„Rechtslage Deutschlands nach 1945“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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Zeile 20:

Am 5. Juni verkündeten die Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in der [[Berliner Erklärung (Alliierte)|Berliner Erklärung]] die Übernahme der „oberste[n] Regierungsgewalt“ („supreme authority“ – was treffender mit „Staatsgewalt“ zu übersetzen gewesen wäre, da die Alliierten nicht nur die [[Regierungsgewalt]] übernahmen) in Deutschland. Eine [[Annexion]] fand ausdrücklich nicht statt:

<blockquote>

''„Die deutschen Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft sind vollständig geschlagen und haben bedingungslos kapituliert, und Deutschland, das für den Krieg verantwortlich ist, ist nicht mehr fähig, sich dem Willen der siegreichen Mächte zu widersetzen. Dadurch ist die bedingungslose Kapitulation Deutschlands erfolgt, und Deutschland unterwirft sich allen Forderungen, die ihm jetzt oder später auferlegt werden.“''

''„Es gibt in Deutschland keine zentrale Regierung oder Behörde, die fähig wäre, die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Ordnung, für die Verwaltung des Landes und für die Ausführung der Forderungen der siegreichen Mächte zu übernehmen.“''

''„Die Regierungen des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika, der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und die Provisorische Regierung der Französischen Republik übernehmen hiermit die oberste Regierungsgewalt in Deutschland, einschließlich aller Befugnisse der deutschen Regierung, des [[Oberkommando der Wehrmacht|Oberkommandos der Wehrmacht]] und der Regierungen, Verwaltungen oder Behörden der Länder, Städte und Gemeinden. Die Übernahme zu den vorstehend genannten Zwecken der besagten Regierungsgewalt und Befugnisse bewirkt nicht die Annektierung Deutschlands.“''

</blockquote>

Zeile 33:

Auf dem [[Deutsches Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937|Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen vom 31. Dezember 1937]] wurden die [[Ostgebiete des Deutschen Reiches|deutschen Ostgebiete]] unter vorläufige [[Verwaltungshoheit|Verwaltung]] Polens bzw. der Sowjetunion gestellt. Das restliche Gebiet wurde in vier [[Besatzungszone]]n aufgeteilt und das gemeinsame Besatzungsgebiet [[Groß-Berlin]] der Verwaltung der [[Alliierte Kommandantur|Alliierten Kommandantur]] unterstellt, die ihrerseits dem Alliierten Kontrollrat unterstand.

<blockquote>

''„Deutschland wird innerhalb seiner Grenzen vom 31. Dezember 1937 für Besatzungszwecke in drei Zonen aufgeteilt, von denen jeweils eine jeder der drei Mächte zugewiesen wird, und in ein besonderes Gebiet von Berlin, das der gemeinsamen Besatzung durch die drei Mächte unterworfen ist.“''<br />

([[Zonenprotokoll|Londoner Protokoll]] vom 12. September 1944; die entsprechende Erweiterung um [[Frankreich]] erfolgte erst auf der [[Konferenz von Jalta]] 1945.)

</blockquote>

Zeile 54:

Mit den 1955 in Kraft getretenen [[Pariser Verträge]]n vom 23. Oktober 1954 wurde das Besatzungsregime der Westalliierten in der Bundesrepublik beendet. Zu den Pariser Verträgen gehörte auch der [[Deutschlandvertrag]] vom 26. Mai 1952 in der Fassung vom 23. Oktober 1954, in dessen Artikel 1 Absatz 2 es hieß:

{{Zitat|''Die Bundesrepublik wird […] die volle Macht eines souveränen Staates über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten haben.''}}

Allerdings enthielt gleichzeitig Artikel 2 Vorbehalte bezüglich Berlin und Deutschland als Ganzem:

{{Zitat|''Im Hinblick auf die internationale Lage, die bisher die Wiedervereinigung Deutschlands und den Abschluß<!--sic--> eines Friedensvertrags verhindert hat, behalten die Drei Mächte die bisher von ihnen ausgeübten oder innegehabten Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung.''}}

Die Bundesrepublik verfügte also auch mit Inkrafttreten noch nicht wieder über ihre volle Souveränität.

