keine Loyalität entgegenbrächten und sich über ihre Mitbürger erhöben. Er sprach der [[Vereinte Nationen|UNO]] das Recht ab, das unteilbare ''Heimatland der Palästinenser'' zu teilen, und wies damit den Teilungsbeschluss von 1947 zurück. Auch behauptete er, der [[Palästinakrieg|Palästinakrieg von 1948]] sei von Israel und nicht von den arabischen Staaten begonnen worden.

Die PLO erhielt als legitime politische Vertretung der Palästinenser Beobachterstatus bei der UNO. Das [[Kufiya|Palästinensertuch]] –&nbsp;drapiert wie die Konturen Palästinas&nbsp;– gehörte ebenso wie das Holster auch später zu seinen Markenzeichen, ohne die er selten auftrat.

Eine weitere bedeutende Rede hielt er am 13.&nbsp;Dezember 1988. Ein Novum war hier, dass die PLO die UN-Resolution anerkannte und Willen zum Kompromiss zeigte. Die gewaltsamen Aktionen der PLO wollte Arafat allerdings als legitimen Widerstand verstanden wissen. In dieser Rede wird auch jene Interpretation der [[Liste der UN-Resolutionen|Resolution 194 der UN-Vollversammlung]] bekräftigt, nach der diese das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge garantiere, womit er eine Doktrin festlegte, die auch heute noch, zumindest in offiziellen Verlautbarungen der PLO, Bestand hat. In der Rede gestand Arafat den Juden nicht explizit ein Recht auf nationale Selbstbestimmung zu und akzeptierte nicht ausdrücklich, dass Israel ein ''jüdischer Staat'' sein könnte.

Als Konsequenz des israelischen [[Libanonfeldzug]]s gegen das Hauptquartier der PLO in [[Beirut]] im Juli/August 1982 musste Arafat nach [[Tunesien]] fliehen. Er verließ mit seinen Gefolgsleuten das von Israel besetzte Beirut und errichtete einen neuen PLO-Sitz im Exil in [[Tunis]].