Lustprinzip


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Das Lustprinzip ist eine Theorie der klassischen Psychoanalyse von Sigmund Freud. Damit wird das universelle Streben des Es (also des unbewussten Teils der menschlichen Psyche, welcher aus den elementaren Trieben gebildet wird) bezeichnet, die sofortige Befriedigung seiner Verlangen zu fordern und durch Entladung von Triebspannungen der Unlust auszuweichen. Aus dem Lustprinzip entwickelt sich im Laufe des persönlichen Erfahrens das Realitätsprinzip des Ichs, welches ebenso auf den Lustgewinn hinzielt, jedoch unter Berücksichtigung der Realität.

Entwicklung der Lustprinzip-Theorie

Der restliche Artikel wurde zu einem erheblichen Teil auf der Basis von rein privaten, nicht-wissenschaftlichen Quellen (Userseiten im Freenet) gestaltet, wobei der Verdacht besteht, dass die zitierten Quellen von den Autoren dieses Wikipediaartikels verfasst wurden, weswegen der Artikel insoweit den Anspruch einer Enzyklopädie verfehlt. Gerbil 18:15, 10. Dez. 2006 (CET)

Entgegen einem weit verbreiteten Irrtum bezieht Freud das Lustprinzip in seinen späteren Werken nicht mehr nur auf das „sexuelle“ Lustempfinden, sondern kommt zu dem Ergebnis, dass es für jede Art von Bedürfnissen oder Mängeln maßgeblich ist, die das Lebewesen ausgleichen muss, um sich und seine Art zu erhalten. Das Lustprinzip wirkt sowohl in dem Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme zur unmittelbaren Lebenserhaltung wie auch in der sexuellen Lustbefriedigung zur arterhaltenden Vermehrung, ferner in geistigem Luststreben nach Erkenntnis, in dem sozialen und in den anderen naturgemäßen Bedürfnissen (s.u.), die als solche streng von den sog. Ersatzbedürfnissen unterschieden werden müssen.

Die in den früheren Werken Freuds vertretene Hypothese eines nur in der Sexualität wirkenden Lustprinzips war bedingt durch die häufig an sog. Hysterie leidenden ersten Patientinnen Freuds, deren Träume und Assoziationen dann zu den Genitalien und ihren Lustempfindungen verwiesen. Genitale Lust wurde damals ausschließlich der Sexualität zugerechnet. Aus Beobachtungen von Kleinkindern schloss Freud zwar bald auf ein von Geburt an bestehendes Luststreben. Dies war jedoch so vielgestaltig und unspezifisch, dass er es nicht als Vorläufer ausschließlich sexueller Lust bezeichnen wollte. Stattdessen prägte er zur Benennung des kindlichen Lustverhaltens den aus heutiger Sicht irreführend anmutenden Begriff der „polymorphen Perversionen“ - eine Maßnahme die Freud ergriff, um von seinen zeitgenössischen Fachkollegen überhaupt annäherend verstanden zu werden, da den Kindern die körperliche Lustbetätigung von der Religion wie Wissenschaft konsequent abgesprochen worden war. Die Kindheit war als „asexuell“ definiert, als unschuldiger Engelszustand im Sinne der Kirche. Überhaupt nannte man um 1900 alle Arten der Lust, die nicht direkt und ausschließlich nur im Dienste der Fortpflanzung stehen - wie der „homoerotische“ Lustaustausch - eine 'perverse' Entartung. Auch galt es als unschickliche Obszönität bei Tisch, etwa den Appetit auf eine bestimmte Speise mit "Lust auf .." zu benennen. So stellt es kein Wunder dar, dass Sigmund Freud vor 100 Jahren derartige Verklemmungen der Lust auf die zahlreichen 'hysterischen' Anfälle (vor allem bei den Mädchen aus vornehmen Häusern) zurückführte.

Die kindlichen polymorph-perversen Regungen äußern sich nach Freud nicht nur in der Befriedigung über die Geschlechtsorgane (Onanie bereits in der Wiege, 'Doktorspiele'), sondern ganz allgemein in jeder Form des Lustgewinns durch Körperkontakt, Haut an Haut zu mehreren, allein an Gegenständen sich reiben, Saugen, Nuckeln mit und ohne Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Nasebohren usw., alle weiteren denkbaren der vielgestaltigen, damals so genannten 'Perversionen ' - ein Begriff also, der von Freud nie wörtlich verstanden wurde (lat.: perversum = verdreht, unnatürlich, abartig. Griech.: poly- = viel und morphos = Gestalt), und dessen Verwendung heute in diesem Zusammenhange überholt ist.

