„Sven Hedin“ – Versionsunterschied – Wikipedia


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{{Dieser Artikel|behandelt den Entdeckungsreisenden, für den Biochemiker siehe [[Sven Gustaf Hedin]].}}

[[Datei:Sven Hedin 01.jpg|mini|Sven Hedin]]

[[Datei:Sven Hedin signature detail, from- 1935-Hedin-Sven-Rueckseite (cropped).svg|mini]]

[[Datei:COA sv Sven Hedin.png|mini|Wappen Sven Hedins]]

'''Sven Anders Hedin''', [[Order of the Indian Empire|KCIE]] (* [[19. Februar]] [[1865]] in [[Stockholm]]; † [[26. November]] [[1952]] ebenda) war ein [[Schweden|schwedischer]] [[Geograph]], [[Topograf|Topograph]], [[Entdeckungsreise]]nder, [[Fotografie|Fotograf]], [[Liste von Reiseschriftstellern|Reiseschriftsteller]] und ein [[Illustrator]] eigener Werke. In vier Expeditionen nach [[Zentralasien]] entdeckteerforschte er den [[Transhimalaya]] (nach ihm auch ''Hedingebirge'' genannt), die Quellen der Flüsse [[Brahmaputra]], [[Indus]] und [[Satluj|Sutlej]], den See [[Lop Nor]] sowie Überreste von Städten, Grabanlagen und der [[Chinesische Mauer|Chinesischen Mauer]] in den Wüsten des [[Tarimbecken]]s. Posthum veröffentlicht wurde sein Atlas Zentralasiens.

== Überblick über Leben, Werk und Wirkung ==

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=== Erste drei Expeditionen ===

In drei Expeditionen zwischen 1894 und 1908 durch die Gebirge und die Wüstengebiete von Zentralasien kartierte und erkundete er die Gebiete von [[Xinjiang|Chinesisch-Turkestan]] (jetzt Xinjiang) und [[Tibet]]. Bereits 1902 war er in den Adelsstand erhoben worden, als bis heute letzter Schwede, der nicht Mitglied des Königshauses war. Als Mitglied vonzweier zwei wissenschaftlichenwissenschaftlicher Akademien hatte Hedin Stimmrecht bei der Wahl von [[Nobelpreis]]trägern. Im Jahr 1909 wurde er zum Mitglied der [[Leopoldina]] gewählt, deren [[Cothenius-Medaille]] er 1925 erhielt.

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Sven Hedin 1908.jpg|Sven Hedin 1908 nach der Reise durch den Himalaya

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=== Politische Einstellung ===

In seiner Eigenschaft als Mitglied der ''Schwedischen Akademie der Kriegswissenschaften'' befürwortete Hedin den Bau des Kriegsschiffes ''Sverige''. Er beeinflusste die [[Borggårdskrise]] auf Seiten der Konservativen. Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] stellte er sich in seinen Veröffentlichungen ausdrücklich auf die Seite der deutschen Monarchie und ihrer Kriegsführung. Durch dieses politische Engagement verlor er bei den Kriegsgegnern Deutschlands sein wissenschaftliches Renommee, die Mitgliedschaft in deren geographischen Gesellschaften und gelehrten Vereinigungen sowie jede Unterstützung bei seinen geplanten Expeditionen.

=== Chinesisch-Schwedische Expedition ===

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Mit finanzieller Unterstützung der Regierungen von Schweden und Deutschland führte er 1927 bis 1935 die internationale und [[Interdisziplinarität|interdisziplinäre]] [[Chinesisch-Schwedische Expedition]] durch, bei der sich 37 Wissenschaftler aus sechs Ländern an der wissenschaftlichen Erforschung der [[Mongolei]] und Chinesisch-Turkestans beteiligten. Trotz der chinesischen Gegendemonstrationen gelang es Hedin nach monatelangen Verhandlungen in China, die Expedition durch chinesische Forschungsaufträge und durch die Teilnahme chinesischer Wissenschaftler auch zu einer chinesischen Expedition zu machen und einen Vertrag auszuhandeln, der dieser Expedition, die im Kriegsgebiet mit ihrer Bewaffnung und 300 Kamelen wie eine [[Invasion (Militär)|Invasionsarmee]] aussah, Reisefreiheit gewährte; die Finanzierung blieb die private Aufgabe von Hedin.

