„Ovoid (Projektive Geometrie)“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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[[FileDatei:Ovoid-definition.svg|thumbmini|Zur Definition eines Ovoids: t Tangente, s Sekante]]

Ein '''Ovoid''' ist in der [[Projektive Geometrie|projektiven Geometrie]] eine kugelähnliche[[kugel]]ähnliche Punktmenge (Fläche) in einem [[Projektiver Raum|projektiven Raum]] der [[Dimension (Mathematik)|Dimension]] <math>n\ge3</math>. Ein Ovoid ist das räumliche Analogon zu einem [[Oval (Projektive Geometrie)|Oval in einer projektiven Ebene]]. Die einfachsten Beispiele in reellen projektiven Räumen sind Hyperkugeln (Quadriken[[Quadrik]]en).

Die wesentlichen geometrischen Eigenschaften eines Ovoids <math>\mathcal O</math> sind: 1) Eine [[Gerade]] trifft <math>\mathcal O</math> in höchstens 2 [[Punkt (Geometrie)|Punkten]], 2) Die Tangenten[[Tangente]]n in einem Punkt überdecken eine [[Hyperebene]] (und nicht mehr), 3) <math>\mathcal O</math> enthält keine Geraden. Eigenschaft 2) schließt ausgeartete Fälle ([[Kegel (Geometrie)|Kegel]],...) aus. Eigenschaft 3) schließt Regelflächen[[Regelfläche]]n (z.&nbsp;B. einschalige Hyperboloide) aus. Ein Ovoid ist das räumliche Analogon zu einem [[Oval (Projektive GeometrieHyperboloid]]e)|Oval in einer projektiven Ebene]]aus.

Auf der einen Seite macht die Tatsache, dass es keine [[Satz von Desargues|nicht-desarguesschen]] projektiven Räume gibt, die Diskussion gegenüber dem ebenen Fall (es gibt nicht-desarguessche Ebenen) einfacher, andererseits gibt es nicht in jedem [[Satz von Pappos|pappusschen Raum]] (projektiver Raum über einem Körper) eine Quadrik, die ein Ovoid ist. (In ''jeder'' pappusschen Ebene aber gibt es ovale Kegelschnitte [[Kegelschnitt]]e!)

Ein Ovoid ist aufgrund der Definition eine spezielle [[quadratische Menge]].

Ovoide spielen bei der Konstruktion von [[Möbius-Ebene]]n bzw. Möbius-Räumen eine wesentliche Rolle.

== Definition eines Ovoids ==

* Eine Menge <math>\mathcal O</math> von Punkten in einem projektiven Raum der Dimension <math>\ge 3</math> heißt ''Ovoid'', wenn gilt:

: (1) Eine beliebige Gerade <math>g</math> trifft <math>\mathcal O</math> in höchstens 2 Punkten.<br /> Falls <math>|g\cap\mathcal O|=0</math> ist, heißt <math>g</math> ''Passante'', falls <math>|g\cap\mathcal O|=1</math> ist, heißt <math>g</math> ''Tangente'' und falls <math>|g\cap\mathcal O|=2</math> ist, heißt <math>g</math> ''Sekante''.

: (2) Für jeden Punkt <math>P \in \mathcal O</math> gilt: Die Tangenten in <math>P</math> überdecken genau eine Hyperebene, die Tangential-Hyperebene, (projektiver Unterraum der Dimension <math>n-1</math>).

: (3) <math>\mathcal O</math> enthält keine Geraden.

Ein Ovoid ist bezüglich der Hyperebenenschnitte eine homogene Struktur, denn es gilt

Im ''endlichen'' Fall lässt sich ein Ovoid (analog zu einem endlichen Oval) erklären durch:

*Eine MengeIst <math>\mathcal O</math> vonein PunktenOvoid inund einem<math>\varepsilon</math> endlicheneine projektivenHyperebene, Raumdie derwenigstens Dimension2 Punke von <math>d \gemathcal 3O</math> undenthält, Ordnungso ist <math>n\varepsilon \cap \mathcal O</math> ein Ovoid (EineOval, geradefalls enthältd=3) in der Hyperebene <math>n+1\varepsilon</math> Punkte) heißt ''Ovoid'', wenn gilt:.

:(1) Eine beliebige Gerade <math>g</math> trifft <math>\mathcal O</math> in höchstens 2 Punkten.

:(2') <math>|\mathcal O|=n^{d-1}+1</math>.

*Ist <math>\mathcal O</math> ein Ovoid in einemFür ''endlichenendliche'' projektivenprojektive RaumRäume der Dimension <math>d=\ge 3</math> über(d.&nbsp;h. einemPunktmenge Körperund <math>K</math>Geradenmenge dersind Charakteristikendlich, <math>\neder 2</math>, soRaum ist <math>\mathcalüber O</math>einem eineKörper koordinatisierbar Quadrik.<ref>[[Peter Dembowski|P. Dembowski]]: ''Finite Geometries.'' Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S.&nbsp;4928</ref>) gilt:

Ersetzt man in der Definition das Wort projektiv durch affin, so erhält man die Definition eines ''affinen'' Ovoids.

