„Karl-Jaspers-Klinik Wehnen“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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== Geschichte ==

=== 19. und frühes 20. Jahrhundert ===

Auf dem Gelände, das heute die Karl-Jaspers-Klinik Wehnen einnimmt, befand sich ab dem Zeitpunkt der Gründung am 15. März 1858 die „Irrenanstalt zu Wehnen“, zunächst ausgelegt für 80 Patienten.<ref>[https://www.karl-jaspers-klinik.de/Ueber_uns/Unternehmen/Historie.php ''Geschichte der Karl-Jaspers-Klinik. Von der Gründung bis zur Jahrhundertwende: 1858-1900.''] Abgerufen am 8. Juli 2019.</ref> Erster Direktor war [[Franz Ludwig Anton Kelp]].<ref>''Kelp, Franz Ludwig Anton.'' In: Hans Friedl u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''[[Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg]].'' Hrsg. im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft. Isensee, Oldenburg 1992, ISBN 3-89442-135-5, S.&nbsp;366–367 ([http://www.lb-oldenburg.de/pdf/biohandb/ijk.pdf online]).</ref> Trotz der stark abwertend klingenden Bezeichnung „Irrenanstalt“ war deren erster Leiter ein renommierter Wissenschaftler, der zahlreiche Publikationen in den einschlägigen Fachorganen vorlegte und 1862 zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und gerichtliche Psychologie gewählt wurde.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-vechta.de/geschichtswissenschaft/lehrende/vogel-christine/zwischen-fuersorge-und-zwang |titel=Zwischen Fürsorge und Zwang. Digitale Quellenedition zur Psychiatriegeschichte des Herzogtums Oldenburg |hrsg=uni-vechta.de |abruf=2024-09-16}}</ref> Seine Nachfolger im späten 19. Jahrhundert und bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hegten, wie seinerzeit viele ihrer Kollegen in Deutschland und anderen Industriestaaten, starke Sympathie für die Lehre der [[Eugenik]], auch „Rassenhygiene“ genannt.<ref>Jennifer Reh: ''„Rassenhygiene“ im „Dritten Reich“ – spezifisch nationalsozialistisches Unrecht?'' In: ''Göttinger Rechtszeitschrift''. Ausgabe 1/2020. S. 37–46</ref>

Im Jahre 1903 erfolgte die Namensänderung in „Heil- und Pflegeanstalt Wehnen“. Bis zur Jahrhundertwende im Jahr 1900 war die Patientenzahl der Einrichtung auf 225, bis 1911 auf 310 angestiegen, so dass zusätzliche Krankenstationen und Wirtschaftsgebäude benötigt wurden, die in den Folgejahren im [[Pavillonstil]] errichtet wurden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.karl-jaspers-klinik.de/ueber-uns/historie |titel=Die wichtigsten Meilensteine in unserer Geschichte |hrsg=karl-jaspers-klinik.de |abruf=2024-09-15}}</ref>

Die „Irrenanstalt zu Wehnen“ war bereits im 19. Jahrhundert nicht die einzige Einrichtung zur Landespsychiatrie im Oldenburgischen. Im Jahr 1862 nahm die „Bewahr- und Pflegeanstalt [[Kloster Blankenburg]]“ den Betrieb auf. In ihr wurde [[Ingo Harms]] (einem bis zu seiner [[Emeritierung]] an der [[Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg]] forschenden und lehrenden Historiker) zufolge die Aufgabe der Pflege von Patienten von Anfang an stark vernachlässigt. Deshalb bezeichnet er die Anstalt als „Billigvariante“ der „Irrenheilanstalt“ Wehnen.<ref>{{Internetquelle |autor=Ingo Harms |titel=Wo liegen die Gräber? Eine Spurensuche in Erinnerung an die ermordeten Gertrudenheim-Kinder. Ingo Harms und Schülerinnen und Schüler der Freien Waldorfschule Oldenburg im Auftrag der Gedenkstätte Wehnen |url=http://oops.uni-oldenburg.de/3591/1/harms_ingo_etal_blankenburg_201805.pdf |hrsg=oops.uni-oldenburg.de |seiten=6 |datum=2018-05 |abruf=2024-09-13}}</ref>

