„Lustprinzip“ – Versionsunterschied – Wikipedia


Article Images
(10 dazwischenliegende Versionen von 9 Benutzern werden nicht angezeigt)

Zeile 1:

{{Dieser Artikel|beschreibt den Begriff aus der Psychoanalyse; für das gleichnamige Album von Egotronic siehe [[Lustprinzip (Album)]].}}

Das '''Lustprinzip''' ist ein Begriffzentrales innerhalbKonzept der klassischen [[Psychoanalyse|psychoanalytischen Theorie]] von [[Sigmund Freud]] (1856–1939), weil grundlegend für viele seiner weiteren theoretischen Vorstellungen. ErSo bezeichnetist dasnach StrebenFreuds Auffassung die [[Topik (Psychologie)|topologische]] Struktur des [[Strukturmodell der Psyche#Das Es|Es]] Voraussetzung für das Streben nach sofortiger Befriedigungund derungehinderter ihm innewohnendenBefriedigung elementarenelementarer [[Triebtheorie|Triebe]] bzw. [[Innenpsychologie|innerer]] Bedürfnisse. IndemDas diesErleben geschieht,von wirdLust Triebspannungist entladennach unddem den[[Konstanzprinzip]] damitidentisch verbundenenmit Unlust-Gefühlendem ausgewichen,Abbau bzw.von diese in ihr Gegenteil verwandeltTriebspannung. Der komplementäre psychische Wirkmechanismus zum Lustprinzip ist das sogenannte [[Realitätsprinzip]]. Dieses erfordert Anpassung an die [[Außenpsychologie|Außenwelt]] und ihre Gegensätze. Das notwendige Gleichgewicht zwischen Lust- und Realitätsprinzip wird durch [[Verdrängung (Psychoanalyse)|Verdrängung]] unlustbesetzter Vorstellungen aufrechterhalten.

Entgegen einem weit verbreiteten Irrtum bezieht Freud das Lustprinzip in seinen späteren Werken nicht mehr ausschließlich auf das sexuelle [[Lust]]empfinden, sondern kommt zu dem Ergebnis, dass es für jede Art von Bedürfnissen oder Mängeln maßgeblich ist, die ein Lebewesen ausgleichen muss, um sich und seine Art zu erhalten.

== Entwicklung der Theorie ==

=== Wirklichkeit ===

Aufgrund der [[Primärprozess|Primärvorgänge]] ist eine Tendenz zur Abkehr von der [[Realität]] erkennbar. Sie ist in [[ontogenetisch]]er und [[Evolution|entwicklungsgeschichtlicher]] Hinsicht konkretisierbar. Durch Verdrängung zieht sich psychische Tätigkeit zurück von Vorstellungen und Akten, welche Unlust erregen können.<ref name="FreudFGW8.11" />

=== Die Libido ===

Die Herkunft aller Formen der Lust, die auf der biologischen Ebene erkennbar werden, sah Freud in einer universalen, triebenergetischen Lebenskraft, die er [[Libido]] nannte, vergleichbar mit „[[vis vitalis|Lebenskraft]]“ bzw. „[[élan vital]]“ im Sinn [[Henri Bergson]]s.

Zeile 13 ⟶ 16:

=== Kindliche Lust ===

Aus Beobachtungen von Kleinkindern schloss Freud bald auf ein von Geburt an bestehendes Luststreben. Dies erschien ihm jedoch als so vielgestaltig und unspezifisch, dass er es nicht als Vorläufer ausschließlich sexueller [[Lust]] bezeichnen wollte. Stattdessen prägte er zur Benennung des kindlichen Lustverhaltens den aus heutiger Sicht irreführend anmutenden Begriff der „polymorphen Perversionen“ - eine Maßnahme, die Freud ergriff, um von seinen zeitgenössischen Fachkollegen überhaupt annähernd verstanden zu werden, da in dieser Zeit Kindern die körperliche Lustbetätigung von der Religion wie der Wissenschaft konsequent abgesprochen wurde. Kindheit war als „asexuell“ definiert, also unschuldiger Engelszustand im Sinne der kirchlichen Lehre.