Hedin begab sich 1927 mit 60 Mann Begleitung, 300 Kamelen und 40 Tonnen Gepäck auf seine letzte ForechungsreiseForschungsreise. Im Auftrag der deutschen Regierung, getarnt als Finanzierung durch die [[Luft Hansa]],<ref>Hans Böhm: ''Finanzierung der Zentralasienexpedition Hedins: „Strengste Geheimhaltung wird von allen Beteiligten als unerlässlich angesehen“.'' In: ''Erdkunde.'' Bd. 57, H. 1 (2003), S. 40–54.</ref> sollte er prüfen, ob eine Flugverbindung zwischen Deutschland und China über die großen Wüstenflächen möglich sei. Während der laufenden Expedition hatte es Hedin wegen seiner angegriffenen Gesundheit, wegen des Bürgerkrieges in Chinesisch-Turkestan und wegen langdauernder Kriegsgefangenschaft sehr schwer, nach der Geldentwertung in der [[Weltwirtschaftskrise]] notwendige finanzielle Mittel für die Expedition zu beschaffen, die [[Logistik]] für die Versorgung der Expedition im Kriegsgebiet sicherzustellen und den Zugang der Expeditionsteilnehmer zu den zwischen [[Warlord]]s umkämpften Forschungsgebieten zu erreichen. Die Durchquerung der riesigen Wüste [[Gobi]] und der „Todeswüste“ [[Taklamakan]] verlangten Mensch und Tier alles ab. Nach acht Jahren blieb Hedin am Ende „Sieger über die Wüste“ und erfüllte sich einen Lebenstraum – er löste das Rätsel um den wandernden See [[Lop Nor]].<ref>Chinesisches Kulturzentrum Berlin: ''Fremde Teufel.'' ZDF-Dokumentarfilme des Regisseurs Bernd Liebner</ref>

[[Datei:Residence of Sven Hedin 1935 - 1952 in Stockholm Norr Maelarstrand 66.jpg|mini|In diesem Haus in Stockholm, [[Norr Mälarstrand]] 66, bewohnte Sven Hedin ab 1935 mit seinen Angehörigen die oberen drei Stockwerke]]

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Nach seiner Rückkehr wohnte Hedin in Stockholm zusammen mit seinen Geschwistern in einer modernen Hochhausanlage. Dort lebte er bis zu seinem Tod.

Die nach Schweden gesandten [[ArchäologieArchäologischer Fund|archäologischen Fundstücke]] wurden drei Jahre lang wissenschaftlich ausgewertet und danach entsprechend dem Vertrag an China zurückgegeben. Das während der Expedition zusammengetragene wissenschaftliche Material wurde von Hedin und den anderen Expeditionsteilnehmern ab 1937 für die weltweite Ostasienforschung in mehr als 50 Bänden veröffentlicht. Als ihm schließlich das Geld für die Druckkosten ausging, verpfändete er seine große, wertvolle [[Bibliothek]], die mehrere Räume füllte, um die Herausgabe weiterer Bände zu ermöglichen.

1935 stellte er sein exklusives Wissen über Zentralasien nicht nur der schwedischen Regierung, sondern auch den Regierungen in China und Deutschland in Vorträgen und Vier-Augen-Gesprächen mit den politischen Repräsentanten [[Chiang Kai-shek]] und [[Adolf Hitler]] zur Verfügung. Hedins Nähe zum [[Nationalsozialismus]] zerstörte sein Ansehen und führte ihn in eine gesellschaftliche und wissenschaftliche Isolation.

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Von Ende 1933 bis 1934 führte Hedin im Auftrag der [[Kuomintang]]-Regierung unter [[Chiang Kai-shek]] in Nanjing eine chinesische Expedition durch, um Möglichkeiten für Bewässerungsmaßnahmen zu überprüfen und um Pläne und Karten für den Bau zweier Autostraßen von [[Peking]] nach Xinjiang zu erstellen. Nach seinen Plänen wurden später große Bewässerungsanlagen erstellt, Siedlungen errichtet und Autostraßen von Peking bis [[Kaschgar (Stadt)|Kaschgar]] gebaut, die es erlauben, das Tarimbecken vollständig zu umfahren.

