1000-km-Rennen von Spa-Francorchamps 1970


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Das fünfte 1000-km-Rennen von Spa-Francorchamps, auch Grand Prix de Spa (1000 kms de Francorchamps), Circuit National de Francorchamps, fand am 17. Mai 1970 auf dem Circuit de Spa-Francorchamps statt und war der sechste Wertungslauf der Sportwagen-Weltmeisterschaft dieses Jahres.

Wyer-Porsche 917K
Porsche-Salzburg-Porsche 917K
Zum ersten Mal in der Geschichte der Sportwagen-Weltmeisterschaft war ein Lamborghini Miura bei einem Meisterschaftsrennen gemeldet. Das Fahrzeug nahm jedoch nicht am Rennen teil.

1966 fand auf dem Circuit de Spa-Francorchamps das erste 1000-km-Rennen statt, das in diesem Jahr auch erstmals zur Weltmeisterschaft zählte. 1970 war das Langstreckenrennen in den Ardennen der sechste Meisterschaftslauf des Jahres. Die Saison begann Anfang Februar mit dem 24-Stunden-Rennen von Daytona. Auf dem Daytona International Speedway nahm die Siegesserie der Rennmannschaft von John Wyer, die nur vom Ferrari-Erfolg beim 12-Stunden-Rennen von Sebring unterbrochen wurde, ihren Anfang. Viermal blieben die von Wyer eingesetzten Porsche-Rennwagen siegreich. In Daytona siegten Pedro Rodríguez, Leo Kinnunen und Brian Redman auf einem Porsche 917K. Rodríguez und Kinnunen gewannen auch die Rennen in Brands Hatch und Monza. Die Targa Florio endete mit dem Gesamtsieg von Redman und Jo Siffert im Porsche 908/03.

In Spa waren sechs Porsche 917K am Start, die allesamt in der Sportwagenklasse bis 5 Liter Hubraum gemeldet waren. John Wyer kam mit zwei 917K und den Stammbesatzungen Pedro Rodríguez/Leo Kinnunen und Jo Siffert/Brian Redman zum Rennen. Zwei weitere 917K kamen aus Österreich. Louise Piëch, die Schwester von Ferry Porsche, meldete zwei Wagen für Porsche Salzburg, die von Vic Elford, Kurt Ahrens, Richard Attwood und Hans Herrmann gefahren wurden. Hans Laine und Gijs van Lennep steuerten zum ersten Mal im Rennen einen 917K. Bislang waren sie für das finnische Racing Team AAW auf einem Porsche 908/02 in die jeweiligen Rennen gegangen. Den sechsten 917K fuhren Helmut Kelleners und Jürgen Neuhaus für das deutsche Gesipa Racing Team.

Den sechs Porsche 917 standen vier Ferrari 512S gegenüber. Drei Fahrzeuge meldete die Scuderia Ferrari für die Fahrer Jacky Ickx, John Surtees, Ignazio Giunti, Nino Vaccarella, Arturo Merzario und Peter Schetty. Die Ecurie Francorchamps von Jacques Swaters erhielt ein neu aufgebautes Fahrgestell, das für Derek Bell und Hughes de Fierlant eingesetzt wurde.

Im Training wurden mit den 5-Liter-Prototypen schnelle Rundenzeiten gefahren. Da 1969 der Große Preis von Belgien der Formel 1 aus Sicherheitsgründen nicht ausgetragen wurde, galten die beim Großen Preis von Belgien 1968 gefahrenen Rundenzeiten als Referenz. Chris Amon war im Training im Ferrari 312F1 3:28,600 Minuten gefahren. Die schnellste Runde im Rennen fuhr John Surtees im Honda RA301 mit einer Zeit von 3:30,500 Minuten. Am Freitag, dem ersten Trainingstag, fuhr Jacky Ickx im Ferrari 512S 3:24,400 Minuten und war damit um vier Sekunden schneller als Chris Amon im Formel-1-Ferrari. Die Wyer-Porsche 917K hatten Probleme mit den Firestone-Reifen, die bei hohem Tempo nicht mehr stabil auf den Felgen blieben und dadurch Luft verloren. Nachdem die Reifenprobleme vor dem Samstagstraining behoben waren, fuhr Pedro Rodríguez unter 3 Minuten 20 Sekunden. Die Pole-Position-Zeit von 3:19,800 Minuten entsprach einem Schnitt von 254,054 km/h. Im Rennen war Rodríguez noch um 3 Sekunden schneller und fuhr 3:16,500 Minuten mit einem Schnitt 258,321 km/h. Zum Vergleich: Beim im Juni ausgefahrenen Großen Preis von Belgien fuhr Jackie Stewart im March 701 eine Pole-Position-Zeit von 3:28,00 Minuten (Schnitt 244,038 km/h). Allerdings wurde das Formel-1-Feld durch eine vor dem Rennen errichtete Schikane im Streckenabschnitt Malmedy geführt.

