„Lustprinzip“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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{{Dieser Artikel|beschreibt den Begriff aus der Psychoanalyse; für das gleichnamige Album von Egotronic siehe [[Lustprinzip (Album)]].}}

Das '''Lustprinzip''' ist eine Theorie, die [[Sigmund Freud]] auf dem Wege der '''[[Traumanalyse]]''' gewann und formulierte. Entgegen einem weit verbreiteten Irrtum bezieht er das Lustprinzip in seinen jüngeren Werken nicht (mehr) nur auf das Streben nach sog. "sexueller" '''[[Lust]]'''. Aus Beobachtungen von Kleinkindern schloss er zwar auf ein von Geburt an bestehendes Luststreben, dies war jedoch so vielgestaltig/ unspezifisch, daß er es nicht als Vorläufer ausschließlicher sexueller '''[[Lust]]''' zu bezeichnen vermochte. Anstatt dessen ersann er zur Benennung des kindlichen Lustverhaltens den Begriff der "polimorphen Perversionen" - ein Kunstgriff, der ihm erforderlich schien um von den zweitgenössischen Forschern überhaupt annäherend verstanden zu werden, da diese den Kindern körperliche Lustbetätigung konsequent abgesprochen haben. Auch galten um die Wende letzten Jahrhundert alle sonstigen Arten der Lust, die nicht direkt und ausschließlich nur im Dienste der Vermehrung stehen - wie der "homoertische" Lustaustausch - als 'perverse' Entartung.

Das '''Lustprinzip''' ist ein zentrales Konzept der klassischen [[Psychoanalyse|psychoanalytischen Theorie]] von [[Sigmund Freud]] (1856–1939), weil grundlegend für viele seiner weiteren theoretischen Vorstellungen. So ist nach Freuds Auffassung die [[Topik (Psychologie)|topologische]] Struktur des [[Strukturmodell der Psyche#Es|Es]] Voraussetzung für das Streben nach sofortiger und ungehinderter Befriedigung elementarer [[Triebtheorie|Triebe]] bzw. [[Innenpsychologie|innerer]] Bedürfnisse. Das Erleben von Lust ist nach dem [[Konstanzprinzip]] identisch mit dem Abbau von Triebspannung. Der komplementäre psychische Wirkmechanismus zum Lustprinzip ist das sogenannte [[Realitätsprinzip]]. Dieses erfordert Anpassung an die [[Außenpsychologie|Außenwelt]] und ihre Gegensätze. Das notwendige Gleichgewicht zwischen Lust- und Realitätsprinzip wird durch [[Verdrängung (Psychoanalyse)|Verdrängung]] unlustbesetzter Vorstellungen aufrechterhalten.

Entgegen einem weit verbreiteten Irrtum bezieht Freud das Lustprinzip in seinen späteren Werken nicht mehr ausschließlich auf das sexuelle [[Lust]]empfinden, sondern kommt zu dem Ergebnis, dass es für jede Art von Bedürfnissen oder Mängeln maßgeblich ist, die ein Lebewesen ausgleichen muss, um sich und seine Art zu erhalten.

Die kindlichen polimorph'perversen' Regungung äußern sich nicht nur in der Befriedigung über die [[Geschlechtsorgan]]e [Onanie bereits im Mutterleib/ Kindliche 'Doktorspiele'), sondern ganz allgmein in jeder Form des [[Lustgewinn]]s durch [[Körperkontakt]], von Haut zu Haut zu mehreren, allein an Gegenständen sich reiben, Saugen, Nuckeln mit und ohne Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Nasebohren usf alle weiteren denkbaren der vielgestaltigen 'Perversionen ' / kein wörtlich zu nehmender Begriff also.. (lat. pervere: verdreht, 'unnatürlich', 'abartig') (Poli: viel / morphéin: Gestalt).