Laut einem im „[[Deutsches Ärzteblatt|Deutschen Ärzteblatt]]“ im Jahr 2001 veröffentlichten Artikel<ref>{{Internetquelle |autor=Birgit Hibbeler |titel=Euthanasie im Dritten Reich: „Ich klage an“ |url=https://www.aerzteblatt.de/archiv/29143/Euthanasie-im-Dritten-Reich-Ich-klage-an |hrsg=aerzteblatt.de |datum=2001 |abruf=2024-09-16}}</ref> gab es erste Überlegungen, die später zum „Euthanasie“-Programm der Nationalsozialisten führten, bereits 1913. Das Menschenbild der Psychiatrie und ihre unwissenschaftlichen Krankheitsbegriffe seien [[Klaus Dörner]], dem Mitbegründer des „Bundes der Euthanasie-Geschädigten und Zwangssterilisierten“, zufolge der Nährboden für die Verbrechen an Patienten während der [[Zeit des Nationalsozialismus]] gewesen. Bereits während des Ersten Weltkrieges seien ungefähr 70.000 Patienten in Anstalten den Hungertod gestorben, was vor allem deshalb nicht skandalisiert worden sei, weil in Kriegszeiten auch „gesunde“ Menschen unter Lebensmittelrationierungen und Hunger leiden müssten. Bereits in den 1920er Jahren hätten einzelne Juristen und Psychiater die „Freigabe der ‚Vernichtung [[Lebensunwertes Leben|lebensunwerten Lebens]]‘“ vorgeschlagen.

=== Zeit des Nationalsozialismus ===

Ingo Harms veröffentlichte mehrere Bücher und Artikel über die Einrichtung in Wehnen. Durch Studium der Manuskripte zu den Krankenakten konnte er nachweisen, dass in Wehnen ca. 1500 Patienten aus dem NS-[[Gau Weser-Ems]]<ref>{{Internetquelle |autor=Gerwin Möller |titel=Gedenkstätte in Wehnen. Scherf: Bremen wird sich beteiligen |url=https://www.weser-kurier.de/stadt-delmenhorst/der-gedenkkreis-wehnen-bekommt-prominente-unterstuetzung-doc7pjzcmb1j76muvrm74p |hrsg=weser-kurier.de |datum=2023-03-23 |abruf=2024-09-12}}</ref> getötet wurden. Dort wurden nicht die im Zuge der [[Aktion T 4]] verwendeten Methoden der direkten Tötung angewandt, sondern die Patienten wurden vernachlässigt. Daraus ergibt sich die Formulierung „''Hunger''-Euthanasie“. Zu den konkreten Todesursachen schreibt Harms: Die Patienten in Wehnen „starben, weil man sie über lange Zeiträume nicht ausreichend ernährte; weil man ihnen den Speiseplan einschränkte und Lebensmittelpakete von Angehörigen einbehielt. Sie starben, weil in vielen Räumen, in denen die pflegebedürftigen Menschen untergebracht waren, die Raumtemperatur zuweilen erheblich heruntergesetzt wurde, um Heizkosten zu sparen und sie so körperlich geschwächt sich auch der grassierenden Krankheiten kaum erwehren konnten.“ Diese Form der „Hunger-Euthanasie“ wurde sehr früh im Oldenburgischen und dort in den Anstalten Wehnen, Gertrudenheim (Kinderpsychiatrie) und Kloster Blankenburg praktiziert.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.volksbund.de/fileadmin/redaktion/Mediathek/Wehnen_Final_Pulttafel-Wehnen-12-7-2023.pdf |titel=NS-„Euthanasie“ in Wehnen 1935 bis 1947 |hrsg=Gedenkstätte Wehnen, Volksbund |abruf=2024-09-16}}</ref>