Als das Rennen am Sonntag um 13 Uhr gestartet wurde, ging über der Strecke ein Gewitter nieder. Im Unterschied zur Gegenwart befand sich 1970 die Start-und-Ziel-Gerade nach der Haarnadelkurve von La Source. Die Anfahrt zur Eau Rouge war dementsprechend kurz. Dennoch stand dort das Duell der beiden Wyer-Spitzenfahrer Siffert und Rodríguez vor der Eskalation. Aus der ersten Reihe startend fuhren die Fahrer mit ihren Porsche 917 Seite an Seite auf die Kurve zu und in sie hinein, bis Rodríguez nach einer Berührung beider Wagen im letzten Augenblick vom Gas ging, um einen Unfall zu vermeiden.[1][2][3][4] Schon in der dritten Runde begannen die führenden Wagen die langsameren GT-Wagen zu überrunden. Dabei verlor Siffert die Führung an seinen Teamkollegen Rodríguez; auch Jacky Ickx im schnellsten Ferrari ging an Siffert vorbei. In der folgenden Stunde entwickelte sich auf der inzwischen trockenen Bahn ein für die Zuschauer spektakulärer Dreikampf der drei Formel-1-Piloten. Aufmerksame Streckenposten sorgten mit immer wieder geschwenkten blauen Flaggen (zeigen den Fahrern an, dass ein schnelleres Fahrzeug überholen will) für wenig Probleme der führenden Wagen beim Überrunden. Der Einzige der Siffert, Ickx und Rodríguez einigermaßen folgen konnte, war Vic Elford im Porsche-Salzburg-917K. Der einzige Wagen im Sportwagenfeld, der mit Regenreifen ins Rennen ging, war der Ferrari 512S von Peter Schetty, der nach 30 Minuten zum Reifenwechsel an die Boxen musste. Nach 14 Runden kam Siffert als Führender zum ersten Tankstopp an die Boxen, eine Runde später stoppten Rodríguez und Ickx zum Tanken. Siffert hatte bei seinem Stopp am meisten Zeit verloren und fiel hinter Rodríguez und Ickx an die dritte Stelle zurück.

Eine Vorentscheidung fiel in der 22. Runde, als Rodríguez zu einem ungeplanten Stopp an die Box kam. Der rechte Vorderreifen hatte Luft verloren und musste gewechselt werden. In der folgenden Aufholjagd fuhr er die erwähnten 3:16,500 Minuten für die schnellste Runde im Rennen. In der 29. Runde kamen die führenden Wagen zum zweiten Tankstopp an die Boxen. Ickx führte zu diesem Zeitpunkt mit einem Vorsprung von 13 Sekunden auf Siffert und übergab während des Tankens den Ferrari an John Surtees. Für Siffert stieg Brian Redman ins Cockpit. Obwohl Surtees nach den Stopps einen Vorsprung von 26 Sekunden auf Brian Redman hatte, wurde er in der 35. Runde von ihm von der Spitze verdrängt. In der 37 Runde ging auch Rodríguez an Surtees vorbei und kam wenig später zum planmäßigen Stopp an die Box (beim Stopp wegen des Reifenschadens war auch der Tank gefüllt worden), um den Porsche an Leo Kinnunen zu übergeben. Die Entscheidung fiel in der 44. Runde, als Kinnunen mit einem Getriebeschaden am Porsche bei Stavelot ausrollte. Surtees verlor während seiner Fahrzeit knapp 3 Minuten auf Redman, die Jacky Ickx im letzten Drittel des Rennens gegenüber Siffert nicht mehr wettmachen konnte, der mit einem Vorsprung von 2 Minuten und 50 Sekunden auf den Ferrari-Piloten das Rennen für die Wyer-Mannschaft und Porsche gewann.