Zeile 64:

Aufgrund der Entwicklung in der Bundesrepublik gab die Sowjetunion am 25. März 1954 eine einseitige Erklärung über die „Herstellung der vollen Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik“ ab:

{{Zitat|''1. Die UdSSR nimmt mit der Deutschen Demokratischen Republik die gleichen Beziehungen auf wie mit anderen souveränen Staaten.''}}

{{Zitat|''Die Deutsche Demokratische Republik wird die Freiheit besitzen, nach eigenem Ermessen über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten einschließlich der Frage der Beziehungen zu Westdeutschland zu entscheiden.''}}

{{Zitat|''2. Die UdSSR behält in der Deutschen Demokratischen Republik die Funktionen, die mit der Gewährleistung der Sicherheit in Zusammenhang stehen und sich aus den Verpflichtungen ergeben, die der UdSSR aus den Viermächteabkommen erwachsen.''|

zitiert nach Schweitzer<ref name="StaatsR6">Schweitzer: ''Staatsrecht III'', 8. Aufl., [[Randnummer|Rn]] 622.</ref>}}

Zeile 75:

Berlin verblieb demgegenüber in der Verantwortung der vier Besatzungsmächte. Zwar hatte die DDR mit Artikel 2 Satz 2 ihrer Verfassung vom 7. Oktober 1949 „Berlin“ zu ihrer Hauptstadt erklärt, während die Bundesrepublik „[[Groß-Berlin]]“ als zu ihr gehörig ansah, was in der alten Fassung des [[Artikel 23 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (1949)|Artikel 23 des Grundgesetzes]] vom 23. Mai 1949 zum Ausdruck kam:

{{Zitat|''Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.''}}

Doch hatten die (West-)Alliierten weder [[West-Berlin|West-]] noch [[Ost-Berlin]] je als Bestandteil der Bundesrepublik oder der DDR anerkannt, sondern Berlin (bzw. zumindest West-Berlin) entsprechend dem [[Viermächte-Status]], der für Berlin fortgalt, als weiterhin besetztes Gebiet behandelt (vgl. auch [http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv037057.html BVerfGE 37, 57 (60 f.)] – Haftbefehl in Berlin). Dies kommt auch im [[Viermächteabkommen über Berlin]] von 1971 zum Ausdruck, nach dem der Viermächtestatus für Berlin fortgalt.

Zeile 131:

Auch das [[Bundesverfassungsgericht]] war in zahlreichen Entscheidungen vom Fortbestand des Deutschen Reiches ausgegangen:

{{Zitat|''In wissenschaftlichen Erörterungen ist die Tatsache, daß nur die Wehrmacht und nicht die Regierung bedingungslos kapituliert hat, lediglich als Beweis für die Kontinuität eines einheitlichen Deutschland gewertet worden. Die Alliierten haben danach die Staatsgewalt in Deutschland kraft eigenen [[Besatzungsrecht|Okkupationsrechtes]], nicht kraft Übertragung durch eine deutsche Regierung ausgeübt; die Staatsgewalt der später neu gebildeten deutschen Regierungsorgane beruht nicht auf einer Rückübertragung durch die Alliierten, sondern stellt ursprüngliche deutsche Staatsgewalt dar, die mit dem Zurücktreten der Okkupationsgewalt wieder frei geworden ist.''|[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002001.html BVerfGE 2, 1 (56, Zit. Abs. 254)] von 1952 – [[Sozialistische Reichspartei|SRP]]-Verbot}}

{{Zitat|''Diese Auslegung des Art.&nbsp;11 GG ergibt sich nicht nur aus der im Grundgesetz verankerten grundsätzlichen Auffassung vom gesamtdeutschen Staatsvolk, sondern nicht minder aus der ebenfalls grundsätzlichen Auffassung vom gesamtdeutschen Staatsgebiet, und insbesondere von der gesamtdeutschen Staatsgewalt: Die Bundesrepublik Deutschland als der berufene und allein handlungsfähige Teil Gesamtdeutschlands, der staatlich wieder organisiert werden konnte, hat den Deutschen der sowjetischen Besatzungszone die Freizügigkeit auch wegen dieser grundsätzlichen Auffassung von dieser ihrer Position gewährt. Sie hat damit zugleich den Anspruch auf Wiederherstellung einer umfassenden deutschen Staatsgewalt gerechtfertigt und sich selbst als die Staatsorganisation des Gesamtstaates legitimiert, die bisher allein in Freiheit wieder errichtet werden konnte.''|[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002266.html BVerfGE 2, 266 (277, Zit. Abs. 30)] von 1953 – Notaufnahme}}