Ein Thema der Geografie Zentralasiens, mit dem Hedin sich jahrzehntelang besonders intensiv auseinandersetzte, war der von ihm so genannte „wandernde See“ [[Lop Nor]]. Im Mai 1934 begann er seine Flussexpedition zu diesem See. Er fuhr zwei Monate lang im Boot auf dem [[Kontsche-darja]] und dem [[Kum-Darja]] bis zum Lop Nor, der seit 1921 mit Wasser gefüllt worden war. Nachdem der See durch Bewässerungsmaßnahmen seit 1971 ausgetrocknet war, ermöglichte die oben erwähnte Verkehrsanbindung der [[Volksrepublik China]], im Lop Nor das chinesische [[Kernwaffentestgelände Lop Nor]] zu errichten. Während dieser Expedition wurde er zusammen mit seinen Mitstreitern von Banditen bei [[Korla (Bayingolin)|Korla]] in [[Xinjiang]] gefangen genommen und nach der Eroberung von Korla von chinesischen Regierungstruppen befreit.<ref>{{ANNO|gtb|04|06|1934|2|Sven Hedin von Banditen gefangengehalten.}}, abgerufen am 2. März 2024</ref>

Für die Rückfahrt wählte Hedin die südliche Route der [[Seidenstraße]] über [[Hotan]] bis [[Xi’an]], wo die Expedition am 7. Februar 1935 ankam. Er reiste weiter nach [[Peking]] zum Präsidenten Lin Sen und nach Nanjing zu Chiang Kai-shek. Seinen 70. Geburtstag feierte er am 19. Februar 1935 in Anwesenheit von 250 Mitgliedern der [[Kuomintang]]-Regierung, denen er alles Wissenswerte über die ''Chinesisch-Schwedische Expedition'' mitteilte. An diesem Tage wurde er von der chinesischen Regierung mit dem ''brillierenden Jadeorden 2. Klasse''<ref>(englisch: [[:en:List of orders, decorations and medals of the Republic of China|Order of Brilliant Jade]])</ref> ausgezeichnet.

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=== Hedin und der Nationalsozialismus ===

Hedin traf wiederholt Adolf Hitler und andere führende Nationalsozialisten, mit denen er auch in regelmäßiger Korrespondenz stand. Inhalt der höflich formulierten Briefwechsel waren in der Regel Terminabsprachen, Geburtstagsglückwünsche, geplante oder fertiggestellte Veröffentlichungen von Hedin sowie dessen Bitten um Begnadigung zum Tode Verurteilter oder um Verschonung, Hafterleichterung, Freilassung und Ausreise von in Gefängnissen oder Konzentrationslagern Internierten. In Briefwechseln mit [[Joseph Goebbels]] und [[Hans DrägerDraeger]] erreichte Hedin Jahr für Jahr den Druck der [[Herrnhuter Losungen]].<ref>Überprüfte Quellen: Sven Hedins im Stockholmer ''Riksarkivet'' archivierte Briefwechsel mit Hans Draeger, [[Wilhelm Frick]], [[Joseph Goebbels]], Paul Grassmann und [[Heinrich Himmler]].</ref>