Die so genannten ''polymorph-perversen''<ref group="Anm">Um 1900 nannte man alle Arten der Lust, die nicht direkt und ausschließlich nur im Dienste der [[Fortpflanzung]] stehen - wie der „homoerotische“ Lustaustausch - eine 'perverse' Entartung. So galt es etwa als unschickliche Obszönität, den Appetit auf eine bestimmte Speise mit "Lust auf .." zu benennen. Der Begriff 'Perversionen' wurde von Freud nie wörtlich verstanden (lat.: ''perversum'' = verdreht, unnatürlich, abartig. Griech.: ''poly-'' = viel und ''morphos'' = Gestalt).</ref> kindlichen Regungen äußern sich nach Freud nicht nur in der Befriedigung über die [[Geschlechtsorgan|Geschlechtsorgane]]e ([[Onanie]] bereits in der Wiege, 'Doktorspiele'), sondern ganz allgemein in jeder Form des [[Lustgewinn]]sLustgewinns durch [[Körperkontakt]] (Haut an Haut zu mehreren, allein an Gegenständen sich reiben, Saugen, Nuckeln mit und ohne Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Nasebohren usw.). Schon Ansätze von Lustfeindlichkeit durch einschränkende moralischenmoralische Erziehung führen Freuds Theorie zufolge zu einer Einschränkung der natürlichen Antriebe und zu [[Neurose]]n.

== Das Lustprinzip ==

Freud entdeckte das Lustprinzip anhand der [[Traumanalyse]], aus deren Befunden er den Hauptteil seiner Erkenntnisse gewann. Das Anstreben von Lust und vernunftgelenktes Meiden von Unlust verkörpern die zwei elementarsten Aspekte des Lustprinzips. Das Lustprinzip wirkt sowohl in dem Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme zur unmittelbaren Lebenserhaltung wie auch in der sexuellen Lustbefriedigung zur arterhaltenden Vermehrung, ferner im geistigen Streben nach Lust (Wissensdurst), im Sozialen und in den anderen naturgemäßen Bedürfnissen.

Ein unbefriedigtes Grundbedürfnis ist reines [[Begierde|Begehren]]. Es erzeugt wesensmäßig ''energetische'' Spannungen, die entweder auf eher körperlicher oder auf eher geistiger Ebene spürbar werden; je nachdem, welches Bedürfnis es war, das unbefriedigt blieb. In Frage kommen z.&nbsp;B. Einsamkeitsspannungen infolge sozialer Frustrationen, oder Unsicherheit infolge eines Sachverhaltes, der (geistig) nicht geklärt wurde; ebenso "Hunger" als vielleicht reinste Form des immer auf Triebenergie reduzierbaren Verlangens. Jeder der Antriebe verlangt auf seine je eigene Weise nach Befriedigung (Lustgewinn bis zur Stillung des Bedürfnisses).

Zeile 27 ⟶ 30:

== Siehe auch ==

* [[Strukturmodell der Psyche]]

* [[Interpassivität]]

* [[Hedonismus]]

Zeile 36 ⟶ 39:

== Weblinks ==

{{Wiktionary}}

* [http://kulturkritik.net/begriffe/begr_txt.php?lex=lustprinzip Lustprinzip] - Erläuterung auf ''kulturkritik.net''

* [http://das-freudsche-lustprinzip.blogspot.de/ Lustprinzip, Realitätsprinzip, Traumdeutung]

== Einzelnachweise ==

<references>

<ref name="FreudFGW8.11">

[[Sigmund Freud]]: ''Formulierungen über die zwei Prinzipien des psychischen Geschehens''. [1911] In: Gesammelte Werke, Band VIII, „Werke aus den Jahren 1909-1913“, Fischer Taschenbuch, Frankfurt / M 1999, ISBN 3-596-50300-0; S.&nbsp;231 zu Stw. „Lustprinzip“.</ref>

</references>

== Anmerkungen ==

<references group="Anm"/>

{{Normdaten|TYP=s|GND=4168338-9}}

[[Kategorie:Psychoanalyse]]