== Entwicklung der Theorie ==

Nicht zu dem polimorphperversen Lustverhalten der Kinder, gehört selbstverständlich die vollzogene Begattung und ihr orgasmischer Höhepunkt, da beides die hormonell/physische Entwicklung voraussetzt, welche erst während der Pubertät erreicht wird; Jedoch üben Kinder unter sich dieses Verhalten in ihren Spielen, sofern sie keinen Einschränkungen durch die Lustfeindlichkeit der moralischen Erziehung unterworfen werden. Deren Vollzug bis zum Ende, führt Freuds Theorie zufolge zu der '''[[Instinktreduktion]]''' des 'zivilisierten' Gesellschaftsmenschen (siehe auch: [[Neurose]] ), allerdings akzeptieren andere Richtungen diesen Ansatz nicht und vertreten abweichende oder auch unvereinbare Hypothesen.

=== Wirklichkeit ===

Aufgrund der [[Primärprozess|Primärvorgänge]] ist eine Tendenz zur Abkehr von der [[Realität]] erkennbar. Sie ist in [[ontogenetisch]]er und [[Evolution|entwicklungsgeschichtlicher]] Hinsicht konkretisierbar. Durch Verdrängung zieht sich psychische Tätigkeit zurück von Vorstellungen und Akten, welche Unlust erregen können.<ref name="FreudFGW8.11" />

=== Die Libido ===

Die Herkunft aller Formen der Lust, die auf der biologischen Ebene erkennbar werden, sah Freud in einer universalen, triebenergetischen Lebenskraft, die er [[Libido]] nannte, vergleichbar mit „[[vis vitalis|Lebenskraft]]“ bzw. „[[élan vital]]“ im Sinn [[Henri Bergson]]s.

An sich [[Monismus|monistisch]], äußere sich diese nicht empirisch messbare [[Energie]] ab dem Moment ihrer [[Materialisation|Verwirklichung]] dualistisch, d.&nbsp;h. nimmt nach Freud geist-körperliche oder zeit-räumliche Formen und Verhaltensweisen an, also zugleich den Aspekt der Psyche und Physis. Beide sind erst wieder im „Es“ harmonisch vereinigt. Vor allem ist dies der Fall in dem Moment, da das Gleichgewicht zwischen den sich mit Unlust meldenden Grundbedürfnissen und der (lustvollen) Befriedigung des ihnen innewohnenden Begehrens hergestellt worden ist.

Die Herkunft aller Formen der Lust verortete Freud über die biologische Ebene in einer universalen, Triebenergetischen Lebenskraft, die Libido, die an sich monistisch, ab Verwirklichung aber dualsitisch, psycho-physisch, geist-körperlich sich statisch gestalten und dynamisch verhält, beide Aspekte im "ES" - Freuds Begriff der Seele [die nicht mit der religiösen Seelenauffassung verwechselt werden darf!!) - harmonisch vereinigend, sobald das Gleichgewicht zwischen einem sich mit Unlust meldenden Grundbedürfnis und seiner (lustvollen) Befriedigung hergestellt worden ist, für eine Weile. Ein unbefriedigtes Grundbedürfnis, erzeugt demnach Spannungen auf entweder eher körperlicher oder eher geistiger Ebene, je nach dem welches es war, das unbefriedigt blieb, z. B. Einsamkeitsspannungen imfolger sozialer Frustrationen, oder Unsicherheit imfolge eines Sachverhaltes, der nicht (geistig) geklärt worden ist; beides verlangt auf seine je eigene Weise nach Befriedigung, Lustgewinn bis zur Sattheit des Bedürfnis...

Die in den früheren Werken Freuds vertretene Hypothese eines nur in der Sexualität wirkenden Lustprinzips war begründet in Patientinnen, die an der sog. [[Hysterie]] litten und deren Träume – wie mittels ihrer Freien Assoziationen deutlich wurde – häufig zu ihren unbewussten genitalen Bedürfnissen verwiesen.