Hauptverantwortlich für das Massensterben in Wehnen sei, so Harms, das Management des 1924 gegründeten „Landesfürsorgeverbandes Oldenburg“, der in der NS-Zeit sein Bestreben forciert habe, „offensiv Vermögen zu bilden“. „Die Vernachlässigung der Patienten war nicht die Folge, sondern die Voraussetzung für die Vermögensbildung.“, resümiert Harms. Eine karitativ angelegte Institution habe sich unter der Hand zu einer Institution entwickelt, die die Gewinnmaximierung in den Vordergrund gestellt habe.<ref>{{Internetquelle |autor=Frank Keil |titel=Landesfürsorgeverband Oldenburg im NS: Verhungernlassen für den Profit |url=https://taz.de/Landesfuersorgeverband-Oldenburg-im-NS/!5940721/ |hrsg=taz.de |datum=2023-08-23 |abruf=2024-09-11}}</ref> Vorreiter der in Wehnen praktizierten Methode, Krankentötungen nicht offen als solche erscheinen zu lassen, waren Kurt Mönch, der bereits ab 2024 als leitender Arzt der Klinik fungierte,<ref>{{Internetquelle |url=https://gedenkstaette-wehnen.de/gedenkstatte-wehnen/ |titel=Gedenkstätte Wehnen. Der historische Ort |hrsg=gedenkstaette-wehnen.de |abruf=2024-09-16}}</ref> und Carl Ballin, der als Vorstandsmitglied des Landesfürsorgeverbandes zugleich leitender Beamter im oldenburgischen Innenministerium war.<ref>{{Internetquelle |autor=Ingo Harms |titel=Wo liegen die Gräber? Eine Spurensuche in Erinnerung an die ermordeten Gertrudenheim-Kinder. Ingo Harms und Schülerinnen und Schüler der Freien Waldorfschule Oldenburg im Auftrag der Gedenkstätte Wehnen |url=http://oops.uni-oldenburg.de/3591/1/harms_ingo_etal_blankenburg_201805.pdf |hrsg=oops.uni-oldenburg.de |seiten=5 |datum=2018-05 |abruf=2024-09-13}}</ref>

VonHauptverantwortlich 1935für bisdas 1937 warenMassensterben in derWehnen „Heil-sei, undso Pflegeanstalt“Harms, Wehnendas auchManagement Kinderdes 1924 gegründeten „Landesfürsorgeverbandes untergebrachtOldenburg“, die zuvorder in der „BewahrNS-Zeit undsein Pflegeanstalt“Bestreben Gertrudenheimforciert inhabe, Oldenburg„offensiv „bewahrt“Vermögen wordenzu waren<!--bilden“. wovor?„Die -->.Vernachlässigung Imder JahrPatienten 1937war wurdennicht siedie inFolge, sondern die EinrichtungVoraussetzung [[Klosterfür Blankenburg]]die verlegtVermögensbildung.“, woresümiert vieleHarms. durchEine Anwendungkaritativ derselbenangelegte MethodenInstitution wiehabe insich Wehnenunter der Hand zu Todeeiner kamenInstitution entwickelt, die die Gewinnmaximierung in den Vordergrund gestellt habe.<ref>{{Internetquelle |autor=IngoFrank HarmsKeil |titel=WoLandesfürsorgeverband liegenOldenburg dieim Gräber?NS: EineVerhungernlassen Spurensuchefür inden ErinnerungProfit an|url=https://taz.de/Landesfuersorgeverband-Oldenburg-im-NS/!5940721/ die|hrsg=taz.de ermordeten|datum=2023-08-23 Gertrudenheim|abruf=2024-Kinder.09-11}}</ref> IngoVorreiter Harmsder undin SchülerinnenWehnen undpraktizierten SchülerMethode, Krankentötungen nicht offen als solche erscheinen zu lassen, waren Kurt Mönch, der Freienvon Waldorfschule1924 Oldenburgbis im1937 Auftragals leitender Arzt der GedenkstätteKlinik Wehnenfungierte,<ref>{{Internetquelle |url=httphttps://oops.unigedenkstaette-oldenburgwehnen.de/3591gedenkstatte-wehnen/1/harms_ingo_etal_blankenburg_201805.pdf |hrsgtitel=oopsGedenkstätte Wehnen.uni-oldenburg.de |seiten=7Der historische Ort |datumhrsg=2018gedenkstaette-05wehnen.de |abruf=2024-09-1316}}</ref> Diejenigenund vonCarl ihnenBallin, dieder dasals JahrVorstandsmitglied 1941des nochLandesfürsorgeverbandes erlebten,zugleich wurdenleitender amBeamter 19.im Septemberoldenburgischen 1941Innenministerium in die fränkischen Anstalten [[Erlangen]] und [[Kutzenberg]] deportiertwar.<ref>{{Internetquelle |autor=Ingo Harms |titel=Wo liegen die Gräber? Eine Spurensuche in Erinnerung an die ermordeten Gertrudenheim-Kinder. Ingo Harms und Schülerinnen und Schüler der Freien Waldorfschule Oldenburg im Auftrag der Gedenkstätte Wehnen |url=http://oops.uni-oldenburg.de/3591/1/harms_ingo_etal_blankenburg_201805.pdf |hrsg=oops.uni-oldenburg.de |seiten=65 |datum=2018-05 |abruf=2024-09-13}}</ref> Ab September 1941 war die im Oldenburgischen angewandte Methode reichsweit zum Hauptverfahren der Tötung angeblich „[[Lebensunwertes Leben|lebensunwerten Lebens]]“ geworden.