Die Nationalsozialisten versuchten, Hedin mit Ehrungen an sich zu binden. SieEr gaben ihmerhielt den Auftrag, bei den [[Olympische Sommerspiele 1936|Olympischen Sommerspielen 1936]] im [[Olympiastadion Berlin|Berliner Olympiastadion]] die Ansprache ''Sport als Erzieher'' zu halten., Sieund machten ihn zumwurde Ehrenmitglied der ''Deutsch-Schwedischen Vereinigung Berlin Ee.&nbsp;V.'' Im Jahr 1938 überreichtenerhielt sie ihmer die ''Ehrenplakette der Stadt Berlin'' und verliehen ihmwurde anlässlich seines 75. Geburtstages am 19. Februar 1940 dasmit dem [[Verdienstorden vom Deutschen Adler|Großkreuz des Deutschen Adlerordens]] geehrt; kurz zuvor hatten siewaren [[Henry Ford]] und [[Charles Lindbergh]] damit ausgezeichnet worden. Zum Jahresende 1942/1943 entließen siewurde (auf Hedins Wunsch hin) dender Osloer Philologieprofessor und Universitätsrektor [[Didrik Arup Seip]] aus dem [[Konzentrationslager Sachsenhausen]] entlassen,<ref>Siehe Brief von Hans Draeger vom 17. Januar 1942 an Hedin aus dem Riksarkivet in Stockholm, Akte: Sven Hedins Arkiv, Korrespondens, Tyskland, 457 und das Buch von Michael H. Kater: ''Das „Ahnenerbe“ der SS 1935–1945''. Oldenbourg Verlag, 2001, ISBN 3-486-56529-X.</ref> um Hedins Einverständnis zu weiteren Ehrungen während der 470-Jahr-Feier der Universität München zu erreichen. Am 15. Januar 1943 erhielt Hedin die ''Goldmedaille der Bayerischen Akademie der Wissenschaften''. Am 16. Januar 1943 wurde ihm die ''Ehrendoktorwürde der Naturwissenschaftlichen Fakultät'' der [[Universität München]] verliehen.<ref>Elisabeth Kraus: ''Die Universität München im dritten Reich: Aufsätze''. Herbert Utz Verlag, München 2006, S. 494–502.</ref> Am selben Tag gründeten die Nationalsozialisten in seiner Anwesenheit das ''Sven-Hedin-Institut für Innerasienforschung'' mit Sitz im [[Schloss Mittersill]], das angeblich der langfristigen Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Erbes der Asienforscher Hedin und [[Wilhelm Filchner]] dienen sollte. Es wurde aber stattdessen von Heinrich Himmler als Institut der [[Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e.&nbsp;V.]] missbraucht.<ref>Siehe Akte R 135 des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchivs]], gelagert in der Dienststelle Berlin-Lichterfelde.</ref>

Hedin setzte sich medienwirksam für den [[Nationalsozialismus]] ein, zum Beispiel auf dem 1. Treffen der pro-nazistischen [[Reichsvereinigung Schweden-Deutschland]], deren Mitglied er war, am 28. März 1939 in Stockholm. Er hielt die Hauptrede auf dieser öffentlichen Versammlung. Darin griff er die „Verleumdung der linken schwedischen Presse gegen Hitler“ scharf an und bezeichnete sie als eine „Taktlosigkeit gegenüber einem großen Nachbarn“. Auch nach dem Zusammenbruch des [[ZeitKapitulation der Wehrmacht|Zusammenbruch des Nationalsozialismus|Dritten Reiches]] bereute er seine Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten nicht;: denn diese Zusammenarbeitsie habe es ihm ermöglicht, zahlreiche Opfer des Nationalsozialismus vor Hinrichtungen oder dem Tod in Vernichtungslagern zu retten.

Seiner Bewunderung für das Dritte Reich und dessen Führer gab Hedin vielfach Ausdruck, so beispielsweise in seinem 1938 erschienenen autobiographischen Buch ''Fünfzig Jahre Deutschland''. In dessen Einleitung schreibt er:

{{Zitat|In Deutschland entrollt die Weltgeschichte heute ihre dramatischen Geschehnisse und gigantischen Veränderungen in ununterbrochener Folge, und die Menschen werden ständig in atemloser Spannung gehalten. Für die Ungerechtigkeit, die in Versailles herrschte, hat die Stunde der Rechenschaft geschlagen. Jetzt werden die künstlichen Grenzen, die eine dauernde Kriegsgefahr bildeten, in ihre natürliche Lage gebracht. Über das grandiose Schauspiel erhebt sich höher als alle anderen die Gestalt Adolf Hitlers, des unbekannten Soldaten.

|Quelle=Fünfzig Jahre Deutschland, S. 7–8

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}}

Noch in einem 1945 in der liberalen Tageszeitung ''[[Dagens Nyheter'']], der größten Tageszeitung Schwedens, veröffentlichtem Artikel gab Hedin seiner Bewunderung für Hitler Ausdruck. Er schloss mit den Sätzen:

{{Zitat|Heute bewahre ich eine tiefe und unauslöschliche Erinnerung an Adolf Hitler und betrachte ihn als einen der größten Menschen, den die Weltgeschichte besessen hat. Nun ist er tot. Aber sein Werk wird weiterleben. Er verwandelte Deutschland in eine Weltmacht. Jetzt steht dieses Deutschland am Rande eines Abgrunds, da seine Widersacher seine anwachsende Stärke und Macht nicht ertragen konnten. Aber ein Volk von achtzig Millionen, das sechs Jahre lang gegen die ganze Welt mit Ausnahme Japans Stand gehalten hat, kann nie vernichtet werden. Die Erinnerung an den großen Führer wird im deutschen Volk Jahrtausende von Jahren weiterleben.

|Quelle=Dagens Nyheter, 2. Mai 1945

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{{Zitat|Manches in der Anfangszeit der nationalsozialistischen Herrschaft fand seinen Beifall. Er scheute sich jedoch nicht, Kritik zu üben, wo ihm dies notwendig erschien, so besonders in der Frage der Judenverfolgung, des Kampfes gegen die Kirchen und der Unterbindung der freien Wissenschaft.|[[Johannes Paul (Forschungsreisender)|Johannes Paul]] 1954 über Sven Hedin|ref=<ref>Johannes Paul: ''[http://www.gaebler.info/ahnen/paul/johannes-hedin.htm#letzte Der letzte Entdeckungsreisende]'', In: ''Abenteuerliche Lebensreise – Sieben biografische Essays.'' Wilhelm Köhler Verlag, Minden 1954, S. 367.</ref>}}

Im Jahr 1937 weigerte sich Hedin, sein Buch ''Deutschland und der Weltfrieden'' in Deutschland zu veröffentlichen, weil das [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda]] auf der Streichung NS-kritischer Passagen bestand. ImIn seinem Brief von Hedin an Staatssekretär Walther Funk vom 16. April 1937 wirdan deutlich,Staatssekretär was[[Walther erFunk]] damals,übt Hedin in der Zeit vor der Einrichtung von Vernichtungslagern, vorsichtige Kritik am Nationalsozialismus kritisierte:

{{Zitat|Als wir zuerst über meinen Plan, ein Buch zu schreiben, gesprochen haben, erklärte ich, dass ich nur objektiv, wissenschaftlich, eventuell kritisch nach meinem Gewissen schreiben wollte, und Sie fanden dies vollkommen richtig und natürlich. Jetzt habe ich auch in sehr freundlicher und milder Form hervorgehoben, dass die Entfernung der bedeutenden jüdischen Professoren, die der Menschheit große Dienste geleistet hatten, Deutschland schädlich gewesen ist und dass dadurch viele [[Agitator]]en im Ausland gegen Deutschland entstanden sind. Die Haltung, die ich hier eingenommen habe, geschah also nur im Interesse Deutschlands.

Dass ich beängstigt bin, dass die von mir sonst überall gelobte und bewunderte Erziehung der deutschen Jugend zu wenig mit den Fragen der Religion und Ewigkeit in Berührung kommt, geschieht auch aus Liebe und Sympathie für das deutsche Volk, und als Christ empfinde ich es als eine Pflicht, dies offen zu sagen, und zwar in der Überzeugung, dass das Volk Luthers, das durch und durch religiös ist, mich verstehen wird.

Vor meinem Gewissen habe ich bis jetzt niemals kapituliert und werde es auch diesmal nicht tun. Deshalb wird nichts gestrichen.|ref=<ref>Bisher unveröffentlichter Brief aus dem Riksarkivet in Stockholm, Akte von Heinrich Himmler: Sven Hedins Arkiv, Korrespondens, Tyskland, 470. Die Rechtschreibung und Zeichensetzung wurden aktualisiert.</ref>}}