Die Libido ist also die Quelle aller Unlust- und Lustgefühle; dabei hat das ICH/Bewußtsein - wie Freud den "Geist" ernannte - die Aufgabe, nach Klarheit in sich oder nach einer äußeren Lebensquelle zu suchen, Menschen, Nahrung, Versuchsobjekten, die geeignet sind, durch wechselseitig lustvollen Kontakt, 'egoistische' Einverleibung und experimentelle Manipulation mit Betrachtung der Ergebnisse bis zum Heureka!-Effekt der Erleuchtung die Spannungen abzubauen, welche sich durch die vorherigen Frustrationen ergaben. War die geistige Unruhe einem geheimnissvollen, von Schreckens- und Lustvollen Symbol handelnden Traum bezogen, so forderte Freud auf zu '''[[Freie Assoziation]]en''' über die Symbole - das Mittel zum Zweck der Bahnung des "Königsweges in das Unbewußte", die [[Traumanalyse]] der freudschen Psychoanalyse, die das Lustprinzip entdeckte. Der psychoanalytischen Theorie gemäß, ist sie selbst nur ein Ausdruck der Libido und ihres Lustprinzips auf dem Gebiet des Geistes, nicht mit ihr identisch. Entsprechend erhebt sie auch keinen Anspruch auf absolute Wahrheit, sondern stellt sich zwecks ihrer weiteren Verbesserung zur Diskussion (geistige Lustausübung im Sinne der Befriedigung des Grundbedürfnis "Neugierde"; Wissensdrang).

=== Kindliche Lust ===

Aus Beobachtungen von Kleinkindern schloss Freud bald auf ein von Geburt an bestehendes Luststreben. Dies erschien ihm jedoch als so vielgestaltig und unspezifisch, dass er es nicht als Vorläufer ausschließlich sexueller [[Lust]] bezeichnen wollte. Stattdessen prägte er zur Benennung des kindlichen Lustverhaltens den aus heutiger Sicht irreführend anmutenden Begriff der „polymorphen Perversionen“ – eine Maßnahme, die Freud ergriff, um von seinen zeitgenössischen Fachkollegen überhaupt annähernd verstanden zu werden, da in dieser Zeit Kindern die körperliche Lustbetätigung von der Religion wie der Wissenschaft konsequent abgesprochen wurde. Kindheit war als „asexuell“ definiert, also unschuldiger Engelszustand im Sinne der kirchlichen Lehre.

Die so genannten ''polymorph-perversen''<ref group="Anm">Um 1900 nannte man alle Arten der Lust, die nicht direkt und ausschließlich nur im Dienste der [[Fortpflanzung]] stehen - wie der „homoerotische“ Lustaustausch - eine 'perverse' Entartung. So galt es etwa als unschickliche Obszönität, den Appetit auf eine bestimmte Speise mit "Lust auf .." zu benennen. Der Begriff 'Perversionen' wurde von Freud nie wörtlich verstanden (lat.: ''perversum'' = verdreht, unnatürlich, abartig. Griech.: ''poly-'' = viel und ''morphos'' = Gestalt).</ref> kindlichen Regungen äußern sich nach Freud nicht nur in der Befriedigung über die [[Geschlechtsorgan]]e ([[Onanie]] bereits in der Wiege, 'Doktorspiele'), sondern ganz allgemein in jeder Form des Lustgewinns durch [[Körperkontakt]] (Haut an Haut zu mehreren, allein an Gegenständen sich reiben, Saugen, Nuckeln mit und ohne Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Nasebohren usw.). Schon Ansätze von Lustfeindlichkeit durch einschränkende moralische Erziehung führen Freuds Theorie zufolge zu einer Einschränkung der natürlichen Antriebe und zu [[Neurose]]n.