Kurt Mönch nahm 1925 an einem Fortbildungskurs „über angewandte Erblichkeitsforschung und ihre Beziehung zur Sozial- und Rassehygiene“ teil, benutzte Anstaltspatienten für Versuche im Sinne des „medizinischen Fortschritts“ und tat sich mit Veröffentlichungen auf rassehygienischem Gebiet hervor. Er kam im Rahmen seiner „Forschung“ u.&nbsp;a. zu dem Ergebnis, dass [[Epilepsie]] und „[[Schwachsinn]]“ meist miteinander einhergingen und dass diese beiden Formen der „Minderwertigkeit“ auf ein „primitives Erbgut“ zurückgingen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.gegenwind-whv.de/euthanasie-in-wehnen/ |titel=Euthanasie in Wehnen |werk=Gegenwind. Zeitung für Arbeit. Frieden. Umweltschutz. Ausgabe 154 |hrsg=gegenwind-whv.de |datum=1999-09-15 |abruf=2024-09-21}}</ref>

Die Karl-Jaspers-Klinik bestätigt in ihrer aktuellen Chronik die Richtigkeit der meisten Forschungsergebnisse Ingo Harms'. Allerdings legt sie Wert auf die Feststellung, dass „eine direkte Beteiligung an der sogenannten ‚Aktion T4‘ – eine nach 1945 gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen im Dritten Reich – nicht belegt“ sei.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.karl-jaspers-klinik.de/ueber-uns/historie |titel=Die wichtigsten Meilensteine in unserer Geschichte |hrsg=karl-jaspers-klinik.de |abruf=2024-09-15}}</ref>

Von 1935 bis 1937 waren in der „Heil- und Pflegeanstalt“ Wehnen auch Kinder untergebracht, die zuvor in der „Bewahr- und Pflegeanstalt“ Gertrudenheim in Oldenburg „bewahrt“ worden waren<!-- wovor? -->. Im Jahr 1937 wurden sie in die Einrichtung [[Kloster Blankenburg]] verlegt, wo viele durch Anwendung derselben Methoden wie in Wehnen zu Tode kamen.<ref>{{Internetquelle |autor=Ingo Harms |titel=Wo liegen die Gräber? Eine Spurensuche in Erinnerung an die ermordeten Gertrudenheim-Kinder. Ingo Harms und Schülerinnen und Schüler der Freien Waldorfschule Oldenburg im Auftrag der Gedenkstätte Wehnen |url=http://oops.uni-oldenburg.de/3591/1/harms_ingo_etal_blankenburg_201805.pdf |hrsg=oops.uni-oldenburg.de |seiten=7 |datum=2018-05 |abruf=2024-09-13}}</ref> Diejenigen von ihnen, die das Jahr 1941 noch erlebten, wurden am 19. September 1941 in die fränkischen Anstalten [[Erlangen]] und [[Kutzenberg]] deportiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Ingo Harms |titel=Wo liegen die Gräber? Eine Spurensuche in Erinnerung an die ermordeten Gertrudenheim-Kinder. Ingo Harms und Schülerinnen und Schüler der Freien Waldorfschule Oldenburg im Auftrag der Gedenkstätte Wehnen |url=http://oops.uni-oldenburg.de/3591/1/harms_ingo_etal_blankenburg_201805.pdf |hrsg=oops.uni-oldenburg.de |seiten=6 |datum=2018-05 |abruf=2024-09-13}}</ref> Ab September 1941 war die im Oldenburgischen angewandte Methode reichsweit zum Hauptverfahren der Tötung angeblich „lebensunwerten Lebens“ geworden.

