Taschlich


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Als Taschlich (hebr. „[du sollst] werfen“) oder Taschlich machen bezeichnet man einen jüdischen Brauch im Anschluss an das Mincha-Gebet des ersten Neujahrstages (Rosch ha-Schana).

Ablauf

Die Gläubigen begeben sich möglichst kurz vor Sonnenuntergang an ein Gewässer (Bach, Fluss, See, Meer, Brunnen oder Quelle), schütteln ihre Kleider aus und werfen alle Krümel, die sich in ihren Taschen befinden, ins Wasser, wodurch sie symbolisch die abgeschüttelten Sünden versenken. Dabei wird dreimal ein Gebet nach Micha 7,19 gesprochen: „Du wirst … alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen (we-taschlich)“. Der symbolische Akt soll zur Buße vor Gott und zur Läuterung anregen.

Das Taschlichgebet wird vor Sonnenuntergang am ersten oder, wenn der erste auf einen Schabbat fällt, am zweiten Neujahrstag am Ufer eines Flusses, am Meeresstrand oder zum Beispiel in Jerusalem mindestens in der Nähe einer Quelle oder eines wasserhaltigen Brunnens gesprochen. Das Taschlichgebet ist ein Flehen um Vergebung und Vergessen der Sünden. Es enthält auch die Bitte um ein Jahr des Lebens, des Friedens und der Erfüllung der Wünsche. Dabei werden im Allgemeinen die Taschen ausgeschüttelt und die Säume der Kleider ausgebürstet oder Brotkrumen ins Wasser gestreut. Damit will man symbolisch alle Sünden des vergangenen Jahres, die möglicherweise hängen geblieben sind, abschütteln und im Wasser versenken; ebenso wird dadurch um Verzeihung gebeten.

Ursprung

Der Ursprung des Brauches ist nicht geklärt. Es kann heute nicht mehr festgestellt werden, ob er sich auf den genannten Bibelvers stützt oder ob dieser als nachträgliche Erklärung herangezogen worden ist. Im Mittelalter wurde das Ritual von einigen bedeutenden jüdischen Gelehrten abgelehnt, weil sie darin einen heidnischen Ursprung vermuteten. Rabbi Jesaja Horowitz, ein Kabbalist des 16. Jh., vertrat die Meinung, es sei unsinnig, zu glauben, man könne sich durch das Entleeren der Taschen in ein Gewässer seiner Sünden entledigen, schlug allerdings vor, die Gläubigen sollten zu einem fischreichen Gewässer gehen, um daran erinnert zu werden, dass der Mensch den Fischen gleiche und er dauernd auf der Hut sein müsse, nicht gefangen zu werden.

Das Missverständnis des Brauchs hat möglicherweise zur hochmittelalterlichen antijudaistischen Verschwörungstheorie der Brunnenvergiftung durch Juden während der Verbreitung der Pest beigetragen.

Literatur

  • Julius H. Schoeps (Hrsg.): Neues Lexikon des Judentums. Gütersloher Verlaghaus, Gütersloh 2000.
  • Alfred J. Kolatch: Jüdische Welt verstehen. Sechshundert Fragen und Antworten. Fourier, Wiesbaden 1996.
  • Philip Goodman: The Rosch Hashanah Anthology. Philadelphia 1970.
  • Jonathan A. Romain, Walter Homolka: Progressives Judentum. Leben und Lehre. Übersetzung und Redaktion: Annette Böckler, München 1999, S. 173f.

Siehe auch