Nicht zu dem vielgestaltigen gesunden Lustverhalten der Kinder gehört nach Freud die vollzogene Begattung; sie setzt die hormonell-physische Entwicklung voraus, welche erst während der Pubertät erreicht wird. Jedoch üben Kinder unter einander dieses Verhalten in ihren Spielen, sofern sie nicht durch die Lustfeindlichkeit der moralischen Erziehung eingeschränkt werden. Schon Ansätze davon führen Freuds Theorie zufolge zu einer Einschränkung der natürlichen Antriebe (s.a. Neurose) und dem respektiven Phänomen der beim sittlich erzogenen Menschen kaum beobachtbaren angeborenen Verhaltensmuster ('Instinkte'). Allerdings akzeptieren andere Richtungen - selbst sog. "Psychoanalytiker" - diesen Ansatz nicht und vertreten abweichende oder konträre Hypothesen.

Beispielsweise sieht der Soziologe Arnold Gehlen hinter diesem von Freud eher als Neurosis erachteten Phänomen keine Erkrankung der Psyche; er nimmt stattdessen an, der Mensch habe seine Instinkte im Lauf der Evolution aus dem Erbgut verloren und als kompensatorisch volltauglichen Ersatz sein einmalig großes Ego erhalten. Für die kritische Betrachtung der Aussagen und Implikationen dieser von ihm unter dem Stichwort "Instinktreduktion" publizierten Hypothese, ist es hilfreich, jene angeborenen Verhaltensmuster, die von der Ethologie als den höher evolutionierten Tieren angehörig erörtert werden, mit dem Verhalten des Menschen und seinen möglichen Ersatzbedürfnissen zu vergleichen. In Das Unbehagen in der Kultur erhoffte sich Freud diesbezüglich von einer künftigen Primatenforschung genauere Auskünfte als seinerzeit zur Verfügung standen.

Formulierung des Prinzips

Die Herkunft aller Formen der Lust, die auf der biologischen Ebene erkennbar werden, sah Freud über die Deutung der Träume in einer universalen, triebenergetischen Lebenskraft, die er die „Libido“ nannte. Auch hierbei wird noch heute oft von Kritikern und Befürwortern Freuds übersehen, dass er sie nicht als ausschließlich auf die Sexualität beschränkt erachtet hat. Wissenschaftlich vergleichbar ist der Begriff „Libido“ dem der „Lebenskraft“ bzw. „elan vital“ im Sinn Henri Bergsons. Das „elan vital“ verkörpert ein Prinzip, das im Grunde identisch ist des Freudschen Lustprinzips; Bergson hatte versucht, es in Darwins Evolutionstheorie einzuführen, weil ihm das reine Wirken aus Zufall und Notwendigkeit - unberechenbares Mutieren und Auslese der umweltpassendsten Mutanten - zu mechanistisch schien.

An sich monistisch, äußere sich diese selbst nicht empirisch messbare Energie ab dem Moment ihrer Verwirklichung dualistisch, d.h. nimmt nach Freud geist-körperliche oder zeit-räumliche Formen und Verhaltensweisen an, also zugleich den Aspekt der Psyche und Physis. Beide sind erst wieder im „ES“ – Freuds Begriff der Seele (die nicht mit der religiösen Seelenauffassung verwechselt werden darf, sich aber wesensmäßig deckt mit dem Daimonion Sokrates) - harmonisch vereinigt. Vor allem ist dies der Fall in dem Moment, da das Gleichgewicht zwischen den sich mit Unlust meldenden Grundbedürfnissen und der (lustvollen) Befriedigung des ihnen innewohnenden Begehrens* hergestellt worden ist /* das Verlangen der Energie, das Freud in den mythischen Namen des daimonischen Eros verkleidete, wie er von Platon in dem Dialog Das Gastmahl dargelegt wurde). Ein unbefriedigtes Grundbedürfnis ist also reines Begehren; es erzeugt wesensmäßig energetische Spannungen, die entweder auf eher körperlicher oder auf eher geistiger Ebene spürbar werden, je nachdem, welches Bedürfnis es war, das unbefriedigt blieb.