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Fahrzeug Runden
1 S 5.0 24   J. W. Automotive Engineering   Jo Siffert
  Brian Redman
Porsche 917K 71
2 S 5.0 20   Spa Ferrari SEFAC   Jacky Ickx
  John Surtees
Ferrari 512S 71
3 S 5.0 28   Porsche Salzburg   Vic Elford
  Kurt Ahrens
Porsche 917K 70
4 S 5.0 22   Spa Ferrari SEFAC   Ignazio Giunti
  Nino Vaccarella
Ferrari 512S 68
5 S 5.0 43   Racing Team AAW   Hans Laine
  Gijs van Lennep
Porsche 917K 68
6 S 5.0 29   Porsche Salzburg   Richard Attwood
  Hans Herrmann
Porsche 917K 68
7 S 5.0 21   Spa Ferrari SEFAC   Peter Schetty
  Arturo Merzario
Ferrari 512S 66
8 S 5.0 23   Ecurie Francorchamps   Derek Bell
  Hughes de Fierlant
Ferrari 512S 64
9 P 3.0 6   Martini International Racing Team   Gérard Larrousse
  Rudi Lins
Porsche 908/02 64
10 S 5.0 33   Ecurie Bonnier   Jo Bonnier
  Reine Wisell
Lola T70 Mk.3B GT 63
11 P 3.0 5   Martini International Racing Team   Hans-Dieter Dechent
  Helmut Marko
Porsche 908/02 62
12 S 2.0 31   John L’Amie   John L’Amie
  Brian Nelson
Porsche 910 59
13 P 2.0 15   Hans-Dieter Blatzheim   Hans-Dieter Blatzheim
  Ernst Kraus
Porsche 907 59
14 S 2.0 32   Paul Vestey   Peter Sadler
  Paul Vestey
Porsche 910 56
15 P 2.0 14   Levi’s International Racing Team   Yves Deprez
  Julien Vernaeve
Chevron B16 55
16 GT + 2.0 59   Bernard Chenevière   Bernard Chenevière
  Claude Haldi
Porsche 911S 55
17 S 5.0 30   Gesipa Racing Team   Helmut Kelleners
  Jürgen Neuhaus
Porsche 917K 54
18 GT + 2.0 53   Auto Kremer   Erwin Kremer
  Karl von Wendt
Porsche 911S 54
19 GT 2.0 55   Jean-Marie Jacquemin   Jean-Marie Jacquemin
  Bernard Palayer
Alpine A110 52
20 GT 2.0 52   Jean-Pierre Gaban   G. van Butsel
  Robert Moerenhout
Porsche 911 52
21 GT 2.0 52   Georges Duvigneaud   Georges Duvigneaud
  Camille Demoulin
Porsche 911S 50
22 P 3.0 37   Tony Goodwin   Tony Goodwin
  Peter Taggart
Chevron B6/8 48
Nicht klassiert
23 GT + 2.0 58   Wicky Racing Team   André Wicky
  Sylvain Garant
Porsche 911S 41
Disqualifiziert
24 S 5.0 34   Devel Moteurs Morand   Gérard Pillon
  Louis Morand
Lola T70 Mk.3B GT 2
Ausgefallen
25 S 5.0 25   J. W. Automotive Engineering   Pedro Rodríguez
  Leo Kinnunen
Porsche 917K 44
26 S 2.0 40   Worcestershire Racing Association   James Tangye
  Paul Ridgway
Chevron B8 40
27 P 2.0 10   Philips Autoradio Racing   Guy Edwards
  Roger Enever
Astra RNR2 37
28 GT 2.0 51   Jean-Pierre Gaban   Jean-Pierre Gaban
  Willy Braillard
Porsche 911S 33
29 S 5.0 35   Racing Team VDS   Teddy Pilette
  Gustave Gosselin
Lola T70 Mk.3B GT 31
30 S 2.0 39   Intertech Steering Wheels   Angus Clydesdale
  John Markey
Chevron B8 22
31 S 2.0 38   Martin Blackie   Martin Blackie
  Peter Humble
Chevron B8 18
32 GT + 2.0 54   Jacques Rey   Jacques Rey
  Edgar Berney
Porsche 911S 12
33 P 2.0 12   Stanley Robinson   Stanley Robinson
  John Blanckley
Unipower GT 10
34 S 2.0 41   Worcestershire Racing Association   John Bamford
  Peter Creasey
Chevron B8 10
35 P 3.0 7   Keith Grant   Keith Grant
  Gerry Marshall
Brabham BT8 4
Nicht gestartet
36 S 5.0 25T   J. W. Automotive Engineering   Jo Siffert
  Pedro Rodríguez
  Leo Kinnunen
Porsche 917K 1