Die Karl-Jaspers-Klinik bestätigt in ihrer aktuellen Chronik die Richtigkeit der meisten Forschungsergebnisse Ingo Harms'Harms’. Allerdings legt sie Wert auf die Feststellung, dass „eine direkte Beteiligung an der sogenannten ‚Aktion T4‘ – eine nach 1945 gebräuchlich gewordene Bezeichnung für die systematische Ermordung von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen im Dritten Reich – nicht belegt“ sei.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.karl-jaspers-klinik.de/ueber-uns/historie |titel=Die wichtigsten Meilensteine in unserer Geschichte |hrsg=karl-jaspers-klinik.de |abruf=2024-09-15}}</ref>

=== Nachkriegszeit ===

Ingo Harms zufolge sei eine Patientin in der „Heil- und Pflegeanstalt Wehnen“ noch 1947 verstorben, weil „das Bereicherungssystem sogar noch unter den Augen der [[Britische Besatzungszone|britischen Militärregierung]] in der Nachkriegszeit fortgesetzt wurde.“<ref>Ingo Harms: ''Buchhaltung und Krankenmord: die oldenburgische Anstaltsfürsorge 1932-1948''. BIS-Verlag der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. 2016, ISBN 978-3-8142-2344-5</ref> Der „Bund der Zwangssterilisierten und ‚Euthanasie‘-Geschädigten (BEZ)“ bescheinigte auch nach 1945 weiterhin einflussreichen Ärzten und Juristen, durch ihren Einfluss sei es zu ihren Lebzeiten in der Bundesrepublik Deutschland zu einer „faktischen Fortdauer nationalsozialistischen Rechtsverständnisses und entsprechender ideologischer Dispositionen“ gekommen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.euthanasiegeschaedigte-zwangssterilisierte.de/dokumente/bez-erklaerung-75-jahrestag-gzven-mit-unterzeichner.pdf |titel=14. Juli 2008 – 75 Jahre der Verabschiedung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN) – 1. Januar 2009 – 75 Jahre des Inkrafttretens des GzVeN. Zwangssterilisierte und „Euthanasie“-Geschädigte als Verfolgte der NS-Rassenpolitik endlich entschädigen |hrsg=www.euthanasiegeschaedigte-zwangssterilisierte.de |datum=2008-07-14 |abruf=2024-09-18}}</ref> Kurt Mönch erhielt am 15. Januar 1948 seine Niederlassungserlaubnis als Facharzt für Nervenkrankheiten in der Gemeinde [[Westerstede]].<ref>{{Internetquelle |url=http://www.gegenwind-whv.de/euthanasie-in-wehnen/ |titel=Euthanasie in Wehnen |werk=Gegenwind. Zeitung für Arbeit. Frieden. Umweltschutz. Ausgabe 154 |hrsg=gegenwind-whv.de |datum=1999-09-15 |abruf=2024-09-21}}</ref>

[[Datei:БадKarl-Jaspers-Klinik ЦвишенанWehnen, Психиатрическая клиникаGebäude 1 - Karl-Jaspers-Haus (2023).jpg|mini|Karl-Jaspers-Klinik (20192023)]]

Den Namen „Heil- und Pflegeanstalt Wehnen“ behielt die Einrichtung bis in die 1970er Jahre bei. Im Jahr 1974 übernahm der [[Bezirksverband Oldenburg]] des Landessozialhilfeverbands die Trägerschaft für die Klinik, 1975 das Land Niedersachsen. Im Zuge des Trägerwechsels wurde die Klinik in „Niedersächsisches Landeskrankenhaus Wehnen“ umbenannt. Ein erneuter Trägerwechsel fand im Jahr 2007 statt. Neuer Träger der Einrichtung in Wehnen wurde der Psychiatrieverbund Oldenburger Land gGmbH. Im Rahmen dieses Trägerwechsels wurde am 1. August 2007 die Einrichtung nach dem Oldenburger Philosophen und Psychiater [[Karl Jaspers]] benannt. In zeitlichem Zusammenhang mit der Umbenennung im Jahr 1975 verwandelte sich das zuvor „eher unspezifische […] Großkrankenhaus […] zu einer psychiatrischen und psychotherapeutischen Fachklinik mit 425 Betten“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.ndr.de/geschichte/Wehnen-Geschichte-Heil-und-Pflegeanstalt-NS-Zeit-Euthanasie,wehnen124.html |titel=Wehnen: Anstalt mit düsterer Vergangenheit |hrsg=ndr.de |datum=2017-09-07 |abruf=2024-09-15}}</ref> Im Jahr 1990 gab die Klinik die inzwischen als problematisch erkannte Tradition auf, Langzeitpatienten zu „bewahren“ und zu betreuen. Durch die Schließung des „Langzeitbereichs“ halbierte sich 1990 zunächst die Bettenzahl.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.karl-jaspers-klinik.de/ueber-uns/historie |titel=Die wichtigsten Meilensteine in unserer Geschichte |hrsg=karl-jaspers-klinik.de |abruf=2024-09-16}}</ref>