{{Zitat|''Die Annahme eines solchen Restbestandes gegenseitiger Rechtsbeziehungen setzt voraus, daß das Deutsche Reich als Partner eines solchen Rechtsverhältnisses über den 8. Mai 1945 hinaus fortbestanden hat, eine Rechtsauffassung, von der das Bundesverfassungsgericht […] ausgegangen ist.''|[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv003288.html BVerfGE 3, 288 (319 f., Zit. Abs. 92)] von 1954 – Berufssoldatenverhältnisse}}

{{Zitat|''Die rechtliche Struktur des staatlichen Partners hat sich freilich grundlegend gewandelt. Die Gewaltherrschaft brach zusammen. Das änderte aber nach herrschender und auch vom Gericht geteilter Auffassung nichts am Fortbestand des Deutschen Reichs und daher auch nichts am Fortbestand der von ihm geschlossenen internationalen Verträge, …''}}

{{Zitat|''Das Deutsche Reich, welches nach dem Zusammenbruch nicht zu existieren aufgehört hatte, bestand auch nach 1945 weiter, wenn auch die durch das Grundgesetz geschaffene Organisation vorläufig in ihrer Geltung auf einen Teil des Reichsgebiets beschränkt ist, so ist doch die Bundesrepublik Deutschland identisch mit dem Deutschen Reich.''|[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv006309.html BVerfGE 6, 309 (336&nbsp;ff., Zit. Abs. 160, Abs. 166)] von 1957 – [[Reichskonkordat]]}}

Die Haltung der Bundesrepublik hinsichtlich ihrer staats- und völkerrechtlichen Identität bzw. ihres Alleinvertretungsanspruchs änderte sich erst in den 1960er Jahren im Rahmen der [[Neue Ostpolitik|neuen Ostpolitik]], in der die Hallstein-Doktrin zugunsten eines „Wandels durch Annäherung“ aufgegeben wurde. Aspekte verschiedener Fortbestandstheorien wurden vereinigt. Man gelangte zu der Auffassung, dass die beiden deutschen Staaten füreinander nicht Ausland sein könnten. Aus der neuen Ostpolitik ging auch der [[Grundlagenvertrag]] hervor.

Zeile 144:

In seinem Urteil von 1973 über den Grundlagenvertrag, über den es nach einem Antrag der Bayerischen Staatsregierung auf [[abstrakte Normenkontrolle]] zu entscheiden hatte, stellte auch das Bundesverfassungsgericht unter Kombination verschiedener Fortbestandstheorien fest:

{{Zitat|''Das Grundgesetz&nbsp;– nicht nur eine These der Völkerrechtslehre und der Staatsrechtslehre!&nbsp;– geht davon aus, daß<!--sic--> das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hat und weder mit der Kapitulation noch durch Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die alliierten Okkupationsmächte noch später untergegangen ist; das ergibt sich aus der Präambel, aus Art. 16, Art. 23, Art. 116 und Art. 146 GG. Das entspricht auch der [[Ständige Rechtsprechung|ständigen Rechtsprechung]] des Bundesverfassungsgerichts, an der der Senat festhält. Das Deutsche Reich existiert fort […], besitzt nach wie vor Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation, insbesondere mangels institutionalisierter Organe selbst nicht handlungsfähig.''}}

{{Zitat|''Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert (vgl. Carlo Schmid in der 6. Sitzung des Parlamentarischen Rates&nbsp;– StenBer. S. 70). Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht ‚Rechtsnachfolger‘ des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat ‚Deutsches Reich‘,&nbsp;– in bezug auf seine räumliche Ausdehnung allerdings ‚teilidentisch‘, so daß insoweit die Identität keine Ausschließlichkeit beansprucht. Die Bundesrepublik umfaßt also, was ihr Staatsvolk und ihr Staatsgebiet anlangt, nicht das ganze Deutschland, unbeschadet dessen, daß sie ein einheitliches Staatsvolk des Völkerrechtssubjekts ‚Deutschland‘ (Deutsches Reich), zu dem die eigene Bevölkerung als untrennbarer Teil gehört, und ein einheitliches Staatsgebiet ‚Deutschland‘ (Deutsches Reich), zu dem ihr eigenes Staatsgebiet als ebenfalls nicht abtrennbarer Teil gehört, anerkennt. Sie beschränkt staatsrechtlich ihre Hoheitsgewalt auf den ‚Geltungsbereich des Grundgesetzes‘ […], fühlt sich aber auch verantwortlich für das ganze Deutschland (vgl. Präambel des Grundgesetzes). Derzeit besteht die Bundesrepublik aus den in Art. 23 GG genannten Ländern, einschließlich Berlin; der Status des Landes Berlin der Bundesrepublik Deutschland ist nur gemindert und belastet durch den sog. Vorbehalt der Gouverneure der Westmächte […]. Die Deutsche Demokratische Republik gehört zu Deutschland und kann im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland nicht als Ausland angesehen werden…''|[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv036001.html BVerfGE 36, 1 (15 ff.)] – Grundlagenvertrag}}