* Ist <math>\mathcal O</math> ein Ovoid in einem ''endlichen'' projektiven Raum der Dimension <math>d\ge3</math>, so ist <math>{\color{red}d=3}</math>.

: (Es gibt also im endlichen Fall nur im 3-dimensionalen Raum Ovoide !) <ref>[[Peter Dembowski|P. Dembowski]]: ''Finite Geometries.'' Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S.&nbsp;48</ref>

* In einem projektiven Raum der ''Ordnung'' <math>n>2</math> (d.&nbsp;h. jede Gerade enthält <math> n+1</math> Punkte) und Dimension <math>d={\color{red}3}</math> ist eine Menge von Punkten <math>\mathcal O</math> genau dann ein Ovoid, wenn <math>|\mathcal O|=n^2+1</math> ist und keine drei Punkte von <math>\mathcal O</math> kollinear (auf einer Gerade) liegen.<ref>[[Peter Dembowski|P. Dembowski]]: ''Finite Geometries.'' Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S.&nbsp;48</ref>

Ersetzt man in der Definition das Wort projektiv durch affin, so erhält man die Definition eines ''affinen'' Ovoids.

Gibt es zu einem (projektiven) Ovoid eine passante Hyperebene, so kann man diese als Fernhyperebene erklären und das Ovoid ist in dem zugehörigen affinen Raum ein affines Ovoid. Umgekehrt ist jedes affine Ovoid in dem projektiven Abschluss (Zufügen einer Fernhyperebene) ein (projektives) Ovoid.

== Beispiele ==

=== imIm reellen projektiven Raum (inhomogene Darstellung) ===

#<math>\mathcal O=\{(x_1,...,x_d)\in \R^d \; |\; x_1^2+\cdots +x_d^2=1\}\ ,</math> (Hyperkugel)

#<math>\mathcal O=\{(x_1,...,x_d)\in \R^d \; | x_d=x_1^2+\cdots +x_{d-1}^2\; \} \; \cup \; \{\text{Fernpunkt der } x_d\text{-Achse}\}</math>

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Wie bei Ovalen erhält man hier einfache Beispiele, die keine Quadrken sind:

: (a) Man Füge eine halbe Hyperkugel und ein halbes Hyperellipsoid glatt zusammen.

: (b) Man ersetze in den ersten beiden Beispielen den Term <math>x_1^2</math> durch <math>x_1^4</math>.

''Bemerkung:'' Die reellen Beispiele lassen sich nicht auf den komplexen Fall (Räume über <math>\C</math>) übertragen. In komplexen projektiven Räumen der Dimension <math>d\ge 3</math> gibt es keine ovoidalen Quadriken. Im komplexen Fall liegen auf einer nichtausgearteten Quadrik immer Geraden.

Aber es gilt:

* In jedem ''nicht-endlichen'' projektiven Raum lassen sich mit Hilfe ''transfiniter Induktion'' Ovoide nachweisen. <ref> W. Heise: ''Bericht über <math>\kappa</math>-affine Geometrien'', Journ. of Geometry 1 (1971), S. 197-224197–224, Satz 3.4.</ref>

=== endlicheEndliche Beispiele ===

* Ist <math>\mathcal O</math> ein Ovoid in einem ''endlichen'' projektiven Raum der Dimension <math>d=3</math> über einem Körper <math>K</math>, soder istCharakteristik <math>{\color{red}d=3\ne} 2</math>, so ist <math>\mathcal O</math> eine Quadrik.<ref>[[Peter Dembowski|P. Dembowski]]: ''Finite Geometries.'' Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S.&nbsp;49</ref>

:(Es gibt also im endlichen Fall nur im 3-dimensionalen Raum Ovoide !) <ref>[[Peter Dembowski|P. Dembowski]]: ''Finite Geometries.'' Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S.&nbsp;48</ref>

*Ist <math>\mathcal O</math> ein Ovoid in einem ''endlichen'' projektiven Raum der Dimension <math>d=3</math> über einem Körper <math>K</math> der Charakteristik <math>\ne 2</math>, so ist <math>\mathcal O</math> eine Quadrik.<ref>[[Peter Dembowski|P. Dembowski]]: ''Finite Geometries.'' Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S.&nbsp;49</ref>

Dass das letzte Resultat im geraden Fall falsch ist, zeigen die folgenden Beispiele:

* Es sei <math>K=GF(2^m),\; m </math> ungerade und <math>\sigma</math> der Automorphismus <math> x \mapsto x^{(2^{\frac{m+1}{2}})}\; .</math><br />

Dann ist

:<math>\mathcal O=\{(x,y,z)\in K^3 \; |\; z=xy+x^2x^\sigma+y^\sigma \} \; \cup \; \{\text{Fernpunkt der } z\text{-Achse}\}</math> ein Ovoid im 3-dimensionalen projektiven Raum über <math>K</math> (in inhomogenen Koordinaten).