Vier Jahre nach der Veröffentlichung der [[Dissertation]] Ingo Harms’ im Jahr 1996 (siehe Weblinksdas Literaturverzeichnis) hatten Angehörige Ermordeter immer noch große Schwierigkeiten, von Behörden, die bis zur Jahrtausendwende für den Fall zuständig waren, zutreffende Informationen über Leben und Sterben ihrer Angehörigen zu erhalten. Dies gelang ihnen selbst mit Ingo Harms’ Unterstützung nicht, obwohl die meisten für die Krankenmorde verantwortlichen Ärzte damals bereits verstorben und die übrigen im Ruhestand waren. Ein erster Schritt zu einer kooperativeren Haltung der seinerzeitigen Klinikleitung erfolgte durch die [[Kabinett Gabriel|niedersächsische Landesregierung]]: Die im Jahr 2000 amtierende niedersächsische Sozialministerin [[Heidrun Merk]] setzte die Bewilligung von Finanzmitteln für ein Mahnmal in Wehnen durch.<ref>{{Internetquelle |url=https://taz.de/Die-Namenlosen-von-Wehnen/!1247472/ |titel=Die Namenlosen von Wehnen |hrsg=taz.de |datum=2000-02-21 |abruf=2024-09-15}}</ref> Eine Ausstellung in der [[Alte Pathologie Wehnen|Alten Pathologie]], die sich auf dem Klinikgelände befindet, erinnert seit 2004 an die Opfer in der Zeit des Nationalsozialismus. Systematische Recherchen zu dem Thema „Hunger-Euthanasie in Wehnen“ – vor allem durch Ingo Harms – veranlasste die [[Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg]] im Jahr 2005. An 88 namentlich bekannte Opfer aus dem Landkreis Vechta wird seit dem 1. September 2024 durch die [[Gedenkstätte für die Menschenwürde]] in Vechta erinnert.

Die Thematik der Krankenmorde in Wehnen nahm 2017 der Film ''[[Ich werde nicht schweigen]]'' von Esther Gronenborn auf.

Für den Zeitraum vom 15. Februar 2023 bis zum 14. Februar 2026 bewilligte das [[Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur|Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur]] (MWK) ein Forschungsprojekt der [[Universität Vechta]] mit dem Titel: „Zwischen Fürsorge und Zwang. Digitale Quellenedition zur Psychiatriegeschichte des [[Herzogtum Oldenburg|Herzogtums Oldenburg]]“. <!-- Das Projekt befasst sich schwerpunktmäßig mit den Verhältnissen im 19. Jahrhunderts, in dem das Land Oldenburg ein GROSSHERZOGTUM war.-->Durch das Projekt soll dem Thema der NS-Patientenmorde eine „historische Tiefendimension“ gegeben werden, an der es den meisten Studien bislang mangele.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-vechta.de/geschichtswissenschaft/lehrende/vogel-christine/zwischen-fuersorge-und-zwang |titel=Zwischen Fürsorge und Zwang. Digitale Quellenedition zur Psychiatriegeschichte des Herzogtums Oldenburg |hrsg=uni-vechta.de |abruf=2024-09-16}}</ref>

== Einrichtung im 21. Jahrhundert ==

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Бад Цвишенан, Психиатрическая клиника 3.jpg|Parkähnliche Anlage bei Gebäude 5

Karl-Jaspers-Klinik Wehnen, Gebäude 13 - Kurt-Schneider-Haus Auffahrt (2023).jpg|Unbehinderter Zugang zum Haus 13

Franz-Nissl-Haus der Karl-Jaspers-Klinik Wehnen (2023).jpg|Franz-Nissl-Haus mit Sitzbank und Fahrrad

Karl-Jaspers-Klinik Wehnen - Gebäude 24 Therapiehof (2023).jpg|Therapiehof der Klinik in einem [[Gulfhaus]]