AndererseitsGleichzeitig stellte Hedin in diesem Buch (abgesehen von Auswüchsen) die [[Judenfeindlichkeit|antijüdischen]] Maßnahmen (gegen, wie er schrieb, „jüdische Macht und Zerstörungswut“) als nachvollziehbare Schritte im Sinne einer angeblichen notwendigen Selbstverteidigung dar. Juden seien für die Annahme des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrags]], der Unglück über Deutschland gebracht habe, wie auch durch ihren Einfluss in Presse oder Kunst, für den Verfall von Kultur und Sitten in Deutschland verantwortlich.<ref>[[Wolfgang Benz]] (Hrsg.): ''Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart.'' Bd. 2/1. De Gruyter, Berlin 2009, S. 341 f.</ref>

Hedin veröffentlichte das Buch anschließend in Schweden.<ref>ZuSiehe diesem Vorgang gibt es eine eingehende Untersuchung indazu: Astrid Mehmel: ''Sven Hedin und nationalsozialistische Expansionspolitik.'' In: Irene Diekmann, Peter Krüger, [[Julius H. Schoeps]] (Hrsg.): ''Geopolitik. Grenzgänge im Zeitgeist.'' Bd. 1.1, ''1890 bis 1945.'' Potsdam 2000, S. 189–238.</ref>

==== Einsatz für die Freilassung deportierter Juden und Norweger ====

Nachdem er sich geweigert hatte, seine Kritik am Nationalsozialismus aus seinem Buch ''Deutschland und der Weltfrieden'' zu entfernen, entzogen die Nationalsozialisten Hedins jüdischem Freund [[Alfred Philippson]] und seiner Familie 1938 die Reisepässe, um sie an der beantragten Ausreise ins amerikanische Exil zu hindern und als Faustpfand Hedin gegenüber in Deutschland zu behalten. Nun äußerte sich Hedin in seinem Buch ''Fünfzig Jahre Deutschland'' wohlwollender gegenüber den Nationalsozialisten, unterwarf sich gegen sein Gewissen der Zensur des [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda|Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda]] und veröffentlichte das Buch in Deutschland.

Am 8. Juni 1942 verstärkten[[Deportation dievon NationalsozialistenJuden denaus DruckDeutschland|deportierten]] aufdie Hedin, indem sieNationalsozialisten Alfred Philippson mit seiner Familie in das [[KZ Theresienstadt]] [[Deportation von Juden aus Deutschland|deportierten]]. Sieund erreichten dadurch, dass Hedin 1942 das Buch ''Amerika im Kampf der Kontinente'' gegen sein Gewissen in Kooperation mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und anderen Regierungsstellen schrieb und in Deutschland veröffentlichte. Als Gegenleistung stuften die Nationalsozialisten Alfred Philippson als „A-prominent“ ein und gewährten seiner Familie Hafterleichterungen, sodass diese letztlich überleben konnte.

Hedin stand jahrzehntelang im Briefwechsel mit Alfred Philippson und sandte ihm regelmäßig Lebensmittelpakete in das KZ Theresienstadt. Am 29. Mai 1946 schrieb ihm Philippson (wörtliches Zitat, gekürzt):

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Sven Hedin antwortete am 19. Juni 1946 (wörtliches Zitat, gekürzt):

{{Zitat|… Es war zu schön zu erfahren, dass unsere Bemühungen nicht vergebens gewesen waren. In diesen schweren Jahren haben wir über hundert ähnliche gehabt, unglückliche Menschen, die nach Polen [[Deportation|geschleppt]] wurden, zu retten, aber in den aller meisten Fällen ist es uns nicht gelungen. Einigen Norwegern haben wir doch helfen können. Mein Heim in Stockholm wurde zu einer Art Informations- und Hilfsbüro verwandelt und ich hatte dabei vorzügliche Hilfe von Dr. Paul Grassmann, Presseattaché in der Deutschen Gesandtschaft in Stockholm. Auch er hat keine Mühe gespart, um in der humanitären Arbeit tätig zu sein. Aber in fast keinem Fall ist es so glücklich gegangen wie in Ihren, lieber alter Freund! Und wie schön, dass Sie wieder in Bonn sind. …|ref=<ref>Bisher unveröffentlichte Briefe aus dem Riksarkivet in Stockholm, Akte: Sven Hedins Arkiv, Korrespondens, Tyskland, 487.</ref>}}