:<math>\mathcal O</math> ist nur im Fall <math>m=1</math> eine Quadrik. <ref>[[Peter Dembowski|P. Dembowski]]: ''Finite Geometries.'' Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S.&nbsp;52</ref>

:<math>\mathcal O</math> heißt '''Tits-Suzuki-Ovoid'''.

== Wann ist ein Ovoid eine Quadrik ? ==

Eine ovoidale Quadrik zeichnet sich durch besonders viele Symmetrien aus. Es gilt:

*Es sei <math>\mathcal O</math> ein Ovoid in einem projektiven Raum <math>\mathfrak P</math> und <math>\varepsilon</math> eine Hyperebene eines mindestens 2-dimensionalen desargueschen projektiven Raums (im 2-dim. Fall ist <math>\mathcal O</math> ein Oval) der Charakteristik <math>\ne 2</math>. Liegt das Ovoid symmetrisch zu jedem Punkt <math>P \in \varepsilon \setminus \mathcal O</math> (d.h. es gibt eine involutorische Perspektivität mit Zentrum <math>P</math>, die <math>\mathcal O</math> invariant lässt), so ist <math>\mathfrak P</math> pappussch und <math>\mathcal O</math> eine Quadrik. <ref>H. Mäurer: ''Ovoide mit Symmetrien an den Punkten einer Hyperebene'', Abh. Math. Sem. Hamburg 45 (1976), S.237-244</ref>.

*Ein Ovoid <math>\mathcal O</math> in einem ''pappusschen'' projektiven Raum ist eine Quadrik, wenn die Gruppe der <math>\mathcal O</math> invariant lassenden [[Projektivität]]en auf <math>\mathcal O</math> 3-fach transitiv operiert, d.h. zu 2 Tripeln von Punkten <math>A_1,A_2,A_3,\; B_1,B_2,B_3</math> gibt es eine Projektivität <math>\pi</math> mit <math>\pi(A_i)=B_i,\; i=1,2,3</math>. <ref>[[Jacques Tits|J. Tits]]: ''Ovoides à Translations'', Rend. Mat. 21 (1962), S. 37–59. </ref>

Im endlichen Fall folgt aus dem [[Satz von Segre (Projektive Geometrie)|Satz von Segre]]:

*Es sei <math>\mathcal O</math> ein Ovoid in einem ''endlichen'' desargueschen projektiven 3-dimensionalen Raum <math>\mathfrak P</math> ''ungerader'' Ordnung. Dann ist <math>\mathfrak P</math> pappussch und <math>\mathcal O</math> eine Quadrik.

== Verallgemeinerung: Halbovoid ==

Lässt man bei der Definition eines Ovoids die Bedingung (1) weg, so erhält man die Definition eines Halbovoids:

: Eine Punktmenge <math> \mathcal O</math> eines projektiven Raums heißt '''Halbovoid''' (engl.: ''semi ovoid''), wenn gilt:

:(HO1) Für jeden Punkt <math>P \in \mathcal O</math> gilt: Die Tangenten (Geraden, die mit <math> \mathcal O</math> nur einen Punkt gemeinsam haben) in <math>P</math> überdecken genau eine Hyperebene.

: (2'HO2) <math>|\mathcal O|=n^{d-1}+1</math> enthält keine Geraden.

''Halb'' hat also hier keine mengenmäßige Bedeutung, sondern bedeutet schwächere Voraussetzungen.

Ein Halbovoid ist eine spezielle ''hermitesche Menge'' (engl.: ''semi quadratic set'' <ref>[[Francis Buekenhout|F. Buekenhout]]: ''A Characterization of Semi Quadrics'', Atti dei Convegni Lincei 17 (1976), S. 393-421.</ref>), die eine Verallgemeinerung der ''[[quadratische Menge|quadratischen Menge]]'' ist. Die Eigenschaft, die eine hermitesche von einer quadratischen Menge unterscheidet, ist, dass eine Gerade mit einer hermiteschen Menge mehr als 2 Punkte gemeinsam haben kann ohne, dass sie ganz enthalten ist.

Beispiele von Halbovoiden sind isotrope Punktmengen von [[Hermitesche Form|hermiteschen Formen]], sog. ''hermitesche Quadriken''.

Auch für Halbovoide findet man in der Literatur Kriterien, wann ein Halbovoid eine hermitesche ''Quadrik'' ist. (z.B. <ref>K.J. Dienst: ''Kennzeichnung hermitescher Quadriken durch Spiegelungen'', Beiträge zur geometrischen Algebra (1977), Birkhäuser-Verlag, S. 83-85.</ref>)

Halbovoide werden analog den ovoidalen Möbiusebenen, zur Konstruktion von Möbius-Geometrien verwendet.

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== Literatur ==

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== Weblinks ==

* E. Hartmann: ''[http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/circlegeom.pdf Planar Circle Geometries, an Introduction to Moebius-, Laguerre- and Minkowski Planes.]'' Skript, TH Darmstadt (PDF; 891&nbsp;kB), S.&nbsp;121-123.

== Siehe auch ==