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Ausdruck einer inhaltlichen Neuorientierung im Vergleich zur Dominanz des Denkens in Kategorien der Eugenik bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein ist das aktuelle [[Unternehmensleitbild|Leitbild]] der Karl-Jaspers-Klinik. Dieses verpflichtet das Personal der Klinik zu Wissenschaftlichkeit und Patientenorientierung und Führungskräfte zu Mitarbeiterorientierung. „Dabei gehen wir von einem mehrdimensionalen Krankheitskonzept aus, das die Wechselwirkung psychischer, sozialer, biographischer, somatischer und hirnorganischer Dimensionen beinhaltet.“<ref>{{Internetquelle |url=https://www.karl-jaspers-klinik.de/fileadmin/content/files/Mediathek_Infoflyer/Weitere_Informationen/RZ_KJK_Flyer_Leitbild_2023_WEB.pdf |titel=Unser Leitbild – Auftrag. Selbstverständnis. Ziele |hrsg=karl-jaspers-klinik.de |abruf=2024-09-18}}</ref> Im „Geschäftsbericht 2011“ betonte der Geschäftsführer der Klinik, diese stehe für eine „Öffnung der Psychiatrie nach außen.“ Dem Geschäftsführer sei es wichtig, „die [[Stigmatisierung|Entstigmatisierung]] psychisch kranker Menschen voranzutreiben und Vorurteile abzubauen.“<ref>{{Internetquelle |url=https://www.karl-jaspers-klinik.de/fileadmin/content/files/Mediathek_Infoflyer/Weitere_Informationen/KJK_Geschaeftsbericht_2011.pdf |titel=Geschäftsbericht 2011 |hrsg=karl-jaspers-klinik.de |datum=2012 |abruf=2024-09-18}}</ref>

Die Klinik verfügt über ca. 1.0001000 Beschäftigte, 591 [[Planbett|Betten]] im vollstationären und 84 Plätze im teilstationären Bereich (Stand 2020).<ref>[https://www.karl-jaspers-klinik.de/Ueber_uns/Unternehmen/Daten_und_Fakten.php ''Daten und Fakten.''] Karl-jaspers-klinik.de; abgerufen am 31. August 2020.</ref> Sie hat den [[Sicherstellungsauftrag]] für die stationäre psychiatrische Versorgung der Landkreise [[Landkreis Ammerland|Ammerland]], [[Landkreis Cloppenburg|Cloppenburg]], [[Landkreis Oldenburg|Oldenburg]], [[Landkreis Vechta|Vechta]], [[Landkreis Wesermarsch|Wesermarsch]], [[Landkreis Wittmund|Wittmund]] sowie der Städte [[Delmenhorst]] und Oldenburg.

== Einrichtung ==

Die Klinik verfügt über ca. 1.000 Beschäftigte, 591 [[Planbett|Betten]] im vollstationären und 84 Plätze im teilstationären Bereich (Stand 2020).<ref>[https://www.karl-jaspers-klinik.de/Ueber_uns/Unternehmen/Daten_und_Fakten.php ''Daten und Fakten.''] Karl-jaspers-klinik.de; abgerufen am 31. August 2020.</ref> Sie hat den [[Sicherstellungsauftrag]] für die stationäre psychiatrische Versorgung der Landkreise [[Landkreis Ammerland|Ammerland]], [[Landkreis Cloppenburg|Cloppenburg]], [[Landkreis Oldenburg|Oldenburg]], [[Landkreis Vechta|Vechta]], [[Landkreis Wesermarsch|Wesermarsch]], [[Landkreis Wittmund|Wittmund]] sowie der Städte [[Delmenhorst]] und Oldenburg.

Neben zwei allgemeinpsychiatrischen Funktionsbereichen umfasst das Behandlungsangebot die Bereiche Psychosomatik, Gerontopsychiatrie, Psychotherapie und Sucht, sowie [[forensische Psychiatrie]] (Jugendforensik). Dazu kommen eine [[Tagesklinik]] und Ambulanz auf dem Krankenhausgelände, sowie Tageskliniken in den Städten [[Cloppenburg]], [[Delmenhorst]], [[Bad Zwischenahn]], [[Westerstede]] und [[Brake (Unterweser)]].

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[[Kategorie:Karl Jaspers]]

[[Kategorie:Psychiatrische Klinik in Niedersachsen]]

[[Kategorie:Krankenhaus in Niedersachsen]]