==Siehe auch==

*[[Interpassivität]]

== Das Lustprinzip ==

Freud entdeckte das Lustprinzip anhand der [[Traumanalyse]], aus deren Befunden er den Hauptteil seiner Erkenntnisse gewann. Das Anstreben von Lust und vernunftgelenktes Meiden von Unlust verkörpern die zwei elementarsten Aspekte des Lustprinzips. Das Lustprinzip wirkt sowohl in dem Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme zur unmittelbaren Lebenserhaltung wie auch in der sexuellen Lustbefriedigung zur arterhaltenden Vermehrung, ferner im geistigen Streben nach Lust (Wissensdurst), im Sozialen und in den anderen naturgemäßen Bedürfnissen.

Ein unbefriedigtes Grundbedürfnis ist reines [[Begierde|Begehren]]. Es erzeugt wesensmäßig ''energetische'' Spannungen, die entweder auf eher körperlicher oder auf eher geistiger Ebene spürbar werden; je nachdem, welches Bedürfnis es war, das unbefriedigt blieb. In Frage kommen z.&nbsp;B. Einsamkeitsspannungen infolge sozialer Frustrationen, oder Unsicherheit infolge eines Sachverhaltes, der (geistig) nicht geklärt wurde; ebenso "Hunger" als vielleicht reinste Form des immer auf Triebenergie reduzierbaren Verlangens. Jeder der Antriebe verlangt auf seine je eigene Weise nach Befriedigung (Lustgewinn bis zur Stillung des Bedürfnisses).

Es wird dabei nach dem Prinzip der Triebökonomie verfahren, d.&nbsp;h. die Energie investiert zunächst etwas von sich selbst, um die Erzeugung von Unlustgefühlen wie z.&nbsp;B. Hunger zu bewirken. Erst deren innere Wahrnehmung veranlasst den Organismus – &nbsp;d.&nbsp;h. sein "Ich"&nbsp; – nach den zu ihrer Stillung geeigneten Objekten zu suchen, wobei als Mehrwert der Investition Lust gewonnen wird.

Das [[Das Unbewusste|ICH/Bewusstsein]] hat dabei die Aufgabe, nach Klarheit in sich und nach äußeren Lebensquellen zu suchen: So sind Menschen also fähig, im wechselseitig fruchtbaren Austausch die sozialen Spannungen abzubauen, die sich aus einer vorherigen Frustration ergaben, oder auch sich um Nahrung zu kümmern, bei der sich die Lust über deren Einverleibung einstellt.

== Siehe auch ==

* [[Strukturmodell der Psyche]]

* [[Interpassivität]]

* [[Hedonismus]]

== Literatur ==

* Sigmund Freud: ''Jenseits des Lustprinzips''. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig, Wien und Zürich 1920 (Erstdruck), 2. überarbeitete Auflage 1921, 3. überarb. Auflage 1923

* Marie-Ann Lenner: ''Benjamin Barber: Psychologische Dimensionen der Demokratietheorie''. GRIN Verlag, Norderstedt 2011, S. 3 ff. ([https://books.google.de/books?id=mnH2DTSGcXcC&dq=Lustprinzip+sigmund+freud&hl=de&source=gbs_navlinks_s online])

== Weblinks ==

{{Wiktionary}}

* [http://kulturkritik.net/begriffe/begr_txt.php?lex=lustprinzip Lustprinzip] – Erläuterung auf ''kulturkritik.net''

* [http://das-freudsche-lustprinzip.blogspot.de/ Lustprinzip, Realitätsprinzip, Traumdeutung]

== Einzelnachweise ==

<references>

<ref name="FreudFGW8.11">

[[Sigmund Freud]]: ''Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Geschehens''. [1911] In: Gesammelte Werke, Band VIII, „Werke aus den Jahren 1909-1913“, Fischer Taschenbuch, Frankfurt / M 1999, ISBN 3-596-50300-0; S.&nbsp;231 zu Stw. „Lustprinzip“.</ref>

</references>

== Anmerkungen ==

<references group="Anm"/>

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[[Kategorie:Psychoanalyse]]

[[Kategorie:Sigmund Freud]]