Im Teso-Beschluss von 1987 führte das Bundesverfassungsgericht aus:

{{Zitat|''Der Parlamentarische Rat hat das Grundgesetz nicht als Akt der Neugründung eines Staates verstanden; er wollte ‚dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung‘ geben, bis die ‚Einheit und Freiheit Deutschlands‘ in freier Selbstbestimmung vollendet sei (Präambel des Grundgesetzes). Präambel und Art. 146 GG fassen das gesamte Grundgesetz auf dieses Ziel hin ein: der Verfassungsgeber hat dadurch den Willen zur staatlichen Einheit Deutschlands normiert, der wegen der zwischen den Besatzungsmächten ausgebrochenen weltpolitischen Spannungen ernsthafte Gefahr drohte. Er wollte damit einer staatlichen Spaltung Deutschlands entgegenwirken, soweit dies in seiner Macht lag. Es war die politische Grundentscheidung des Parlamentarischen Rates, nicht einen neuen (‚westdeutschen‘) Staat zu errichten, sondern das Grundgesetz als Reorganisation eines Teilbereichs des deutschen Staates – seiner Staatsgewalt, seines Staatsgebiets, seines Staatsvolkes – zu begreifen. Dieses Verständnis der politischen und geschichtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland liegt dem Grundgesetz zugrunde. Das Festhalten an der deutschen Staatsangehörigkeit in Art. 116 Abs. 1, 16 Abs. 1 GG und damit an der bisherigen Identität des Staatsvolkes des deutschen Staates ist normativer Ausdruck dieses Verständnisses und dieser Grundentscheidung.''}}

{{Zitat|''Schon Art. 116 Abs. 1 Halbsatz 2 GG zeigt, daß das Grundgesetz von einer Regelungskompetenz über Fragen der deutschen Staatsangehörigkeit von Personen ausgeht, für die eine Anknüpfung an den Gebietsstand des Deutschen Reiches am 31. Dezember 1937&nbsp;– und damit auch über den räumlichen Anwendungsbereich des Grundgesetzes hinaus&nbsp;– gegeben ist.''}}

{{Zitat|''Der Senat hat wiederholt ausgesprochen, daß<!--sic--> das Grundgesetz vom Fortbestand des deutschen Staatsvolkes ausgeht […] und die Bundesrepublik, was ihr Staatsvolk und Staatsgebiet angeht, nicht ganz Deutschland umfaßt. Auch nach Abschluß<!--sic--> des Grundlagenvertrages ist die Deutsche Demokratische Republik ‚ein anderer Teil Deutschlands‘, sind etwa ihre Gerichte ‚deutsche Gerichte‘ […]. Erst wenn eine Trennung der Deutschen Demokratischen Republik von Deutschland durch eine freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechts besiegelt wäre, ließe sich die in der Deutschen Demokratischen Republik ausgeübte Hoheitsgewalt aus der Sicht des Grundgesetzes als eine von Deutschland abgelöste fremdstaatliche Gewalt qualifizieren.''}}

{{Zitat|''Weder das Grundgesetz selbst […] noch die auf seiner Grundlage gebildeten Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland haben diesen Vorgang als Untergang des deutschen Staates bewertet. Die Bundesrepublik Deutschland betrachtete sich vielmehr von Beginn an als identisch mit dem Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich. An dieser Subjektsidentität hat nichts zu ändern vermocht, daß sich die gebietsbezogene Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland auf den räumlichen Anwendungsbereich des Grundgesetzes beschränkt. Selbst eine endgültige Statusänderung von Teilen seines Staatsgebiets ändert nach Völkerrecht die Identität eines staatlichen Völkerrechtssubjekts nicht.''|[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv077137.html BVerfGE 77, 137 (150 ff.)] – Teso}}