Die Namen und Schicksale der über hundert [[Deportation|deportierten]] Juden, für deren Freilassung sich Hedin eingesetzt hat, sind noch nicht erforscht. Die Namen und Schicksale der Norweger sind bekannt: Hedin setzte sich für den norwegischen Dichter [[Arnulf Øverland]] und für den Osloer Philologieprofessor und Universitätsdirektor [[Didrik Arup Seip]] ein, die sich im [[Konzentrationslager Sachsenhausen]] befanden. Er erreichte die Freilassung Seips, aber seine Bemühungen um die Freilassung Øverlands blieben vergeblich; dieser überlebte das Konzentrationslager. Darüber hinaus setzte sich Hedin auch für die Begnadigung einer Gruppe zum Tode verurteilter Norweger ein:

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Als Nikolaus von Falkenhorst seinerseits am 2. August 1946 von dem englischen Militärgericht als Verantwortlicher für die Erschießung von Angehörigen britischer Kommando-Unternehmen zum Tode durch Erschießen verurteilt worden war, erreichte Hedin dessen Begnadigung mit dem Hinweis, Nikolaus von Falkenhorst habe sich ebenfalls für die Begnadigung der zehn zum Tode verurteilten Norweger eingesetzt. Am 4. Dezember 1946 wurde die Todesstrafe von dem englischen Militärgericht durch 20 Jahre Haft ersetzt. Nikolaus von Falkenhorst wurde am 13. Juli 1953 vorzeitig aus dem [[Justizvollzugsanstalt Werl|Kriegsverbrechergefängnis Werl]] freigelassen.<ref>vgl. ''Sven Hedin’s German Diary 1935–1942.'' Dublin 1951, S. 204–217; Eric Wennerholm: ''Sven Hedin 1865–1952.'' S. 229–230.</ref>

Laut einer Studie der Historikerin Sarah Danielsson hatte Hedin weitaus genauere Kenntnis der [[Deportation]]spläneDeportationspläne der Nationalsozialisten für Juden als von ihm zugegeben. Er habe diese Pläne auch aktiv unterstützt und Hitlers Außenminister [[Joachim von Ribbentrop|von Ribbentrop]] einen eigens angefertigten Deportationsplan vorgelegt.

=== Letzte Jahre ===

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Er war Ehrenmitglied zahlreicher schwedischer und ausländischer wissenschaftlicher Gesellschaften und Institutionen, die ihn mit etwa 40 Goldmedaillen auszeichneten; 27 dieser Medaillen sind in Stockholm in dem ''[[Kungliga Myntkabinettet]]'' in einer Vitrine ausgestellt.

Er wurde ausgezeichnet als Dr. phil. h. c. der Universitäten [[Universität Oxford|Oxford]] (1909), [[Universität Cambridge|Cambridge]] (1909), [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg|Heidelberg]] (1928), [[Universität Uppsala|Uppsala]] (1935), [[Universität München|München]] (1943) und der [[Handelshochschule Berlin]] (1931), als Dr. jur. h. c. der [[Universität Breslau]] (1915), als Dr. med. h. c. der [[Universität Rostock]] (1919), und war außerdem Ehrenbürger der [[Karlsruher Institut für Technologie|TH Karlsruhe]].<ref>{{Webarchiv|url=http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltexte/digital/3/1082.pdf |wayback=20200304090832 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2024-05-19 21:13:08 InternetArchiveBot }}</ref>

Zahlreiche Länder verliehen ihm [[Verdienstorden|Orden]];<ref>vgl. Christian Thorén: ''Upptäcktsresanden Sven Hedins ordenstecken i Kungliga Livrustkammarens samlingar.'' In: ''Livrust Kammaren. Journal of the Royal Armoury 1997-98.'' Stockholm. S. 91–128. {{ISSN|0024-5372}}. (Schwedischer Text mit englischen Bildunterschriften und englischer Zusammenfassung, farbige Abbildungen der Orden von Sven Hedin, Literaturangaben.)</ref> unter anderem wurde er am 9. November 1909 von König [[Eduard VII.]] zum ''[[Order of the Indian Empire|Knight Commander of the Order of the Indian Empire]]'' ernannt. Als Ausländer war er zwar nicht befugt, den damit verbundenen Titel ''Sir'' zu führen, doch konnte er seinem Nachnamen die Bezeichnung ''KCIE'' nachstellen.