In Frage kommen z. B. Einsamkeitsspannungen infolge sozialer Frustrationen, oder Unsicherheit infolge eines Sachverhaltes, der (geistig) nicht geklärt wurde. Ebenso "Hunger" als vielleicht reinstes der 6 Formen immer auf Triebenergie reduzierbaren Verlangen. Jeder der Antriebe verlangt auf seine je eigene Weise nach Befriedigung (Lustgewinn bis zur Stillung des Bedürfnisses). Es wird dabei nach dem Prinzip der Triebökonomie verfahren, d.h. die Energie investiert zunächst etwas von sich selbst, um die Erzeugung von Unlustgefühlen wie den „Hunger“ zu bewirken. Erst deren innere Wahrnehmung veranlassen den Organismus - d.h. sein "Ich" - , nach den zu ihrer Stillung geeigneten Objekten zu suchen, wobei als Mehrwert der Investition Lust gewonnen wird. (Siehe hierzu auch die Ausführungen Lacans in Objekt klein a) Die hierbei gemachten Erfahrungen speichert das "Über-Ich" ab und das "ES" greift auf diese Prägungen zurück, das Ich anhand entsprechend emotionalisierter Symbole* anleitend, seine Aufgabe, dem ES bei der Stillung der Grundbedürfnisse zu dienen, umweltangemessen zu erfüllen. So stellt der Inhalt des Über-Ichs der Lebewesen von Natur aus nicht die lustfeindliche Moral dar wie oft angenommen wird.

Spannung und Entspannung - Wirken des Prinzips

Die Libido ist nach Freud die Quelle aller Unlust- und Lustgefühle. Dabei hat das ICH/Bewusstsein (wie Freud diese für alle innere und äußere Wahrnehmung zuständige Instanz der Psyche nannte) die Aufgabe, sowohl nach Klarheit in sich wie nach äußeren Lebensquellen zu suchen: Menschen also, die fähig sind, im wechselseitig fruchtbaren Austausch die sozialen Spannungen abzubauen, die sich aus einer vorherigen Frustration ergaben, oder auch nach Nahrung, bei der die Lust sich über deren Einverleibung einstellt. Geeignet sind auch z.B. wissenschaftliche Versuchsobjekte, deren experimentelle Manipulation mit Betrachtung der Ergebnisse ebenfalls Lust bereitet und gekrönt werden kann vom Heureka-Effekt einer naturwissenschaftlich fundierten Erkenntnis. Anstreben von Lust und vernunftgelenktes Meiden von Unlust verkörpern die zwei elementarsten Aspekte des Lustprinzips, das in Paarung geht mit dem Primat des Intellekts (s. auch epikuräische Ethik).

Verhältnis der Lust-/Unlustdynamik zur psychoanalytischen Theorie

War die geistige Unruhe einem geheimnisvollen, von erschreckenden und/oder lustvollen Symbolen handelnden Traum bezogen, so forderte Freud dazu auf, freie Assoziationen über die Symbole des Traumes zu gewinnen. Diese Assoziationen sind in seiner Lehre das zentrale Mittel zur Bahnung des „Königsweges in das Unbewußte“, der Traumanalyse, anhand deren Freud das Lustprinzip entdeckte und aus deren Befunden er den Hauptteil seiner Erkenntnisse gewonnen hat.

Der Psychoanalyse gemäß ist auch ihre Theorie selber - wie alle Symbole der Träume und selbst unsere Sprache - nur ein Ausdruck der Libido und ihres Lustprinzips auf dem Gebiet des Geistes, also nicht mit der Energie und ihrem zuerst von Epikur formulierten Prinzip des Strebens nach Lust und Meidens von Unlust identisch. Entsprechend erhebt, und kann die Theorie an sich keinen Anspruch auf absolute Wahrheit erheben, da dies ihre Erstarrung in einer bestimmten Form bedeuten würde, die Forschung überflüssig macht. Anstatt dessen stellt sie sich zwecks weiterer Verbesserung zur Diskussion. Gesundes Diskutieren verschafft Lust wie alle gesunden Bedürfnisse (die man von „Ersatzbedürfnissen“ unterscheiden muss). Es stellt einen Aspekt des „Forschens“ und seiner Experimentierfreude dar, die im Geist für sich betrachtet, ohne sonstige Absichten oder Bedürfnisse, nur der durch „Lust“ spürbar werdenden Befriedigung des Grundbedürfnisses „Wissensdrang“/ „Neugierde“ dient. Hierbei ist es wie bei der Nahrungsaufnahme: Mit dem Gewinn einer einleuchtenden Erkenntnis ist man satt. Nach einer Weile stellt sich das Bedürfnis nach Wiederholung des Lustgewinns durch Nahrungs- oder Informationsverarbeitung ein. Auch weitere Grundbedürfnisse: der Drang nach lustvollem Hautkontakt z.B., Sozialität und auch Sexualität, sind wie oben gesagt annehmbar.

Siehe auch

Aktuelle Diskussion um etholgisch gewonnene Grundbedürfnisse und "Ersatzbedürfnisse" (Instinktreduktion)