Diese [[Staatsrecht (Deutschland)|staatsrechtlichen]] Beurteilungen durch die Bundesrepublik bzw. ihre Organe hatten allerdings nur insofern Bedeutung für die völkerrechtliche Frage nach der Rechtslage des Deutschen Reiches, als dass damit die Rechtsauffassung der Bundesrepublik dargelegt war.<ref name="StaatsR5">Schweitzer: ''Staatsrecht III'', 8. Aufl., Rn 637.</ref>

Zeile 184:

Bereits im Teso-Beschluss von 1987 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass auch die Personen, denen die [[Staatsbürgerschaft der DDR]] verliehen worden war, im Rahmen des [[ordre public (Deutschland)|ordre public]] deutsche Staatsangehörige waren:

<blockquote>

''„Der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik durch den Beschwerdeführer bewirkte, daß er zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne der Art. 16 Abs. 1, 116 Abs. 1 GG erworben hat. Diese Rechtswirkung trat nicht kraft oder aufgrund eines Erwerbstatbestandes des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes ein […]. Indes folgt aus dem Gebot der Wahrung der Einheit der deutschen Staatsangehörigkeit (Art. 116 Abs. 1, 16 Abs. 1 GG), das eine normative Konkretisierung des im Grundgesetz enthaltenen [[Wiedervereinigungsgebot]]s ist, daß dem Erwerb der Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik für die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen des ordre public die Rechtswirkung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit beizumessen ist.“''<br />

([http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv077137.html BVerfGE 77, 137 (148 f., Zit. Abs. 31)])

</blockquote>

Zeile 195:

Bereits in Artikel 7 Absatz 1 des 1955 in Kraft getretenen Deutschlandvertrags von 1952 ''(s.&nbsp;o.)'' hatten die Vertragsparteien Bundesrepublik Deutschland, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie die Französische Republik festgestellt, dass die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands bis zu einer frei verhandelten Friedensvereinbarung aufgeschoben werden müsse:

<blockquote>

''„Die Unterzeichnerstaaten sind darüber einig, daß ein wesentliches Ziel ihrer gemeinsamen Politik eine zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für ganz Deutschland ist, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden bilden soll. Sie sind weiterhin darüber einig, daß die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands bis zu dieser Regelung aufgeschoben werden muß.“''

</blockquote>

Zeile 205:

Im Vorfeld der Wiedervereinigung Deutschlands forderte dann insbesondere Polen eine endgültige Regelung. Daraufhin fassten der Deutsche Bundestag und die Volkskammer der DDR am 21. Juni 1990 gleichlautende Entschließungen, in denen sie ihren Willen zum Ausdruck brachten, die in den vorangegangenen Verträgen festgelegte Grenze endgültig durch völkerrechtlichen Vertrag festzulegen. Dies geschah noch im selben Jahr durch den zwischen der Bundesrepublik und der DDR sowie den vier Siegermächten abgeschlossenen [[Zwei-plus-Vier-Vertrag]] vom 12. September und den zwischen der Bundesrepublik und Polen geschlossenen [[Deutsch-polnischer Grenzvertrag|deutsch-polnischen Grenzvertrag]] vom 14. November:<ref name="StaatsR11">Schweitzer: ''Staatsrecht III'', 8. Aufl., Rn 572 f.</ref>

<blockquote>

''„Die Vertragsparteien bestätigen die zwischen ihnen bestehende Grenze, deren Verlauf sich nach dem Abkommen vom 6. Juni 1950 zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Republik Polen über die Markierung der festgelegten und bestehenden deutsch-polnischen Staatsgrenze und den zu seiner Durchführung und Ergänzung geschlossenen Vereinbarungen (Akt vom 27. Januar 1951 über die Ausführung der Markierung der Staatsgrenze zwischen Deutschland und Polen; Vertrag vom 22. Mai 1989 zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Volksrepublik Polen über die Abgrenzung der Seegebiete in der Oderbucht) sowie dem Vertrag vom 7. Dezember 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen bestimmt.“''<br />

(Artikel 1 des Deutsch-polnischen Grenzvertrags)

</blockquote>

Zeile 221:

In Artikel 7 des Zwei-plus-Vier-Vertrags vom 12. September 1990 hieß es dazu:

<blockquote>

''„(1) Die Französische Republik, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Als Ergebnis werden die entsprechenden, damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken beendet und alle entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.''<br />

''(2) Das vereinte Deutschland hat demgemäß volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.“''

</blockquote>