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* der [[Asteroid]] [[(5837) Hedin]]

* der [[Enziane|Enzian]] ''Gentiana hedinii''

* die Pflanzengattungen ''[[Hedinia]]'' {{Person|Ostenf.}} und ''[[Hediniopsis]]'' {{Person|Botsch. & V.V.Petrovsky}} aus der Familie der [[Kreuzblütler]] (Brassicaceae) sowie die Gattung ''[[Svenhedinia]]'' {{Person|Urb.}} aus der Familie der [[Magnoliengewächse]] (Magnoliaceae)<ref name="Burkhardt_2018" />

* die [[Käfer]] ''[[Flohkäfer|Longitarsus]] hedini'' und ''Coleoptera hedini''

* der [[Schmetterlinge|Schmetterling]] ''Fumea hedini Caradja''

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'''Wissenschaftliche Werke'''

* ''Eine Routenaufnahme durch Ostpersien.'' 2 Textbände + 1 Kartenmappe. 1918–1927.

'''Biographische Werke'''

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== Literatur ==

* [[Willy Hess (Komponist)|Willy Hess]]: ''Die Werke Sven Hedins. Versuch eines vollständigen Verzeichnisses'' (= ''Sven Hedin – Leben und Briefe,'' Vol. I.). Stockholm 1962. dgl.: Erster Nachtrag. Stockholm 1965.

* Manfred Kleiner: ''Sven Anders Hedin 1865–1952. Eine Bibliografie der Sekundärliteratur.'' Eigenverlag Manfred Kleinert, Princeton 2001.

=== Biografien (Auswahl) ===

* Detlef Brennecke: ''Sven Hedin mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten.'' Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1986, 1991, ISBN 3-499-50355-7.

* Alma Hedin: ''Mein Bruder Sven. Nach Briefen und Erinnerungen.'' Brockhaus Verlag, Leipzig 1925.

* Eric Wennerholm: ''Sven Hedin 1865–1952.'' F. A. Brockhaus Verlag, Wiesbaden 1978, ISBN 3-7653-0302-X.

* Axel Odelberg: ''Äventyr på Riktigt: Berättelsen om Upptäckaren Sven Hedin.'' Norstedts, Stockholm 2008 (Schwedischschwedisch; 600 Seiten).

=== Sven Hedin und der Nationalsozialismus ===

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* Wolfgang Kaufmann: ''Das Dritte Reich und Tibet. Die Heimat des „östlichen Hakenkreuzes“ im Blickfeld der Nationalsozialisten.'' 2. korrigierte und ergänzte Auflage. Ludwigsfelder Verlagshaus, Ludwigsfelde 2010, ISBN 978-3-933022-58-5 (Es wird die Zusammenarbeit Hedins mit den Tibetforschern der SS beschrieben; desgleichen finden sich vielfältige Informationen über das Reichsinstitut Sven Hedin für Innerasienforschung, bei dem Hedin aber nicht mitarbeitete, obgleich es nach ihm benannt worden war).

* Matthias Hannemann: ''Die Freunde im Norden. Norwegen und Schweden im Kalkül der deutschen Revisionspolitik 1918–1939.'' (Diss.), LIT Verlag, Münster 2011, ISBN 978-3-643-11432-7, insb. S. 423f., 455-457, 533-538 (weitere Abschnitte der Studie gehen auf Hedins Rolle für die deutsche Politik in den Jahren vor 1933 ein).

* Tommy Lundmark: ''Sven Hedin-institutet : En rasbiologisk upptäcksresa i Tredje riket.'' Ordvisor förlag, 2014, ISBN 978-91-86621-95-7 (Schwedischschwedisch).

== Weblinks ==

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[[Kategorie:Mitglied der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Uppsala]]

[[Kategorie:Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR]]

[[Kategorie:Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]]

[[Kategorie:Korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences]]

[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Asteroiden]]