1 Trainingswagen

Hier finden sich Teams, Fahrer und Fahrzeuge, die ursprünglich für das Rennen gemeldet waren, aber aus den unterschiedlichsten Gründen daran nicht teilnahmen.

Pos. Klasse Nr. Team Fahrer Chassis
37 P 3.0 1   Matra   Henri Pescarolo
  Johnny Servoz-Gavin
Matra-Simca MS660
38 P 3.0 2   Matra   Jean-Pierre Beltoise
  François Cevert
Matra-Simca MS660
39 P 3.0 3   Autodelta SpA   Piers Courage
  Andrea de Adamich
Alfa Romeo T33/3
40 P 3.0 4   Autodelta SpA   Rolf Stommelen
  Nanni Galli
Alfa Romeo T33/3
41 P 2.0 8   Chevron Cars   John Hine
  Ian Skailes
Chevron B16
42 P 2.0 11   William Tuckett   Peter Sadler
  William Tuckett
Gropa CMC
43 S 5.0 26   Zitro Racing Team   Dominique Martin
  Pierre Maublanc
Porsche 917K
44 S 5.0 27   David Piper   David Piper
  Tony Adamowicz
Porsche 917K
45 S 5.0 36   Jacques Thenaers
  William Scheeren
Lamborghini Miura
46 S 2.0 39   Edward Negus   Brian Joscelyne
  Edward Negus
Chevron B8
47 S 5.0 42   Michel Martin   Clive Baker
  Willie Green
Ford GT40
48 GT 2.0 59   Ecurie Biennoise   Gustav Schlup Porsche 914/6
Klasse Fahrer Fahrer Fahrzeug Platzierung im Gesamtklassement
P 3.0   Gérard Larrousse   Rudi Lins Porsche 908/02 Rang 9
P 2.0   Hans-Dieter Blatzheim   Ernst Kraus Porsche 907 Rang 13
S 5.0   Jo Siffert   Brian Redman Porsche 917K Gesamtsieg
S 2.0   John L’Amie   Brian Nelson Porsche 910 Rang 12
GT + 2.0   Bernard Chenevière   Claude Haldi Porsche 911S Rang 16
GT 2.0   Jean-Marie Jacquemin   Bernard Palayer Alpine A110 Rang 19
  • Gemeldet: 48
  • Gestartet: 35
  • Gewertet: 22
  • Rennklassen: 6
  • Zuschauer: unbekannt
  • Wetter am Renntag: zu Beginn Gewitter, danach warm und trocken
  • Streckenlänge: 14,100 km
  • Fahrzeit des Siegerteams: 4:09:47,800 Stunden
  • Gesamtrunden des Siegerteams: 71
  • Gesamtdistanz des Siegerteams: 1001,100 km
  • Siegerschnitt: 240,460 km/h
  • Pole Position: Pedro Rodríguez – Porsche 917K (#25) – 3:19,800 = 254,054 km/h
  • Schnellste Rennrunde: Pedro Rodríguez – Porsche 917K (#25) – 3:16,500 = 258,321 km/h
  • Rennserie: 6. Lauf zur Sportwagen-Weltmeisterschaft 1970
  • Peter Higham: The Guinness Guide to International Motor Racing. A complete Reference from Formula 1 to Touring Car. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.
  1. Rennstart 1970, zweites Bild von oben
  2. Jo Siffert (Startnummer 24 und Pedro Rodríguez (Startnummer 25) Seite an Seite durch die Eau Rouge Bild 1)
  3. Bild 2 (Memento vom 24. Mai 2018 im Internet Archive)
  4. Siffert vor Rodríguez bei der Ausfahrt